Formel 1 in Monza, das bedeutet immer auch Windschattenfahren. Die Highspeedstrecke im königlichen Park ist die einzige im Kalender, auf der sich meiste alle Fahrer an Windschattenspielchen beteiligen. Nicht selten gelang dies eher schlecht als recht. 2019 kam es zu einem unrühmlichen Höhepunkt: Beim letzten Outing im Q3 ging nur Carlos Sainz im McLaren rechtzeitig über die Linie, um noch eine Zeit setzen zu können. Alle anderen Piloten verpassten den Zielstrich, weil sie auf der Suche nach dem perfekten Windschatten herumtrödelten.

Die neuen Autos der Generation 2022 produzieren weniger Windschatten als ihre Vorgänger. Wird das Problem dadurch schon gelöst? Ferrari-Pilot Charles Leclerc ist nicht dieser Meinung: "Ich glaube im Qualifying wird es das gleiche sein. Auch wenn der Windschatten schwächer ist, so bringt er dir immer noch etwas. Die Fahrer werden in der Qualifikation immer das letzte bisschen herausholen wollen, das wird knifflig." Alpine-Pilot Fernando Alonso stimmt zu: "Der Effekt ist geringer als in den Vorjahren, aber immer noch ein bisschen was wert."

Silberpfeil-Pilot George Russell konnte sich seinen Kollegen nur anschließen: "Jeder wird um die letzten Millisekunden kämpfen, das ist das Problem in Monza. Aber es ist auch für jeden eine Gelegenheit, wenn du das richtige Timing hast. Ich erwarte, dass es wieder so kommt." In der Vorbereitung auf das Wochenende ging er mit seinen Strategen auf das Thema ein: "Natürlich haben wir darüber gesprochen und wir werden versuchen einen guten Kompromiss zu finden. Wenn die Autos zurück auf die Strecke wollen, dann möchte natürlich niemand der erste sein."

Russell will Einzel-Qualifying, Sainz widerspricht: Windschatten macht Monza besonders

Der Brite ist von den zu erwartenden Spielchen im Qualifying nicht gerade begeistert und stellt sogar deren Sinn in Frage: "Ich denke, die Fahrer könnten von der Leistung überrascht sein, wenn sie ihre Runde allein fahren. Wir alle können den Geschwindigkeitsvorteil durch Windschatten auf den Geraden messen. Aber in den Kurven ist es schwierig zu sagen, wie viel oder ob ich überhaupt etwas verliere. Auf der Jagd nach dem perfekten Windschatten kannst du mehr verlieren als gewinnen." Daher hat der 24-Jährige auch einen besonderen, aber vielleicht nicht ganz ernst gemeinten, Vorschlag: "Vielleicht sollten wir hier lieber ein Einzel-Qualifying machen."

Ferrari-Pilot Carlos Sainz ist anderer Meinung als Russell. Er findet gefallen am Monza-spezifischen Phänomen: "Windschatten zu erwischen ist in Monza immer ein Problem, aber es ist auch Teil der Show und entspricht der Natur dieser Strecke. Es ist Teil der Qualifying-Taktik in Monza, selbst wenn die Leute sagen, dass 2019 ein Durcheinander war. Ich stimme da nicht zu, das gehört zum Rennfahren dazu. Damals haben es einfach viele nicht hinbekommen, und andere, wie ich, lagen richtig. Das gehört zur Strategie in Monza eben dazu. Für mich ist das auch das Schöne an der Strecke hier, dass man eigenartige Qualifyings hat. Es ist eigentlich auch gut zu sehen, dass man manchmal keine Runde erwischt."

Wird überholen im Rennen leichter?

Wenn die neuen Autos laut den Piloten im Qualifying also kaum einen Unterschied machen werden, wie sieht es dann mit dem eigentlichen Zweck der neuen Regeln, dem Überholen im Rennen, aus? Auch hier sind die Piloten sich nicht einig. Charles Leclerc sieht eine Verbesserung und ein Problem: "Im Rennen können wir mit diesen Autos in schnellen und mittelschnellen Kurven näher hinterherfahren. Dafür gibt es weniger Windschatten. Viel hängt davon ab, ob es wieder DRS-Züge geben wird. Falls nicht, dann sollte es recht einfach sein." Fernando Alonso ist optimistisch, was die Durchfahrt der Parabolica angeht. "Vielleicht wird es etwas weniger stressig in der letzten Kurve, dort sollte es einfacher werden", meinte der Spanier.

Alonso Landsmann Sainz hingegen will nicht in Euphorie verfallen: "Das Hinterherfahren in der Parabolika wird vermutlich ein bisschen besser sein, aber gelichzeitig wird, wie in Spa, der Windschatten-Effekt etwas geringer sein. Wir werden also näher hinterherfahren können. Wird das für mehr Überholmanöver sorgen? Vielleicht ein bisschen, aber nicht viel mehr."