Der pinke Mercedes, der weiße Ferrari und der grüne Red Bull. Alles bekannte Namen, wenn es um das Abschauen in der Königsklasse geht. Das Kopieren der Konkurrenz ist in der Formel 1 schon seit Beginn des Sports Gang und Gäbe. In der Saison 2023 flammte die Thematik erneut auf, da Red Bull wiederholt anmerkte, an Aston Martins Leistungssprung indirekt beteiligt zu seien. Doch wie und warum kopieren die Teams? Motorsport-Magazin.com erklärt!

Nachahmung ist bekanntlich die höchste Form der Anerkennung. Auch in der Formel 1 ist das Kopieren von Autokonzepten und Designs keine Seltenheit. Wer an der Spitze der Königsklasse sitzt, muss damit rechnen, dass andere Teams von den Ideen, die zum Erfolg führen, inspiriert werden. Selbst Mercedes-Chef Toto Wolff hat zugegeben, dass er keine Scham hätte, von Red Bull zu kopieren: "Ob das Auto wie ein Red Bull oder wie Space X aussieht, ist mir egal, es muss nur schnell sein."

Versteckspielen können die Rennställe nur bei der Präsentation ihrer Boliden und manchmal auch bei den Wintertests in der Vorsaison. Spätestens ab dem ersten Grand Prix ist das Auto für alle Augen zu sehen - Auch für die, der Konkurrenz. Und die sieht besonders genau hin. Die FIA kann unmöglich verhindern, dass sich Teams manche Ideen voneinander abschauen. Sich Inspiration zu holen ist in der Formel 1 daher erlaubt, solange die Informationen für alle zugänglich sind.

Inspiration statt 1:1 Kopie

Dennoch gibt die FIA zum Kopier-Thema einen klaren Erlaubnisrahmen vor, um zu verhindern, dass die Königsklasse ein reiner Kopierwettbewerb wird. Sogenanntes Reverse Engineering (also die bloße Nachkonstruktion von Teilen) ist nicht gestattet. Das bedeutet jedoch nicht, dass sich die Teams keine Denkanstöße holen können.

Bildmaterial von der Konkurrenz haben die Teams ausreichend. Pro Rennwochenende werden tausende Fotos geschossen. Benötigt ein Rennstall spezielles Bildmaterial, etwa von den Red-Bull-Seitenkästen oder vom Mercedes-Frontflügel, kann das bei den Fotografen in Auftrag gegeben werden, um später ein bestimmtes Teil von allen Winkeln betrachten zu können.

Die Auto-Bilder werden an die Technik-Abteilungen der Teams geliefert. Dort kann nicht nur überprüft werden, ob sich die Konkurrenz an die technischen Vorgaben hält, sondern Ingenieure können die Fotos auch nutzen, um sich Inspirationen zu holen oder zu versuchen, Konzepte besser zu verstehen. Eine 1:1 Kopie von Teilen durch sogenannte Fotogrammmetrie ist jedoch nicht länger gestattet. Stichwort: Pinker Mercedes. Nach dem Kopier-Skandal von Aston Martin, damals Racing Point, wurde diese Kopiertechnik durch die FIA verboten. Das Team versuchte sich 2020 darauf zu berufen, die Mercedes-Kopie nur anhand von Fotos angefertigt zu haben.

Kopieren in der Formel 1 - Eine Leistung an sich

Die Nachahmung in der Formel 1 ist somit kein bloßes Kopieren und Einfügen. Da einzelne Teile immer auf den Boliden als Ganzes abgestimmt sind, würde es auch überhaupt keinen Sinn machen, einen Frontflügel der Konkurrenz schlicht zu kopieren und ihn auf das eigene Auto zu setzen. Immerhin funktioniert ein Teil nur, wenn es zum gesamten Aerodynamik-Konzept des Autos passt.

Trotz der (eingeschränkten) Möglichkeit zu kopieren bleibt für die Teams die Umsetzung mancher Inspirationen am eigenen Auto eine große technische Leistung. Die Ingenieure und die CDF-Abteilung der Rennställe müssen weiterhin normal arbeiten. Auch das Testen im Windkanal fällt nicht weg. Nur durch Eigenleistung kann schlussendlich sichergestellt werden, dass die Ideen, die von der Konkurrenz inspiriert wurden, tatsächlich funktionieren.

Besonders in der Ära das Budgetcaps haben die Teams nicht die Ressourcen, um mehrere Autokonzepte gleichzeitig zu entwickeln. Stattdessen zeigt die Konkurrenz, welche Designs funktionieren und welche nicht. Tanzt ein Team mit einer langsamen Designidee an, wie etwa Williams oder Aston Martin in der Formel-1-Saison 2022, so muss ein neues Konzept her. Bei dessen Entwicklung kann und wird sich ein Rennstall natürlich gern vom schnellsten Team inspirieren lassen.