In der kommenden Saison will Pirelli nicht nur eine neue Reifenkonstruktion samt überarbeiteter Mischungen an den Start bringen, auch eine neue Reifenheizdecken-Reglungen soll in Kraft treten. 2024 soll auf die Heizdecken aus Umwelt- und Kostengründen komplett verzichtet werden, bis dahin dreht Pirelli die Temperatur sukzessive nach unten.

Durften die Pneus in der vergangenen Saison vorne noch auf bis zur 100 Grad Celsius vorgewärmt werden, wurden Heizdeckentemperaturen schon 2022 beschnitten. Für die Vorderreifen gilt für drei Stunden eine maximale Boost-Temperatur von 70 Grad. Die Hinterreifen dürfen zwei Stunden lang maximal auf 60 Grad vorgeheizt werden. 2023 plant Pirelli mit 50 Grad für Vorder- und Hinterachse. Nach den Tests in Mexiko und den USA, wurde die Kritik der Fahrer jedoch lauter. Insbesondere der Sicherheitsfaktor wird von den Piloten infrage gestellt.

Verstappen & Co. - Neue Regelung zu gefährlich

In Austin wurde die neue Heizdecken-Regelung für 2023 das erste Mal an einem Rennwochenende getestet. Die Fahrer äußerten danach jedoch harte Kritik. Max Verstappen beschwerte sich, er hätte sich bereits in der Boxengasse fast gedreht. "Wir werden viele Unfälle haben", so Verstappen. "Wenn wir die Heizdecken sowieso haben, warum nutzen wir sie nicht voll aus?" Durch die kälteren Reifen wird sich auch der Reifenabbau verändern. "In den ersten Runden wird man viel herumrutschen", beklagt sich der Red-Bull-Pilot.

Der Niederländer kritisiert außerdem den Testplan von Pirelli. "Austin ist eine Strecke bei der du die Reifen wegen den Hochgeschwindigkeitskurven, ohne Probleme aufwärmen kannst", so Verstappen. Zusätzlich herrschten beim Rennen in den USA Temperaturen von 29 Grad Celsius. "Aber wenn du auf einen Straßenkurs gehst, wie Monaco, dann braucht man ein halbes Rennen, um die Temperatur in die Reifen zu bekommen." Auch Carlos Sainz äußerte sich negativ über die neue Regelung. "Das ist ziemlich gefährlich. Es ist nicht die Richtung, in die der Sport gehen sollte", sagt der Spanier.

Deshalb reagierte Pirelli schon beim Test in Mexiko. Dort ist das Reifen-Warmup deutlich schwieriger. Deshalb durften die Reifen in Mexiko für zwei Stunden auf 70 Grad erwärmt werden. Laut Pirelli spart man mit diesem Vorgang mehr Energie, als wenn die Reifen für drei Stunden auf 50 Grad vorgewärmt werden. Die Fahrer äußerten sich nach der Anpassung positiv.

Wieso der Verzicht auf Heizdecken in der Formel 1 nicht funktioniert

Die Formel 1 kann in Bezug auf die Reifenheizdecken nicht mit anderen Rennserien verglichen werden, Foto: Red Bull Content Pool/Peter Fox
Die Formel 1 kann in Bezug auf die Reifenheizdecken nicht mit anderen Rennserien verglichen werden, Foto: Red Bull Content Pool/Peter Fox

Langfristig bleibt Pirellis Ziel ab, die Heizdecken komplett abzuschaffen. Auch Kevin Magnussen ist kein Fan des Plans: "Ich denke nicht, dass Pirelli, die FIA und die Formel 1 wissen, wie schwer es ist die Temperatur in die Reifen zu bekommen. Sie haben diese Autos noch nie gefahren", so Magnussen.

Neben dem Aufwärmprozess ist auch die strukturelle Integrität der Pneus ein Problem. Die Konstruktion der Reifen muss komplett angepasst werden. Durch Zunahme der Temperatur verändert sich auch der Luftdruck. Ohne Heizdecken müssen die Reifen auch schon bei deutlich niedrigeren Luftdrücken strukturell widerstandsfähig sein. Bei den enormen Kräften in der Formel 1 keine leichte Aufgabe.

Die Formel 1 gehört zu den wenigen Motorsportserien, die noch an den Reifenheizdecken festhalten. Bei der Abschaffung der Heizdecken spielte für die Formel 1 insbesondere der Umweltfaktor eine große Rolle. Kritiker argumentierten hier mit anderen Vierrad-Rennserien, die ebenfalls keine Reifenheizdecken verwenden. "Du hast viel weniger Leistung. Die Autos sind auch viel schwerer", entgegnen Verstappen. "Ich fahre privat einen GT3 ohne Reifenheizdecken. Diese Autos verzeihen viel mehr. Es ist damit viel einfacher als mit den Formel-1-Autos. Wenn du nur ein kleines bisschen zu sehr aufs Gas gehst, kann das mit der Leistung von diesen Motoren ein großer Crash werden."

Ob 2024 tatsächlich komplett auf Heizdecken verzichtet wird, wie es das Reglement eigentlich vorsieht, darf bezweifelt werden. Das Kosten-Argument zieht nur bedingt: Die Teams haben für die neue Reifengeneration 2022 bereits Heizdecken angeschafft. Dem Sicherheitsargument steht dann nur noch die Stromersparnis gegenüber.