Obwohl es Charles Leclerc mit seinem Ferrari-Boliden auf die dritte Stufe des Podests schaffte, überschattet den Zandvoort-Erfolg ein erneutes Strategie-Desaster. In Runde 14 zwang Mercedes Carlos Sainz mit einem Undercut-Versuch an die Box. Der Ruf zum Reifenwechsel kam jedoch so unerwartet, dass plötzlich nur drei neue Reifen zur Stelle waren.

Nach 12,7 Sekunden, in Formel-1-Dimensionen also einer gefühlten Ewigkeit, waren schließlich alle Pirelli-Pneus an Sainz' Boliden montiert und der Spanier machte sich mit gehörigem Zeitverlust zurück auf die Strecke. "Das gesamte Rennen war ein einziges Chaos", fasste Sainz den Grand Prix in Zandvoort zusammen.

"Lewis hat sich auf seinen Boxenstopp vorbereitet und wollte einen Undercut gegen uns machen. Die Mercedes-Pitcrew ist in die Boxengasse gelaufen, da wussten wir, dass er stoppen würde. Wir haben versucht, darauf zu reagieren, um die Strecken-Position zu behalten", beschrieb Ferrari-Teamchef Mattia Binotto die Strategie-Entscheidung. "Als wir die Mercedes-Crew sahen, haben wir Carlos die Anweisung gegeben reinzukommen. Da war er aber schon in den letzten beiden Kurven, für unsere Mechaniker war es zu spät, sich auf den Stopp vorzubereiten."

Formel 1, Ferrari: Boxengasse Schuld an Ferrari-Desaster?

Ein klärendes Gespräch mit der Pit-Crew des Ferrari-Teams offenbarte nun ein weiteres Detail, das zum Dilemma beitrug - die Boxengasse. In der für Formel-1-Verhältnisse kurzen Boxengasse herrschte zeitweise extrem viel Verkehr. Die einzelnen Arbeitsbereiche der Teams trennten nur wenige Meter. Scheinbar wurde dem Mechaniker, der für den fehlenden Reifen verantwortlich war, der Weg zum Auto versperrt.

Trotz der Umstände gestand der 52-jährige Ferrari-Teamchef einen Fehler. "Wenn ich mir das heute noch mal anschauen - ja, wir haben spät auf Lewis reagiert, wir haben Carlos zu spät reingerufen", sagte Binotto. "In der Vorbereitung für das Rennen wissen wir schon, wann der letzte Zeitpunkt für die Mechaniker sein wird, um noch einen Boxenstopp zu absolvieren. Wir haben die Situation schon vor dem Rennen falsch eingeschätzt."

Formel 1, Zandvoort: Sainz hat Verständnis

Der 28-jährige Hauptleidtragende Sainz sieht den nächsten Schnitzer der Truppe aus Maranello jedoch nicht allzu eng. "Der Stopp war sehr langsam und hat uns eine Menge Zeit gekostet. Ich muss mir das noch mal anschauen, um mir da eine Meinung bilden zu können. Manchmal ist das Timing eben gut, manchmal nicht", so Sainz.

"Wir haben das in den vergangenen Jahren schon bei Mercedes, bei Red Bull und vielen anderen Teams gesehen. Da wir schon ein paar andere Fehler über die Saison gemacht haben, wirkt das wie 'der nächste Fehler'. Ich habe es schon oft in der Formel 1 gesehen", sagte Sainz weiter.

Damit spielt Zeit zum Beispiel auf den über eine Minute langen Boxenstopp von Lewis Hamilton in Hockenheim 2019 oder das Radmutter-Desaster 2021 in Monaco für Valtteri Bottas an.