Red Bull ist momentan der absolute Überflieger der Königsklasse des Motorsports. Das liegt aber nicht nur daran, dass die Österreicher mit ihren Getränken sprichwörtlich Flügel verleihen. Die roten Bullen sind noch aus anderen Gründen in aller Munde.

Beispielsweise aufgrund ihrer überraschend starken Debütsaison als Jaguar-Nachfolgeteam. Wer hätte im letzten Jahr schon gedacht, dass ein umlackierter Jaguar unter neuer Führung plötzlich für viele WM-Punkteplatzierungen gut wäre?

Fast noch wichtiger ist jedoch: Wer hätte gedacht, dass Red Bull den langweiligen F1-Paddock mit frischer Luft aus der Dose zu einer Party-Location voller Energy machen würde?

Das ist aber noch lange nicht alles: 2006 sind die roten Bullen gleich mit zwei Teams in der F1-Welt vertreten. Neben Red Bull Racing wird auch die Squadra Toro Rosso Frohsinn und Marketing-Lehrbuchbeispiele verbreiten.

Nicht umsonst betonte Gerhard Berger zuletzt: "Red Bull möchte mit der Formel 1 Marketing betreiben." Und nur das steht im Vordergrund. Kein Wunder also, dass beim großen Finale der Formula Una Wahl in Shanghai nicht eine, sondern gleich 19 Siegerinnen gekürt wurden. Wie sonst hätte man die Misswahl besser vermarkten können?

Marketing ist allerdings alles andere als billig. Besonders in dieser Größenordnung und in der Formel 1. Da verwundert es nicht, dass Red Bull in den letzten Tagen nach dem Saisonfinale, beinahe unbemerkt von der Öffentlichkeit, einige Stecker gezogen hat.

Als erstes musste das "Red Bull Driver Search" Programm dran glauben. Vor vier Jahren startete Dietrich Mateschitz damit die Suche nach dem nächsten amerikanischen F1-Star. "Das Red Bull Driver Search Programm soll junge Rennfahrertalente entdecken und unterstützen", definiert die Website des Programms dieses selbst. "Das langfristige Ziel ist es eine permanente Gruppe von vier bis sechs Amerikanern zu haben, die in Europa für das Red Bull Junior Team Rennen fahren und den Sprung in die F1 schaffen können."

Red Bull sieht dieses Ziel mit dem angeblichen 'Durchbruch' von Scott Speed marketingtechnisch geschickt als "erfüllt" an. Zwar steht noch nicht fest ob der Amerikaner 2006 als Stamm- oder Testfahrer in der F1 aktiv sein wird, aber er gehört immerhin zum offiziellen F1-Aufgebot der beiden Red Bull Teams. Damit sehen die Bullen ihr Ziel "nach nur vier Jahren" als erreicht an.

Hinter vorgehaltener Hand dürften sie aber wohl festgestellt haben, dass das Programm nicht nur Geld kostet, welches man jetzt dringender für die beiden Rennställe benötigt, sondern auch, dass es in Amerika womöglich doch nicht so viele Jahrhunderttalente gibt wie man gedacht hat.

Oder haben Sie abgesehen von Scott Speed schon einmal etwas von Paul Edwards, Grant Maiman oder Joel Nelson gehört? Sie gehörten neben Speed zu den 13 Kandidaten des ersten Jahrgangs. Aber auch ihre Nachfolger dürften noch nicht einmal Insidern bekannt sein: Dominique Claessens, Matt Jaskol, John Edwards, Casey Neal oder Ryan Phinny machten bislang nicht gerade von sich reden.

Ebenfalls nicht von Erfolg gekrönt war die vierjährige Partnerschaft der roten Bullen mit dem IRL-Team von Eddie Cheever. Auch diese wurde in der zurückliegenden Woche heimlich, still und leise beendet. Und zwar nachdem das Team in der gemeinsamen Zeit nur einen mageren Sieg einfahren konnte. Die Trennung ist für Red Bull also kein Verlust, sondern das, was Max Mosley am liebsten hat: Eingesparte Kosten.