Vor einem Jahr spielte der Fahrermarkt der Formel 1 verrückt. Sebastian Vettels Rücktritt löste ein Erdbeben aus: Fernando Alonso wechselte zu Aston Martin, Oscar Piastri verweigerte sich Alpine und klaute Daniel Ricciardo das McLaren-Cockpit, und so weiter. In dieser Sommerpause ist die Silly Season noch verdächtig ruhig. Motorsport-Magazin.com liefert einen Überblick, wo sich noch etwas tun könnte und wie die Chancen auf ein Formel-1-Comeback von Mick Schumacher stehen.

Formel 1 Transfer-Update: Wo fahren Schumacher, Hamilton & Co? (17:52 Min.)

Fünf Formel-1-Teams mit fixer Fahrerpaarung 2024

Red Bull: Die begehrtesten Cockpits der Königsklasse sind nicht mehr zu haben. Max Verstappens Vertrag läuft noch bis einschließlich 2028 und auch Sergio Perez sitzt fester im Sattel, als seine Ergebnisse vermuten ließen. Der Mexikaner hatte in der vergangenen Saison einen neuen Zwei-Jahres-Vertrag unterschrieben, der noch bis einschließlich 2024 läuft. Das Team stellte sich - für Red-Bull-Verhältnisse - überraschend deutlich hinter Perez.

Carlos Sainz und Charles Leclerc sind 2024 bei Ferrari gesetzt, Foto: LAT Images
Carlos Sainz und Charles Leclerc sind 2024 bei Ferrari gesetzt, Foto: LAT Images

Ferrari: Viel wurde zuletzt über die Verträge von Charles Leclerc und Carlos Sainz spekuliert. Fix ist aber: 2024 fahren beide weiter für die Scuderia. Leclerc hatte im Dezember 2019 bis einschließlich 2024 unterschrieben. Gerüchte, über eine bereits erfolge Vertragsverlängerung sind falsch. Carlos Sainz befindet sich bereits in seiner zweiten Amtszeit in Maranello. Sein Vettel-Nachfolge-Vertrag lief ab 2021 für zwei Jahre, der anschließende Vertrag läuft seit 2023 für ebenfalls zwei Saison. Gerüchte, wonach Sanz bereits einen Vorvertrag mit Audi unterschrieben haben soll, sind ebenso falsch.

Alpine: Auch wenn bei den Franzosen Personal-Rochaden en vogue sind, bei den Wagenlenkern bleibt 2024 alles beim Alten. Esteban Ocons Vertrag läuft Ende 2024 aus, bei Pierre Gasly ist das nicht ganz so klar. Gasly unterschrieb einen Mehrjahresvertrag, der 2023 begann. In der nächsten Saison fährt er auf jeden Fall im französischen Nationalteam.

McLaren: Ähnlich wie bei Pierre Gasly stellt es sich bei Oscar Piastri dar. Der Australier fährt 2024 fix bei McLaren, auch wenn seine Vertragslaufzeit nie offiziell kommuniziert wurde. Manager Mark Webber handelte für den Rookie einen mehrjährigen Vertrag aus, der 2023 begann. Lando Norris verlängerte seinen McLaren-Kontrakt im Februar 2022 vorzeitig bis Ende 2025.

Aston Martin: Ein Grund, weshalb Fernando Alonso Alpine verließ und zu Aston Martin ging, war die Vertragslaufzeit. Die Franzosen wollten dem stolzen Asturier nur noch ein Jahr garantieren. Aston Martin bot Alonso einen Mehrjahresvertrag, der in dieser Saison begann. Bei Teamkollege Lance Stroll ist die Sache kompliziert und einfach zugleich. Kompliziert, weil das Team nie Informationen über die Vertragslaufzeit bekanntgab. Einfach, weil er noch immer der Sohn des Teambesitzers ist.

Fünf Teams noch nicht fix: Welche Cockpits wackeln 2024?

Mercedes: Eigentlich spricht alles dafür, dass Mercedes auch 2024 mit Lewis Hamilton und George Russell fährt. Russells Mercedes-Vertrag wurde für 2022 lediglich als 'mehrjährig' kommuniziert. Gerüchten zufolge soll Mercedes bereits eine Option gezogen haben, die Russell bis einschließlich 2025 an das Team bindet. Lewis Hamiltons aktueller Vertrag läuft Ende dieser Saison aus. Angeblich gibt es von beiden Parteien die klare Absicht, miteinander weiterzumachen, die Angelegenheit liegt bei den Anwälten.
Bleibe-Wahrscheinlichkeit: 95 %

