Die Formel 1 befindet sich in der Saison 2022 in der Sommerpause. Grund genug für Motorsport-Magazin.com, die erste Saisonhälfte der einzelnen Teams genauer unter die Lupe zu nehmen. Heute: Red Bull und Max Verstappen auf dem Weg zum WM-Titel.

Ziel vs. Realität:
Red Bull hat mit Max Verstappens Titelgewinn in der Saison 2021 nach jahrelanger Mercedes-Dominanz wieder den süßen Nektar des Triumphs geleckt. Für die neue F1-Ära 2022 war das Ziel deshalb glasklar. "Das Ziel ist der Weltmeistertitel", kündigte Red-Bull-Motorsportchef Helmut Marko vor Saisonbeginn an.

Zur Sommerpause liegt Max Verstappen auf P1 der Fahrerwertung und hat ganze 80 Zähler Vorsprung auf den Zweitplatzierten Charles Leclerc. Auch in der Konstrukteurswertung führt Red Bull deutlich das Feld an. Beinahe 100 Punkte trennen den Rennstall aus Milton Keynes von Ferrari. Red Bull ist damit voll auf Kurs. Ziel und Realität sind Stand Sommerpause deckungsgleich.

Der Rennsonntag gehört Red Bull

Entwicklung:
Trotz des Vorsprungs in der Weltmeisterschaft ist der RB18 nicht perfekt. Auch mangelnde Zuverlässigkeit, massives Übergewicht und eine teils enttäuschende Qualifying-Pace zeichnen den Boliden aus. Doch Red Bull beherrscht das Upgrade-Spiel und brachte für gefühlt jedes Rennen neue Teile.

Schon beim zweiten Wintertest in Bahrain führte der Rennstall komplett neue Seitenkästen und einen neuen Unterboden ein. Seitdem bringt das Team stetig Neues, wie etwa in Imola und Silverstone. Die Ziele sind dabei mehr Geschwindigkeit, mehr Zuverlässigkeit und weniger Gewicht. Ein Blick auf den Punktestand verrät: es funktioniert.

Red Bull beherrscht das Upgrade-Spiel, Foto: LAT Images
Red Bull beherrscht das Upgrade-Spiel, Foto: LAT Images

Bis auf vereinzelte Ausfälle und Fehler hat Red Bull daher alles im Griff. Den Horror-Saisonstart in Bahrain konterte das Team mit einem Rennsieg in Saudi-Arabien. Und auch wenn sich Konkurrent Leclerc am Samstag die Pole Position holt, steht Verstappen in der Regel sonntags am Siegertreppchen. Von den bisherigen 13 Rennen konnte Red Bull neun für sich entscheiden und so Ferraris Titelkampf den Wind aus den Segeln nehmen.

Von der Saison 2021 auf die Saison 2022 konnte sich Red Bull in fast allen Bereichen steigern. Im Vergleich zum Vorjahr holte das Team bis zur Sommerpause mehr Rennsiege, mehr Podien und deutlich mehr Punkte. Jedoch ist auch die Anzahl der DNFs leicht gestiegen.

Vom Horror zur Euphorie

Der Höhepunkt: Verstappen Statement in Ungarn
Bei bisher neun Rennsiegen, die in der Saison 2022 auf Red Bulls Konto gehen, fällt es schwer einen einzigen Höhepunkt auszuwählen. Der Doppelsieg in Imola, bei dem die Bullen von Ferraris Fehlern profitierten, ist ein heißer Kandidat. Doch ein echtes Statement lieferte Verstappen beim Grand Prix von Ungarn. Dank fehlender Motorleistung im Q3 startete der amtierende Weltmeister von P10, auf einer Strecke, die nicht fürs leichte Überholen bekannt ist. Trotzdem gewann Verstappen das Rennen. Sogar mit Dreher. Nicht, weil die Konkurrenz ausfiel, sondern weil bei Red Bull alles stimmte. "Von Platz zehn zu starten und das Rennen zu gewinnen ist natürlich sehr, sehr gut", weiß auch Verstappen selbst. Die Konkurrenz so in den Schatten zu stellen, ist ein klarer Höhepunkt.

