Söhne berühmter Väter kämpfen laut dem Volksmund seit jeher gegen die hohen Anforderungen und Erwartungen ihrer Umwelt an, die sie immer nur am Ruhm und Glanz ihrer Erzeuger misst. Insbesondere wenn der Nachwuchs den gleichen Weg wie der erfolgreiche Herr Papa eingeschlagen hat und durch eigenständige Leistungen aus dem langen Schatten des alten Herren heraustreten möchte.

Keke Rosberg dürfte allen Motorsport-Fans rund um die Welt ein Begriff sein. Aus dem hohen Norden Finnlands kommend, gewann er fünf seiner insgesamt 114 Formel 1 Rennen und wurde 1982 F1-Weltmeister.

Sein Sohn Nico Rosberg erblickte am 27.6.1985 in Wiesbaden das Licht dieser Motorsportwelt und tritt seit seinem Einstieg in die Formel BMW ADAC für Deutschland an. Mit neun Siegen und dem Titelgewinn im ersten Jahr der neuen Formel BMW ADAC machte der Wahl-Monegasse seinem Nachnamen gleich zu Karrierebeginn alle Ehre.

Nico kommt als 1. GP2-Meister in die Formel 1., Foto: GP2
Nico kommt als 1. GP2-Meister in die Formel 1., Foto: GP2

Dank seines Formel BMW Triumphes durfte Rosberg Jr. als jüngster Fahrer überhaupt mit gerade einmal 17 Jahren einen BMW-Williams F1-Boliden testen, welchen er wenig später sogar als offizieller Testfahrer des Teams bewegen durfte. "Das war natürlich unglaublich", erinnert sich Nico zurück. "An jenem Tag ist für mich ein großer Traum in Erfüllung gegangen."

Ein Vater - Viel Druck

Der Weg dorthin war allerdings alles andere als ein Kinderspiel. Schließlich erwarten die Beobachter vom Sohn eines Ex-Champions ähnlich gute Leistungen und Ergebnisse. Andere wiederum erhöhen den Druck dadurch, dass sie dem Jungen alles Talent absprechen und ihm nachsagen, dass er ohnehin nur wegen seines Namens hier wäre. Bei Nico trifft dies glücklicherweise nicht zu.

Spätestens mit seinem deutlichen Titelgewinn in der GP2-Serie konnte Nico alle Zweifler zum Verstummen bringen. "Es ist mir superwichtig, dass die Leute nun sehen, dass ich eine eigene Karriere und selbst Talent habe", betont er. Dennoch kann auch er sich nicht gegen die "Vergleiche" mit seinem Vater und dessen WM-Titel erwehren. Die "Ansprüche" sind auch an ihn hoch. "Entsprechend schwierig ist es, diesen Erwartungen gerecht zu werden. Aber es ist natürlich immer schön, wenn ich zeigen kann, dass ich vielleicht auch einmal so erfolgreich sein kann", bleibt Rosberg Junior bescheiden.

BMW brachte Nico in die F1: Nun fährt er ohne sie., Foto: Sutton
BMW brachte Nico in die F1: Nun fährt er ohne sie., Foto: Sutton

Mit dem großen Druck seitens der Medien hat er unterdessen "schon lange" leben gelernt. "Das bin ich gewohnt", sagt er gelassen. Überhaupt wirkt Nico für seine 20 Jahre äußerst cool und abgebrüht. Der Stress der unzähligen Medientermine, Testfahrten und Rennwochenenden scheint einfach von ihm abzuperlen, während er noch genügend Zeit findet sich in Ruhe eine Etappe der Tour de France im Fernsehen anzusehen.

Aber auch er weiß: Ohne Erfolg ist man im Motorsport schnell wieder weg vom Fenster. Oder noch schlimmer: Man kommt erst gar nicht zum Zug, um sein Talent unter Beweis stellen zu können. "Am besten ist es von Anfang an vorne mitzufahren und zu gewinnen", erklärt Nico den einfachsten, aber äußerst schwierigen Weg nach ganz oben.

Ihm half ein Faktor, der zugleich Fluch als auch Segen zu sein scheint. "Ich hatte natürlich das Glück, dass es für mich durch meinen Namen auf Anhieb einfacher war", deutet er an, dass es nicht immer von Nachteil sein muss, der Sohn eines F1-Weltmeisters respektive eines berühmten Vaters zu sein.

Die Liebe der Eltern zu Ballsportarten

Nicht so berühmt, aber mindestens genauso wichtig wie sein Vater ist seine Mutter. Müttern von Rennfahrern wird bekanntlich gerne nachgesagt, dass sie ihre Söhne nicht gerne in PS-Monstern über Rennstrecken rasen sehen.