Sauber: Das einzige Upgrade, das Valtteri Bottas bei seinem Wechsel von Mercedes zu Sauber bekam, war der Vertrag. Musste sich der Finne zuvor von Einjahresvertrag zu Einjahresvertrag hangeln, bekam er bei Sauber endlich den heiß ersehnten Mehrjahresvertrag. Inzwischen sickerte durch: Bis 2024 gilt der Bottas-Kontrakt. Teamkollege Guanyu Zhou bekam in seiner Rookie-Saison 2022 einen 1+1-Vertrag. Die Option wurde gezogen, die Saison 2023 ist das '+1'. Der Chinese lässt Teamkollege Bottas teilweise alt aussehen - die Chancen auf eine Vertragsverlängerung stehen gut.
Bleibe-Wahrscheinlichkeit: 85 %

Haas: Nico Hülkenbergs Vertragsverlängerung ist nur noch Formsache. Der Deutsche unterschrieb am Ende der vergangenen Saison einen Einjahresvertrag mit Option auf eine weitere Saison. Bei Hülkenberg und Haas stehen die Zeichen klar auf Weitermachen. Kevin Magnussens Zweijahresvertrag läuft am Ende dieser Saison aus. Teamchef Günther Steiner gab zwar vor der Sommerpause zu Protokoll, beide Fahrer verlängern zu wollen, allerdings rechtfertigen die Leistungen des Dänen einen neuen Vertrag nur bedingt. Es könnte an Alternativen scheitern.
Bleibe-Wahrscheinlichkeit: 80 %

Daniel Ricciardos Comeback hat die Situation bei AlphaTauri verändert, Foto: Mark Thompson / Getty Images / Red Bull Content Pool
Daniel Ricciardos Comeback hat die Situation bei AlphaTauri verändert, Foto: Mark Thompson / Getty Images / Red Bull Content Pool

AlphaTauri: 2024 wird sich bei diesem Rennstall einiges ändern. Sportlich will sich das Team von Red Bull emanzipieren, technisch sollen mehr Synergien genutzt werden. Im Namen steckt weniger Red Bull, im Auto dafür mehr. Die Frage ist, ob das auch einen Einfluss auf die Fahrer haben wird. Für einen zahlungskräftigen Namensgeber ist Daniel Ricciardo das perfekte Zugpferd. Seine Leistungen an den ersten beiden Wochenenden rechtfertigen seine Beschäftigung - aber will der Honigdachs selbst über 2023 hinaus bleiben? Ja, er sieht AlphaTauri als Sprungbrett für Red Bull - wo 2025 wieder ein Platz frei werden könnte. Teamkollege Yuki Tunoda hat sich konsolidiert. Aktuell ist kein vielversprechenderer Fahrer in der Pipeline, dazu sprechen die japanische Nationalität und die entsprechende Honda-Verbindung für ihn.
Bleibe-Wahrscheinlichkeit: 80 %

Williams: Bei Alexander Albon ist alles klar, der Thailänder sitzt 2023 die erste Saison eines Mehrjahresvertrags bei Williams ab. Rookie-Teamkollege Logan Sargeant kommt noch nicht so recht in Fahrt - trotzdem sieht es für ihn nicht schlecht aus. Die Verflechtungen im Hintergrund sind undurchsichtig. Dazu ist Sargeant schon aufgrund seines US-amerikanisches Passes interessant für Williams.
Bleibe-Wahrscheinlichkeit: 75 %

Mick Schumacher: Seine Chancen auf ein Formel-1-Cockpit 2024

Dass der Fahrermarkt nicht besonders dynamisch ist, sind schlechte Nachrichten für Mick Schumacher. Aktuell hält er sich als Simulator- und Ersatzfahrer für Mercedes fit. Bei Testfahrten durfte er zuletzt auch den aktuellen Boliden steuern. Bewerbungsfahrten sind auf der Ersatzbank aber eher schwierig. Durch die Mercedes-Tätigkeit gibt es zumindest eine Mini-Chance, sollte sich beim Werksteam etwas tun. Ob er dann die erste Wahl wäre, ist aber auch fraglich.

Die größte Chance hat Schumacher wohl beim Mercedes-Kunden Williams. Dort sitzt seit dieser Formel-1-Saison mit James Vowles ein ehemaliger Mercedes-Mann auf dem Teamchef-Posten. Doch ob die Achse Wolff-Vowles genügt, um Logan Sargeant für Mick Schumacher abzusetzen, ist fraglich.

Mick Schumacher kann sich derzeit nicht unter Beweis stellen, Foto: LAT Images
Mick Schumacher kann sich derzeit nicht unter Beweis stellen, Foto: LAT Images

Das Sauber-Interesse an Mick Schumacher hält sich derzeit in Grenzen, auch wenn Schumacher vor seinem Formel-1-Debüt schon für die Eidgenossen testete. Damals war der Deutsche aber auch noch Ferrari-Junior und Sauber noch nicht auf dem Weg zu Audi. Ein Haas-Comeback gilt als ausgeschlossen.

