Alex Palou fährt in der Indycar-Saison 2023 in Verstappen-Manier dem Rest des Feldes davon. Der Spanier führt für das Chip Ganassi Team die Gesamtwertung nach neun Rennen vor seinem Teamkollegen und dem ehemaligen Formel-1-Fahrer Marcus Ericsson an - und das mit bereits 110 Punkten Vorsprung. In den letzten fünf Rennen stand Palou vier Mal ganz oben auf dem Podest. Damit ist er auf dem besten Weg, seinen zweiten Gesamtsieg in seinen ersten drei Jahren in der Rennserie zu feiern. Außerdem ist der 26-Jährige seit dieser Saison als Ersatzfahrer für McLaren auch in der Formel 1 tätig. Da drängt sich natürlich die Frage auf: Könnte er bald einen festen Sitz in der höchsten Motorsportklasse erhalten?

Alex Palou: Verhindern vertragliche Klauseln den Wechsel in die Formel 1?

Bereits 2022 wurde ein Indycar-Star mit einem Wechsel in die Königsklasse des Motorsports in Verbindung gebracht. Auf ähnliche Probleme wie Indycar-Kollege Colton Herta würde Alex Palou, zumindest im puncto Zulassung für die Formel 1, nicht stoßen. Das amerikanische Rennfahrer-Talent wurde 2022 offen mit dem vakanten AlphaTauri-Sitz in Verbindung gebracht, jedoch konnte Herta nicht ausreichend Punkte für eine Super-Lizenz vorweisen. Somit blieb ihm der Schritt in die Formel 1 verwehrt und Nyck de Vries erhielt seine Chance bei AlphaTauri. Palou besitzt durch seinen Gesamtsieg in der Indycar Serie im Jahr 2021 und zahlreichen Testfahrten für McLaren bereits genug Lizenzpunkte, um in der Formel 1 an den Start gehen zu dürfen.

Beim USA GP durfte Palou das Erste Freie Training für Daniel Ricciardo fahren, Foto: Coates/XPB Images
Beim USA GP durfte Palou das Erste Freie Training für Daniel Ricciardo fahren, Foto: Coates/XPB Images

Ein Hindernis auf dem Weg in die Formel 1 könnte aber das Handlungsverbot sein, das in Palous derzeitigem Vertrag steht. Im Zuge des Gerichtsstreits zwischen Chip Ganassi Racing und McLaren aus dem letzten Sommer, bei dem sich die Parteien uneinig waren, für welches Team Palou in der Saison 2023 fahren sollte, wurden einige Vertragsdokumente veröffentlicht. Darin steht unter anderem, dass sich Palou bis Ende September 2023 an eine 'period of exclusivity' halten muss. Das bedeutet, Palou darf rein rechtlich gesehen bis zu diesem Zeitpunkt mit keinem anderen Team über ein neues Engagement verhandeln, außer mit Chip Ganassi Racing. Problematisch ist allerdings, dass bis dahin die Sommerpause der Formel 1 schon lange vorbei ist. Diese wird aber üblicherweise von den meisten Teams genutzt, um ihre aktuellen Fahrer zu analysieren, und gegebenenfalls neue Verträge für die kommende Saison abzuschließen. Sollte bis zum Ende der Sommerpause jedes Team seine Besetzung für die Saison 2024 bereits gefunden haben, wäre die Tür zu einem festen Sitz in einem Formel-1-Team für Palou vorerst geschlossen.

Formel 1: Welche Sitze sind 2024 zu haben?

