Zuletzt rührte James Vowles die Werbetrommel für eine Erhöhung des Capital Expenditure-Budgets immer lauter. Also die Möglichkeit, mehr in die Infrastruktur des Teams zu investieren. Williams sei infrastrukturell bis zu 15 Jahren im Hintertreffen, so Vowles. Eine Zusammenkunft der Teamchefs am Wochenende des Großen Preises von Belgien lief ins Leere. Dem Vernehmen nach zeigten speziell die Top-Teams eine ablehnende Haltung gegenüber dem Ersuchen von Williams - und neuerdings auch weiteren Teams.

Wolff: Plötzlich ging es um 90 Millionen

Mercedes-Teamchef Toto Wolff stieß das sauer auf. Der Anteilseigner des Mercedes-Formel-1-Teams machte seine rigorose Haltung einen Tag nach dem Teamchef-Meeting klar: "Es gibt keinen Grund, das CapEx zu erhöhen. Die Diskussion über die Investitionsausgaben kam auf, weil Williams sagte, dass deren Infrastruktur unterdurchschnittlich sei."

An diesem Punkt hätten in der Folge auch andere Teams Morgenluft gewittert. "Plötzlich sind Teams auf den Zug mitaufgesprungen und die Zahl, über die verhandelt wurde, stieg von zusätzlichen 50 Millionen auf 60, 70, 90 Millionen. Auf einmal hatten wir ein Wunschkonzert und es hieß: 'Warum ändern wir nicht generell die Höhe der Investitionsausgaben?'" Das war für Wolff zu viel des Guten.

Wolff wollte Williams-Sonderregelung

Die strukturellen Nachteile des Teams, das sein ehemaliger Strategie-Chef James Vowles nun steuert, erkennt der Milliardär an. Deshalb hatte Wolff seine eigene Vision, das Problem zu lösen: "Es gibt ein Team, das eine Sonderbehandlung benötigt. Deshalb wollten wir eine Liste aufstellen." Mutmaßlich sollte diese Liste Objekte wie bestimmte Maschinen aufzählen, die sich Williams außerhalb des CapEx-Rahmens zulegen dürfte.

Im Moment fahren die Top-Teams Kreise um Williams & Co, Foto: LAT Images
Im Moment fahren die Top-Teams Kreise um Williams & Co, Foto: LAT Images

"Dann sagten andere Teams aber: 'Wir wollen keine Liste. Wenn Williams Sachen bekommt, wollen wir genauso Sachen bekommen.' Und dem haben wir in der letzten Sitzung einfach einen Riegel vorgeschoben", berichtete Wolff. Für Teams wie beispielsweise Haas oder Alpine, die ebenfalls über wenig respektive ältere Infrastruktur verfügen, kein schmackhafter Vorschlag.

Steht das Wohl des Sports auf dem Spiel?

Den Kampf zwischen den beiden Fronten beobachtet auch Vowles: "Als wir darüber sprachen, wer aufholen muss, standen auf der einen Seite des Tisches die Teams am Ende des Feldes und auf der anderen Seite des Tisches die Teams an der Spitze des Feldes." Es sei keine Überraschung gewesen, dass die hinten liegenden Teams einer Erhöhung offener gegenüberstanden, gab der Teamchef zu.

Gerade aus diesem Grund fordert Vowles seine Kollegen auf, nicht nur auf sich selbst zu schauen: "Es geht hier um das Wohl des Sports, und daran glaube ich wirklich. Jeder muss über Einrichtungen verfügen, die nicht einmal exakt gleichwertig sein müssen, aber die Fähigkeit haben, Leistung und Fortschritt zu produzieren - und das ist gegenwärtig nicht der Fall."

Anschließend wurde der Williams-Teamchef sogar noch deutlicher: "Wir werden weiter versuchen, das zu ändern und wir werden sehen, ob wir die Mindsets der anderen weiterentwickeln können." Vowles hätte - anders als sein ehemaliger Boss - mit einer Erhöhung des CapEx auf 70 Millionen Britische Pfund gut leben können: "Wie man sich vorstellen kann, fand die pauschale Erhöhung am meisten Unterstützung, weil alle Teams im gesamten Feld davon profitieren. Es ist zwar nicht die richtige Lösung für den Sport, aber eine pauschale Erhöhung wäre mir immer noch lieber als nichts gewesen."

Wolff befürchtete, dass es bei einer Zusage der Top-Teams nicht lange bei nur einer pauschalen Erhöhung geblieben wäre: "Wir brauchen ein stabiles finanzielles Reglement, um einen langfristigen Businessplan aufstellen zu können und nicht alle zwei Jahre ein Wunschkonzert beim CapEx."

Vorhersehbare Kosten sind einer der Hauptgründe, weshalb das Interesse an einem Formel-1-Einstieg verschiedener Investoren in den vergangenen Jahren so rasant stieg. Ständige Änderungen am finanziellen Reglement würden dem Sinn einer Budgetobergrenze widersprechen suggerierte der Mercedes-Teamchef und "deshalb war das das Ende der CapEx-Diskussion", so Wolff.

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