Wieder einmal 'Best of the Rest' für Mercedes. Lewis Hamilton auf P5, George Russell auf P6. In der Startaufstellung profitieren beide von Strafen von Charles Leclerc und Sergio Perez. Ein Start in der zweiten Startreihe klingt gut, aber ein Rückstand von sechs Zehnteln macht keinen glücklich. Hoffnung ruhte auf dem Update-Paket, doch was bleibt davon? Was verlorenes Selbstbewusstsein und verlorene Grad Celsius am Thermometer in der Mercedes-Version der Büchse der Pandora.

Mercedes und der Wolff: Optimismus trotz Diven-Mercedes

"Austin hat auf dem Papier nicht gut für uns ausgesehen, mit dem Update waren wir dann aber auf sechs Zehntel dran", analysiert Toto Wolff zufrieden. "Unter Berücksichtigung der Schwächen unseres Chassis sieht das eigentlich gut aus." Es wäre sogar noch mehr möglich gewesen, zwei Zehntel auf der Runde von Lewis Hamilton zum Beispiel. "Aber dieses Auto ist noch immer so schwierig zu fahren."

Die Favoriten starten zwar vor beiden Mercedes, aber: "Wir haben zwei Autos, das eröffnet strategisch einige Möglichkeiten", so Toto Wolff. "Ich denke, dass wir morgen vorne mitspielen können." Davor müssen aber Probleme wie Reifenabbau und das Wetter gebändigt werden. "Aber unsere Herangehensweise am Samstagabend ist: Wir fahren immer mit um den Sieg." Im Wettbüro würde der Boss der Silberpfeile trotzdem eher auf Verstappen oder Sainz setzen.

Shovlin, Hamilton und das Wetter: Eine Tragödie in drei Akten

"Wir fanden für einige Kurven, die gestern wirklich gut ausbalanciert waren, heute einfach kein Setup", haderte Andrew Shovlin mit dem texanischen Wetter. "Das Qualifying war eine Enttäuschung, denn zeitweise sahen wir wirklich vielversprechend aus." In den entscheidenden Momenten wäre dann weder Russell noch Hamilton eine saubere Runde gelungen.

Lewis Hamilton fehlten 0.591 Sekunden auf die Bestzeit von Carlos Sainz. Zu viel für den Briten: "Ich dachte eigentlich, dass wir näher dran sein werden." Aber wie von seinem Trackside-Enginnering-Direktor Shovlin angesprochen, gelang Hamilton keine gute Runde. "Ich habe wirklich mit dem Auto gekämpft."

Mercedes gibt trotz Zeitrückstandes die Hoffnung nicht auf, Foto: LAT Images
Mercedes gibt trotz Zeitrückstandes die Hoffnung nicht auf, Foto: LAT Images

Der Grund dafür ist wieder schnell ausgemacht: Das Wetter. "Die Temperaturen fielen ab, das veränderte das Setup des Autos. Das Auto war eine ziemliche Nervensäge", klagt der siebenfache Weltmeister. Trotzdem nimmt das Ingenieurs-Team von Mercedes einen Teil der Schuld auf sich.

Strategie-Clou bei Mercedes?

"Wir hatten uns entschieden, auf Georges erstem Run eine Vorbereitungsrunde zu fahren. Das wirkte sich auf unsere letzten Runs aus", erklärt Andrew Shovlin. Mercedes geriet dadurch etwas in Verzug, Hamilton hing hinten fest und musste langsamer fahren als bevorzugt. Dadurch verlor er wertvolle Temperatur in den Reifen. Stichwort Reifen: "Der Reifenabbau ist dieses Wochenende sehr hoch, ein gutes Management ist nötig", verrät der leitende Ingenieur noch einen Geheimtrick für ein gutes Ergebnis am Circuit of the Americas.

Andrew Shovlin gibt eine nicht optimale Strategie im Qualifying zu, Foto: LAT Images
Andrew Shovlin gibt eine nicht optimale Strategie im Qualifying zu, Foto: LAT Images

Lewis Hamilton betet für ein besseres Renn-Erlebnis im W13. In der bisherigen Saison die Stärke des Mercedes-Boliden, im Gegensatz zur Achillesferse Qualifying. "Wenn wir irgendwie an den Jungs dranbleiben können, ist vielleicht strategisch etwas möglich", hofft Hamilton. "Aber ich glaube, dass sie einfach zu schnell sind." Der hohe Reifenabbau biete allerdings Möglichkeiten, wenn die ersten Stopps anstehen. Pirelli rechnet mit einer Zwei-Stopp-Strategie, wie 2021.

Russell kämpft mit seinem Selbstvertrauen, nicht zum ersten Mal

George Russell kämpft neben Wind und Wetter auch mit sich selbst. "Meine Pace war das ganze Wochenende nicht auf der Höhe." Dabei hatte es im 1. Freien Training gut begonnen. "Dann aber hatte ich einen Quersteher und baute fast einen Unfall. Daraufhin verabschiedete sich mein Selbstbewusstsein."

"Das ist leider in dieser Saison nicht so selten der Fall. Durch das Porpoising oder die Steifheit der neuen Autos", taufte Russell den W13 nicht zur Nervensäge, sondern zur Diva. "Ich brauche dann etwas Zeit, mein Selbstvertrauen wiederzufinden." Glücklicherweise erledigte sich das, sobald Russell den Helm im Qualifying aufgesetzt hatte.

Normal auch die Schwierigkeiten im Zeittraining für die Silberpfeile. "Sechs Zehntel von der Pole entfernt sind eigentlich kein Grund zum Feiern", teilt George Russell mit. "Aber wenn man die ganze Saison betrachtet und die Länge einer Runde berücksichtigt, war es vermutlich eines der besseren Qualifyings für uns." Vielversprechende Longruns ließen doch noch Hoffnung bei Mercedes aufkeimen. "Ich glaube, dass das Rennen durch unsere Entscheidungen in der Strategie gewonnen oder verloren wird", mahnt Russell. "Wir müssen flexibel reagieren." Das ganze Rennen der Formel 1 heute in den USA gibt es hier im Liveticker.