Die Formel 1 macht sich bereit für Monaco. Das einzigartige Stadtrennen gilt zurecht auch auf technischer Seite als Sonderfall unter den Rennstrecken. Was zur Konsequenz hat, dass ein Red-Bull-Sieg mit 20 Sekunden Vorsprung oder mehr zum ersten Mal nicht als gesetzt gilt. Im Gegenteil.
Es geht in Monaco um sehr spezielle Stärken der Konkurrenz und um die kleinen Defizite des auf herkömmlichen Rennstrecken eigentlich unschlagbaren Red Bull RB19, der besonders der Konkurrenz von Ferrari und Aston Martin Chancen eröffnen könnten. Denn in Monaco entscheidet nicht die Gesamtheit des Rennautos.
Die Vergangenheit hat es oft genug gezeigt, dass Monaco überraschen kann. Keine Strecke im Kalender ist so langsam und so eng. In der berühmten Haarnadel wird bis auf 50 km/h verlangsamt, sieben weitere Kurven werden mit weniger als 100 km/h durchfahren. Eine Plattform, die zumindest viel Abtrieb und Grip bei langsamem Tempo vorweist, kann hier Defizite in Highspeed-Kurven oder lange Geraden überkommen. So etwas gibt es im Fürstentum nämlich nicht. So zeigen die Daten vor Monaco sehr harte Konkurrenz für Red Bull.
Leclerc sorgt für Ferrari-Führung in langsamen Kurven
In den langsamen Kurven ist in der Formel-1-Saison 2023 isoliert betrachtet Ferrari vorne. Die Scuderia hatte schon im Vorjahr in Monaco das stärkste Auto, und obwohl sie über den Winter relativ zu Red Bull zurückgefallen ist, so wurden viele Stärken in Grundzügen erhalten. Red Bull hat 2023 klar ein besseres Auto, aber überall ganz vorne zu sein ist schwer. Ein sonst vernachlässigbares Problem, das sich nur in Monaco zu einer echten Gefahr zu entwickeln droht.
Die Aero-Effizienz des RB19 bringt besonders auf den Geraden viel Zeit. Isoliert nur auf langsame Kurven fehlt dort das letzte Etwas. Red Bull agiert leicht hinter Ferrari neben dem seit Saisonstart als König der Kurven bekannten Aston Martin AMR23. Nimmt man Aston Martin her, so hat der AMR23 viel Abtrieb und eine sehr gute Vorderachse. Dass er auf den Geraden deutlich weniger effizient ist, kostet in Monaco keine Zeit.
Zu beachten ist auch, dass Charles Leclerc und Fernando Alonso bisher in den Kurven deutlich die besten Leistungen in ihren Teams bringen. Bei Ferrari sei weiters angemerkt, dass Leclerc an den letzten beiden Wochenenden zunehmend aggressivere Setup-Richtungen beschritt.
Was in Monaco für Ferrari spricht
Mehr noch als anderswo wird in Monaco, wo Überholen kaum möglich ist, das Qualifying entscheiden. Das kommt Ferrari zusätzlich entgegen. Der SF-23 ist auf eine Runde dem Red Bull viel näher, in Baku war Leclerc sogar schneller. Dass er im Rennen Reifen frisst, spielt am nächsten Wochenende kaum eine Rolle. In Monaco gibt es sehr wenig Verschleiß, und um im Rennen nicht überholt zu werden braucht es bloß das Minimum an Speed und strategischer Kompetenz.
Die Reifen könnten im Qualifying für Red Bull noch mehr Probleme verursachen. Der Asphalt ist sehr glatt, sehr wenig Energie wird in den Reifen gebracht. Red Bull hat 2023 ein Problem gefunden, welches die dominanten Mercedes der Vergangenheit vorgemacht haben: Wer ein reifenschonendes Auto baut, der tut sich schwer, für eine perfekte schnelle Runde die nötige Energie in den Reifen zu bekommen.
In Australien, Baku und Miami meldete Max Verstappen mehrfach Probleme mit dem Arbeitsfenster der Reifen. Man ändert gerne und regelmäßig auch spät im Qualifying noch den Plan für die Vorbereitungs-Runden. Bei kühlen Temperaturen tut sich der Red Bull schwerer, für die ersten Kurven der Runde genügend Grip zu haben.
Fernando Alonsos beste Chance auf einen Überraschungs-Sieg?
In Monaco erweitert sich der Kandidaten-Kreis außerdem vielleicht wirklich um Fernando Alonso. Schon seit Saisonbeginn wird viel über den Aston Martin AMR23 und dessen hohes Abtriebsniveau und seiner Stärke in den Kurven spekuliert. Das Team hält sich aber mit Ansagen zurück. Aston Martin entschied sich bewusst dafür, das Basis-Paket des Autos für die ersten Rennen mit relativ viel Abtrieb zu entwickeln.
Dass der Aston Martin auf den Geraden im Gegenzug zu den Langsameren gehörte, verleitet zu einem logischen Schluss: Wenn in Monaco andere Teams neue Aero-Pakete mit zusätzlichem Abtrieb bringen, könnten sie einen größeren Sprung nach vorne machen. "Momentan lassen wir uns etwas besser aussehen relativ zu anderen Leuten wegen der Größe des Flügels, mit dem wir unterwegs sind", sagt Aston Martins Performance-Direktor Tom McCullough. "Wenn jeder mit dem maximalen Flügel unterwegs ist, könnte sich das ausgleichen."
Aston Martin rechnet damit, dass von der Konkurrenz noch etwas kommt. Mercedes beispielsweise packte einen großen Flügel nur bei den Testfahrten aus. Wie viel dezidierte Entwicklungen in Monaco kommen werden ist allerdings ungewiss. In Zeiten von Budget-Obergrenze und Aero-Entwicklungsgrenzen gibt es gute Argumente hier zu sparen. Zu wenige Strecken auf dem Kalender verlangen danach.
Schließlich verspricht auch Alpine in Monaco den Anschluss zu halten. Bleibt noch Mercedes, die in der Diskussion in den Hintergrund treten. Aus gutem Grund, denn es kommen neue Seitenkästen, ein neuer Unterboden und neue Aufhängungs-Komponenten. Bei einem so umfangreichen Paket, das mehr beinhaltet als bloß ein paar streckenspezifische Teile, sind Rückschlüsse aus der Vergangenheit kaum möglich.
Formel 1 WM-Stand 2023: Die Fahrer-Tabelle
- 1. Max Verstappen (119 Punkte)
- 2. Sergio Perez (105 Punkte)
- 3. Fernando Alonso (75 Punkte)
- 4. Lewis Hamilton (56 Punkte)
- 5. Carlos Sainz Jr. (44 Punkte)
- 6. George Russell (40 Punkte)
- 7. Charles Leclerc (34 Punkte)
- 8. Lance Stroll (27 Punkte)
- 9. Lando Norris (10 Punkte)
- 10. Pierre Gasly (8 Punkte)
- 11. Nico Hülkenberg (6 Punkte)
- 12. Esteban Ocon (6 Punkte)
- 13. Valtteri Bottas (4 Punkte)
- 14. Oscar Piastri (4 Punkte)
- 15. Guanyu Zhou (2 Punkte)
- 16. Yuki Tsunoda (2 Punkte)
- 17. Kevin Magnussen (2 Punkte)
- 18. Alexander Albon (1 Punkt)
- 19. Logan Sargeant (0 Punkte)
- 20. Nyck de Vries (0 Punkte)
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