Mercedes hatte mit dem Kampf um die Pole im Japan-Qualifying der Formel 1 diesmal überhaupt nichts zu tun. Lewis Hamilton beendete den Tag abgeschlagen mit 0,957 Sekunden auf dem fünften Platz. Nicht nur von Red Bull und Ferrari wurde er geschlagen, auch Esteban Ocon im Alpine ging vorbei. George Russell wurde gar nur Achter hinter dem zweiten Alpine von Fernando Alonso.

Es ist in Sachen Ergebnis nach den letzten Rennen zwar ein Rückfall - aber der Grund ist die Strecke. Suzuka stellte sich für Mercedes als setup-technisches Albtraum-Szenario heraus. "Das ist denke ich die erste Strecke, auf der es lange Geraden gibt und zugleich Stellen, die maximalen Abtrieb erfordern", erklärt George Russell das Dilemma.

Mercedes-Flügel kostet massiv Geschwindigkeit im Qualifying

Die Kombination ist es, die Mercedes' Probleme mit aerodynamischer Effizienz im Qualifying so schlimm aussehen ließen wie sonst nirgends. Auf Highspeed-Strecken war es noch möglich, auf ein Paket mit weniger Abtrieb zu setzen und so das Topspeed-Defizit einzudämmen, weil nicht zu viele Stellen nach mehr Abtrieb verlangen. Umgekehrt gab es auf langsamen Strecken wie Ungarn keine langen Geraden.

Nicht so in Japan, einer Strecke sowohl mit Abtrieb forderndem Mittelteil als auch mit langen Vollgas-Passagen. Mercedes musste mit dem High-Downforce-Paket fahren, um in den langsamen Kurven konkurrenzfähig zu sein, doch das Auto generiert den Abtrieb nicht effizient und bietet in Summe verhältnismäßig viel Luftwiderstand. Was zu fehlendem Topspeed führt. "Hier wird diese Schwäche komplett bloßgestellt", lautet Russells Fazit.

Mercedes fährt in Japan mit dem größten Frontflügel, Foto: LAT Images
Mercedes fährt in Japan mit dem größten Frontflügel, Foto: LAT Images

Sieht man sich nur die Vollgas-Passagen an, so verlor Hamilton dort über sechs, und Russell über sieben Zehntel. "Ich drücke das Pedal so tief wie möglich durch, mehr geht nicht", ist Hamilton resigniert. "Das Auto hat sich heute richtig gut angefühlt, mit der Balance war ich richtig happy, mit dem Setup auch. Wir sind einfach langsam auf den Geraden."

Mercedes bleibt bei großem Flügel: Besser für Reifen & Regen

Auf einen kleineren Heckflügel zurückzubauen war keine Option. Nach dem verregneten Freitag hatte die Formel 1 nur 60 samstägliche Trainingsminuten im Trockenen fahren können, und dabei beobachteten die Mercedes-Ingenieure hohe Reifenabnutzung. Würde man dann mit weniger Abtrieb fahren, so würde das die Reifen noch härter beanspruchen.

"Und das Regenrisiko steigt", stellt Chefingenieur Andrew Shovlin fest. "Dieses Abtriebsniveau sollte ein Vorteil sein. Es wird aber kein Vorteil sein, um an den Alpine-Autos vorbeizukommen, was wir schaffen müssen, wenn wir irgendeine Chance haben wollen, gegen Red Bull und Ferrari zu kämpfen."

Deshalb wünscht sich Russell, der an beiden Alpine vorbeimuss, auch keinen Regen. Regen, das würde bedeuten, dass man kein DRS im Rennen verwenden kann: "Wir sollten genug Pace haben, um uns keine Sorgen wegen der Autos hinter uns zu machen."

Dass es bei halbwegs normalem Rennverlauf irgendeine Chance auf einen Kampf mit den Top-4 gibt, das können sich die Fahrer kaum vorstellen. "Du hast nicht neun Zehntel Rückstand und fährst dann zum Sieg", legt sich Hamilton fest. Er muss immerhin nur an einem Alpine vorbei, und wäre einem Regenschauer, der das Abtriebs-Problem übertüncht, nicht abgeneigt: "Im Regen sahen wir nicht zu schlecht aus. So oder so sollten wir zumindest näher dran sein. Ich hoffe einfach auf ein besseres Rennergebnis."