Bliebe noch AlphaTauri. Mit der Erfahrung von zwei Formel-1-Saisons und einer top Vermarktbarkeit wäre Schumacher eigentlich interessant - vor allem für potentielle Groß-Sponsoren. "Die Entscheidung trifft schlussendlich Helmut Marko", sagte Peter Bayer, der neue Scuderia-AlphaTauri-Boss im Interview mit Motorsport-Magazin.com. Dass Dr. Marko kein großer Schumacher-Fan ist, ist bekannt.
Comeback-Chance: 10 %

Der Nachwuchs: Kaum Chancen für Formel-1-Rookies

Rookies haben in der Formel 1 nicht gerade Hochkonjunktur. Stark begrenzte Testfahrten, wenig Trainingszeit (im Vergleich mit früheren Saisons), Sprint-Wochenenden, Budgetobergrenze und viele den Nachwuchspiloten unbekannte Stadtkurse machen es kompliziert. Dazu ist derzeit kein absolutes Supertalent in Sicht. Dennoch, ein paar interessante Kandidaten gibt es.

Theo Pourchaire: Aktuell führt der Sauber-Nachwuchsfahrer die Formel 2 an. Aber: Der Franzose fährt bereits in seiner dritten Saison in der höchsten Nachwuchsklasse. Deshalb gibt es nur Mini-Chancen auf ein Sauber-Cockpit.

Frederik Vesti: Der Däne liegt in der Gesamtwertung der Formel 2 nur zwölf Punkte hinter Pourchaire auf Platz zwei. Vesti ist Mercedes-Junior. Dort sind die Cockpits aber - siehe Mick Schumacher - spärlich gesät. Außerdem ist es für Vesti schon Formel-2-Saison Nummer zwei - damit ist er nicht der nächste Russell.

Ayumu Iwasa: Der Japaner gehört dem großen Red-Bull-Kader an und liegt auf Rang drei in der Formel 2. Auch für ihn ist es bereits Saison Nummer zwei. Wenn sich bei AlphaTauri noch etwas tut, könnte er Chancen haben.

Jack Doohan: Der Sohn von Motorrad-Legende Mick Doohan gehört der Alpine Academy an. In seiner zweiten vollen Formel-2-Saison tat er sich zu Beginn sehr schwer. Nach Siegen in Budapest und Spa liegt er aber inzwischen auf Rang vier. Allerdings hat Alpine kein Formel-1-Cockpit zu vergeben - ein 'Parken' bei Williams, wie es einst bei Piastri angedacht war, ist unwahrscheinlich.

Victor Martins: Der Franzose gehört ebenfalls der Alpine Academy an. Auf Platz fünf ist er der beste Rookie in der Formel 2. Martins zeigt extrem gute Pace, macht aber mit Fehlern auf sich aufmerksam. Er sitzt im gleichen Boot wie Doohan: Alpine hat kein Cockpit.

Für Oliver Bearman (mitte) kommt 2024 noch zu früh, für Theo Pourchaire (rechts) wohl zu spät, Foto: LAT Images
Für Oliver Bearman (mitte) kommt 2024 noch zu früh, für Theo Pourchaire (rechts) wohl zu spät, Foto: LAT Images

Oliver Bearman: Der zweitbeste Formel-2-Rookie befindet sich direkt hinter Martins auf Rang fünf. Strahlemann Bearman ist Ferrari-Junior und das vielleicht größte Talent im höheren Formel-Nachwuchs. Mit 18 Jahren ist der Brite noch blutjung, die Formel 1 kommt 2024 - auch in Anbetracht des Cockpitmangels - wohl noch zu früh für ihn.

Liam Lawson: Die Karriere des Red-Bull-Nachwuchspiloten verlief nicht kerzengerade. 2021 fuhr er neben der Formel 2 auch noch DTM und wurde dort Vizemeister. Nach Platz drei in seiner zweiten Formel-2-Saison wurde er 2023 in der Super Formula geparkt. Dort belegt er mit nur einem Punkt Rückstand Rang zwei. Einen ähnlichen Weg in die Formel 1 ging schon Pierre Gasly. Lawson ist Red Bulls aktueller Formel-1-Ersatzmann.

Alex Palou: Der IndyCar-Dominator hat die Superlizenz - daran scheiterte es im vergangenen Jahr bei Colton Herta. Verträge stoppten 2022 einen Sensations-Transfer zu McLarens IndyCar-Team, aber abseits der US-Serie ist Palou mittlerweile mit McLaren verbandelt. Testfahrten durfte er im Formel-1-Boliden schon absolvieren, 2023 ist er offiziell Ersatzfahrer. Mit Norris und Piastri ist der Rennstall aber dicht. Angebote von anderen Teams gibt es derzeit nicht.

Formel 1 Transfer-Update: Wo fahren Schumacher, Hamilton & Co? (17:52 Min.)