Nico gilt als technisch versierter und intelligenter Fahrer., Foto: GP2
Nico gilt als technisch versierter und intelligenter Fahrer., Foto: GP2

Frau Rosberg riet ihrem Sohn deshalb zur gelben Filzkugel zu greifen: "Meine Mutter sagte immer, ich solle Tennis spielen." Und der junge Rosberg schlug sich auf dem Centre Court gar nicht einmal schlecht. "Ich war sehr gut im Tennis", erinnert sich Nico, der neben seiner Motorsportlaufbahn sogar in der monegassischen Jugendnationalmannschaft spielte. "Meine Mutter hat sich sehr dafür eingesetzt." Was letztendlich daraus geworden ist, sollte hinlänglich bekannt sein.

Zur Beruhigung von Frau Rosberg sei angemerkt, dass die Jagd nach Tennisbällen ohnehin nicht weniger gefährlich als die Jagd nach dem nächsten Rennsieg geworden wäre. Das jedenfalls bewies uns Tennis-Wunderkind Juan Pablo Montoya zu Beginn dieses Jahres...

Nico und die Schule

Wer schon so früh in den professionellen Motorsport einsteigt wie Nico, muss natürlich auch das 'Problem' der Schulausbildung lösen. Bei Nico, der mittlerweile ein beachtliches Golf-Handicap von 30+ vorzuweisen hat, kollidierte sein Abitur mit seiner ersten Saison in der Formel BMW.

Nico Rosberg hat sich durchgeboxt., Foto: Sutton
Nico Rosberg hat sich durchgeboxt., Foto: Sutton

"Das Abitur hat bis Ende Mai gedauert, war also zeitgleich zu den ersten drei oder vier Rennen und das war eine absolute Katastrophe", denkt er an jene chaotischen Tage zurück. "Ich wollte das Abi unbedingt noch recht gut hinbekommen und das führte zu einem totalen Chaos."

Schließlich lastet bereits in der Formel BMW an vier aufeinander folgenden Renntagen "ein großer Druck" auf den Schultern des noch unerfahrenen Piloten. "Deshalb war es eine sehr harte Zeit für mich."

Missen möchte Nico seine gute Schulbildung allerdings auf keinen Fall. "Auch im Rennsport ist es sehr wichtig seinen Kopf einzusetzen", betont er. Beispielsweise könne man seine "Linien überdenken" und vielleicht einen schnelleren Weg für eine bestimmte Kurve vor einer langen Geraden finden. Aber auch bei der Abstimmung des Autos ist es "sehr wichtig mitzudenken und den Kopf einzusetzen".

Von seinem Plan neben der Rennfahrerkarriere auch noch Aerodynamik zu studieren, nahm Nico angesichts des engen Terminplans jedoch schnell Abstand. "Das wäre bekloppt gewesen", gesteht er offen ein.

Der Vergleich mit dem Vater

Wie der Vater fährt Nico für Frank Williams., Foto: Sutton
Wie der Vater fährt Nico für Frank Williams., Foto: Sutton

In Bahrain wird Nico Rosberg im nächsten März seine F1-Karriere beginnen. In dieser Laufbahn hat er sich ein Ziel gesetzt: Er möchte die 114 GP-Starts und 5 GP-Siege seines Vaters übertrumpfen. "Hoffentlich schaffe ich das", sagt er. "Ich werde hart dafür arbeiten, selbst da ich mich nicht mit ihm vergleichen möchte."

Während sich Nico also nicht mit seinem Vater vergleichen möchte, kann er es sich durchaus vorstellen sich mit dessen Erfolgen zu messen. "Er ist in die Spitze des Motorsports vorgestoßen und genau das ist auch mein Traum. Dafür werde ich mein Bestes geben."

Einfach wird das nicht. Insbesondere angesichts der schwierigen Voraussetzungen bei Williams: Mark Webber ist ein sehr schneller Teamkollege, über dem Cosworth-Motor schwebt noch ein Fragezeichen, das Team ist gerade von Michelin zu Bridgestone gewechselt und die finanzielle Situation des Rennstalls ist ebenfalls nicht gerade rosig.

Dennoch stürzt sich Nico gerne in das Abenteuer F1. Seinen Vater möchte er aber nicht immer dabei haben. "Er wird mir etwas helfen, besonders abseits der Strecke. Aber auf der Strecke kann er mir nicht helfen. Er hat zwar angedeutet, dass er bei jedem Rennen dabei sein will, aber das wird nicht der Fall sein", so Nico. "Ich werde dafür sorgen, dass dies nicht der Fall sein wird."

Den Grund dafür schiebt Rosberg Jr. gleich nach: "Er ist keine einfache Person. Er kennt den Sport sehr gut und er ist etwas pessimistisch. Das macht es manchmal etwas schwierig. Aber wenn er da ist, dann ist er eine große Hilfe."

Einer Frage wird Nico sich in seiner ersten Saison aber nicht entziehen können: "Es haben schon immer alle nach meinem Vater und wie es ist der Sohn eines Weltmeisters zu sein gefragt", konstatiert er. "Daran habe ich mich gewöhnt. Ich bin sogar stolz darauf solch einen Vater zu haben." Und der Vater dürfte mindestens ebenso stolz darauf sein, dass sein Sohn nun endgültig als Williams-F1-Pilot in seine Fußstapfen getreten ist. Der Speed scheint also in der Familie zu liegen.