Der Tiefpunkt: Horror-Auftakt in Bahrain
Schlimmer hätte der Start in die Saison für Red Bull nicht laufen können. Ferraris Leclerc schnappte sich die Pole Position. Die Red-Bull-Piloten starteten von P2 und P4. Im Rennen gab es kein Nachvornekommen und dann die Katastrophe: Vier Runden vor Schluss muss Verstappen seinen RB18 wegen eines Defekts in der Box abstellen. Kurz darauf erwischt das technische Gebrechen auch Perez, der sich drehte und das Rennen nicht beenden konnte. Die Nullnummer beim Saisonauftakt schmerzte. Die Reliabilitätsprobleme schockierten. Der Doppelsieg, den Ferrari erbte, ließ einen völlig anderen Saisonverlauf vermuten.

Star-Pilot Verstappen stellt Perez in den Schatten

Max Verstappen:
Der amtierende Weltmeister ist erneut auf Titelkurs. Das steht außer Zweifel. Max Verstappen scheint mit dem RB18 nicht nur das stärkste Auto zu haben, sondern er liefert auch die Ergebnisse. Acht der bisherigen neun Rennsiege für Red Bull holte der Niederländer. Verstappen bewahrt an der Spitze einen kühlen Kopf. Fahrfehler leistet er sich nur selten. Im Teamduell mit Perez ist der amtierende Weltmeister deutlich überlegen. Einzige Schwachstelle in der Saison 2022 ist das Qualifying, hier hat Konkurrent Leclerc, mit sieben Pole Positionen, die Nase vorne.

Durchschnittsnote MSM-Fahrerranking: 1,66 (P1)

Beim Ungarn Grand Prix feierte Verstappen den achten Saisonsieg, Foto: Getty Images / Red Bull Content Pool
Beim Ungarn Grand Prix feierte Verstappen den achten Saisonsieg, Foto: Getty Images / Red Bull Content Pool

Sergio Perez:
Eine Pole Position in Saudi-Arabien. Ein Sieg in Monaco. Sechs Podestplatzierungen. Das kann Sergio Perez bis zur Sommerpause vorweisen. Zu Beginn der Saison sah es beinahe so aus, als könnte Perez für Verstappen gefährlich werden. Nach 13 Rennen ist die natürliche Ordnung bei Red Bull jedoch hergestellt. Perez, dessen Leistung in den letzten Rennen abnahm, steht deutlich in Verstappens Schatten. Dennoch erfüllt der Mexikaner seinen Job. Er ist ein guter Teamkollege für Verstappen und holt Red Bull wichtige Punkte im Kampf um den Konstrukteurstitel.

Durchschnittsnote MSM-Fahrerranking: 2,52 (P7)

Kommentar: Red Bull ist nicht zu stoppen

Motorsport-Magazin.com meint, Red Bull ist unaufhaltsam. Der Rennstall aus Milton Keynes macht auf vielen Ebenen vieles richtig. Angefangen beim Konzept für den 2022-Boliden, bis hin zu der Weiterentwicklung des RB18, der Strategie und dem Fahrerduo. Ganz nach dem Motto: Wenn's läuft, dann läuft's. Ob es einem gefällt oder nicht, Red Bull hat zur Sommerpause einmal mehr bewiesen, dass der Rennstall ein echtes Weltmeisterteam ist. Trotz Übergewicht und Zuverlässigkeitsproblemen war Red Bull immer da, wenn Ferrari es nicht war.

Mit 80 Punkten Vorsprung in der WM hat Verstappen schon eine Hand auf dem Siegerpokal liegen. Damit der erneute Titel noch in Gefahr gerät, müsste in der zweiten Saisonhälfte schon etwas sehr Drastisches passieren. Fast 100 Punkte Vorsprung sind es in der Konstrukteurswertung. Macht Red Bull weiter wie bisher, mit Upgrades, Strategie und Fahrtalent, ist der Sieg sicher und sind die Bullen nicht zu stoppen.