Charles Leclerc ließ Ferrari mit seiner Pole Position im Formel-1-Qualifying von Baku am Freitag jubeln. Auf der anderen Seite der Garage hingegen gab es nur die Erleichterung zu feiern, dass alles noch viel schlimmer hätte kommen können. Carlos Sainz betrieb mit Startplatz vier für das Rennen am Sonntag allenfalls Schadensbegrenzung. Der Spanier stand im Zeittraining vom ersten Moment an neben sich. Reihenweise Fahrfehler und ein großer Rückstand auf den Teamkollegen ließen ihn verzweifeln. Durch das Sprintformat an diesem Wochenende war er aufgeschmissen.

"Ich konnte nichts am Auto ändern und hatte keine Zeit, herauszufinden, was bei mir los war. Das hat mich schon für das Q1 gestresst, dann hatte ich durch das Q1 noch mehr Stress für das Q2, woraufhin ich für das Q3 weniger Reifensätze hatte. Es war für mich ein hektischer Tag. Ich war die ganze Zeit hinten dran, immer einen Schritt zurück. Aber das ist meine Schuld", geht Sainz nach dem vierten Qualifying der Saison hart mit sich ins Gericht.

Im Q1 war er mit dem falschen Fuß aufgestanden, als er im ersten Versuch keine Rundenzeit zustande brachte. Die durch Unfälle von Nyck de Vries und Pierre Gasly ausgelösten roten Flaggen verhinderten eine gültige Rundenzeit, sodass Sainz im Verlauf der Session immer weiter unter Druck geriet. Mit einem Dreher am Ausgang von Kurve eins leistete er sich den ersten groben Fehler des Tages, kam aber ohne Einschlag davon.

Schlussendlich rettete er sich als Vierter in die zweite Runde. Dort ging die Zitterpartie für ihn jedoch weiter. "Mein Gefühl für das Auto und die Pace haben schon vom ersten Training an nicht gepasst", klagt der 28-Jährige, der den ersten Run im Q2 mit schlechten Sektorzeiten abbrach und sich wenig später nach einem Verbremser in der Auslaufzone von Kurve drei wiederfand.

Sainz rettet schwachen Tag mit Startpatz vier

"Im ersten Sektor habe ich besonders viele Fehler gemacht. Am Ende habe ich mich noch mehr in Schwierigkeiten gebracht, weil ich im Q1 und im Q2 wiederholt Fehler machte und dadurch noch mehr Vertrauen ins Auto verlor", erklärt er. Die Quittung gab es im Q3, als ihm für den letzten Run kein frischer Soft-Reifen mehr zur Verfügung stand, nachdem er zuvor einen Satz aufgrund eines Bremsplattens hatte austauschen müssen.

Die Tatsache, dass er im Finale mit stumpfen Waffen unterwegs war, relativiert den enormen Rückstand von acht Zehntelsekunden auf Leclerc für ihn zumindest ein wenig. "Dass mir im Q3 ein Reifensatz fehlte, hat den Abstand etwas in die Höhe getrieben. Aber ich bin mit dem Tag heute so oder so nicht glücklich", sagt Sainz.

Das einzige Positive war für ihn, dass er mit zwei blauen Augen davonkam: "Ich habe den Tag mit einem Satz im Q3, den ich zu Beginn ohne die optimale Track-Evolution nutzte, noch gerettet. Startplatz vier für den Sonntag sind noch gute Neuigkeiten, wenn man bedenkt, wie schlecht die Session lief."

Sainz verteufelt Sprintformat: Parc Fermé das Schlimmste an allem

Grund zur Erleichterung gibt ihm diese Schadensbegrenzung allerdings nicht, denn für den Rest des Wochenendes gibt es keine Möglichkeiten mehr, seine Probleme mit Setuparbeit auszuräumen. "Das Schlimmste an allem ist, dass jetzt das Parc Fermé greift. Wir können nichts mehr ändern, also muss ich alles in mir selbst finden", so der Madrilene, für den am Samstagvormittag mit dem Sprint-Shootout direkt das nächste Zeitfahren auf dem Programm steht.

"Ich werde meine Hausaufgaben machen und auf mich selbst schauen, um mich zu verbessern. Das werde ich für morgen versuchen, aber es wird nicht einfach. Das ist die Sache bei diesem Sprintformat. Wenn du dich direkt wohlfühlst, ist es perfekt, wenn nicht, bist du abgehängt," sagt er. Dass es bei ihm nach dem jüngsten Aufwärtstrend diesmal so gar nicht laufen will, stellt ihn vor ein Rätsel.

Lob für Charles Leclercs Baku-Zauber

"Das Auto fühlt sich hier einfach anders an, obwohl wir am Setup nichts verändert haben. In Australien haben sich die Änderungen ausgezahlt, und ich verstehe nicht, warum mein Gefühl hier nicht mehr passt. Aber immerhin ist es Charles gelungen, den positiven Trend fortzusetzen", sagt er und lobt den Teamkollegen für seine Pole Position. "Red Bull wird auch hier stärker sein. Das zeigt nur, wie gut die Runde von Charles war. Er hat den Unterschied gemacht, damit wie er den Reifen vorbereitet und mit seinem Selbstvertrauen auf dieser Strecke."

Dass der Stallgefährte im dritten Jahr in Folge die Pole Position auf dem Baku City Circuit eroberte, lässt ihn die teaminterne Niederlage etwas leichter verkraften. "Das ist eine der besten Rennstrecken für Charles. Er ist hier immer sehr gut", so Sainz, der hofft, in Sprint und Rennen wenigstens den Anschluss halten zu können: "Red Bull wird auf jeden Fall sehr schnell sein, aber hoffentlich kann er sie ein bisschen aufhalten und ich kann irgendwie dranbleiben. Dann könnte ihnen zum ersten Mal in diesem Jahr jemand gefährlich werden."