Die realistischsten Möglichkeiten für einen Formel-1-Einstieg würden sich für Palou bei den eher schwächeren Teams bieten. Bei AlphaTauri stehen nach derzeitigem Stand keine Fahrer für die nächste Saison unter Vertrag, wobei Yuki Tsunoda durch seine Leistungssteigerung in dieser Saison bereits eine Weiterbeschäftigung in Aussicht gestellt wurde. Bei Nyck de Vries hingegen wackelt der Stuhl schon etwas länger und Red Bull Motorsport-Chef Dr. Helmut Marko hat bereits angekündigt, noch vor der Sommerpause eine Entscheidung über dessen Zukunft fällen zu wollen. Bei Alfa Romeo ist derzeit Guanyu Zhou ohne Vertrag für die nächste Saison, genauso wie Williams-Rookie Logan Sargeant. Letzterer sieht sich durch den enttäuschenden Start in seine Formel-1-Karriere bereits ersten Spekulationen über seine Zukunft ausgesetzt. Auch Haas hat derzeit noch keine Fahrer für die nächste Saison unter Vertrag nehmen können, jedoch gilt die Verlängerung von Nico Hülkenberg nur noch als Formsache.

Von Indycar in die Formel 1: Kann das funktionieren?

In der Geschichte der Formel 1 wechselten bereits zahlreiche Fahrer in die Indycar-Serie. Einige wagten im Spätherbst ihrer Karriere den Wechsel in die amerikanische Rennserie, andere gingen nach ausbleibendem Erfolg mehr oder weniger freiwillig. Doch aus der Indycar in die Formel 1 zu wechseln und in der höchsten Klasse des Motorsports auch erfolgreich zu sein, kam in der Geschichte der Formel 1 deutlich seltener vor. Ausnahmen bestätigen jedoch die Regel.

Jaques Villeneuve in Elkhart Lake auf der Road America 1995, Foto: LAT Images
Jaques Villeneuve in Elkhart Lake auf der Road America 1995, Foto: LAT Images

Jaques Villeneuve konnte seine ersten großen Erfolge im Rennsport in der damaligen IndyCar World Series feiern. In seinem Debüt-Jahr 1994 kam der Kanadier auf einen Sieg und sicherte sich den Rookie-of-the-Year-Titel für das Team Green. Im Jahr darauf folgten vier weitere Siege, darunter auch beim prestigeträchtigen Indianapolis 500, und die Meisterschaft in der Klasse. Durch die Erfolge zog der Sohn von Gilles Villeneuve die Aufmerksamkeit von Sir Frank Williams auf sich, der ihn im Jahr 1996 als Ersatz für David Coulthard verpflichtete. Nur zwei Jahre später gewann der Kanadier in einem kontroversen Finale gegen Michael Schumacher seinen ersten und einzigen WM-Titel in der Formel 1.

Juan Pablo Montoya wurde 2001 ebenfalls aus der CART-Serie, damals der Name der Indycar, von Frank Williams in ein Formel-1-Auto gesetzt. Der Kolumbianer war neben Graham Hill der einzige Fahrer, der das Indianpolis 500 bei seinem Debüt gewinnen konnte. In seiner Formel-1-Karriere konnte Montoya insgesamt sieben Siege feiern und wurde zwei Mal WM-Dritter.

Juan Pablo Montoya beim 1999 Vancouver CART GP, Foto: LAT Images
Juan Pablo Montoya beim 1999 Vancouver CART GP, Foto: LAT Images

Nigel Mansell ist bis heute der einzige Fahrer, der gleichzeitig die Meisterkrone in der Indycar und der Formel 1 tragen konnte. Nach seinem Titelgewinn mit Williams im Jahr 1992 wechselte er im Jahr darauf in die Indycar Serie. Dort fuhr Mansell 1993 neben Mario Andretti im Newman/Haas Team und erzielte in seinem allerersten Rennen sowohl die Pole Position als auch den Sieg. Anschließend gewann er vier weitere Rennen und wurde zum Gesamtsieger gekürt - noch bevor Alain Prost als sein Nachfolger als Formel-1-Weltmeister feststand.

Nigel Mansell im Newman Haas Racing Lola T94-00., Foto: LAT Images
Nigel Mansell im Newman Haas Racing Lola T94-00., Foto: LAT Images