Platz 3. Dieses Wort und vor allem diese Platzierung war in Maranello in den vergangenen Jahren kaum verbreitet. Es war höchstens als Ergebnis des zweitbesten Ferrari-Piloten, vorzugsweise Rubens Barrichello, erlaubt. Aber als Platzierung in einer der beiden WM-Wertungen kam es überhaupt nicht in Frage.

Ohne die 18 Punkte aus dem Indy-Fiasko hätte der einstige Serienweltmeister aber noch nicht einmal diesen verpönten dritten Platz in der Konstrukteurswertung halten können. Da muss es Jean Todt schwer gefallen sein zuzugeben, dass das Erreichen der beiden dritten Plätze in der Fahrer- und Team-WM für ihn ein "Wunder" gewesen sei.

Kein Wunder ist es hingegen, das Todt nach dem katastrophalen China-Wochenende von einem "schlechten Ende einer sehr enttäuschenden Saison" sprach. "Aber vielleicht passt es genau zu unserer Saison", fügte Technikchef Ross Brawn nicht ohne Grundlage hinzu. Schließlich habe "niemand bei Ferrari diese Saison genossen".

Jean Todt wäre aber nicht Jean Todt, wenn er nicht trotzdem noch einen kleinen Hoffnungsschimmer und ein minimales Fünkchen positiver Erkenntnisse aus der Saison ziehen könnte.

"Einerseits ist es enttäuschend", so Todt, "andererseits ist es vielleicht gut eine so schlechte Saison mit einem solch schlechten Ergebnis abzuschließen. Denn das macht die Dinge klar: Wir wissen jetzt wo wir stehen und was wir zu tun haben."

Wäre man stattdessen beim Saisonfinale Dritter geworden, hätte dies an den Endresultaten in den WM-Wertungen nichts verändert, aber man hätte vielleicht denken können, dass Ferrari "nicht so schlecht" sei. "Manchmal ist es gut, wenn man mit der Nase im Mist steckt."

Rubens BArrichello wechselt mit seiner Nase zu Honda., Foto: Sutton
Rubens BArrichello wechselt mit seiner Nase zu Honda., Foto: Sutton

Und was müssen die Italiener unternehmen, um ihre Nase im Jahr 2006 aus dem Mist herauszunehmen und sie wieder stolz in den Himmel strecken zu können? "Wir müssen einfach gute Arbeit leisten", lautet die ebenso ehrliche wie einfache Antwort des Teamchefs. "Wir haben in diesem Jahr keine gute Arbeit geleistet und mussten dafür bezahlen." Jetzt heißt es "überall" besser zu werden. Allen voran bei den Reifen, die in diesem Jahr "zu wenig Grip" aufbauten, und bei der Stabilität des Autos.

An den Fahrern, da ist sich Todt sicher, hat es nicht gelegen. Deswegen brauche man kein frisches Blut bei den Piloten. "Was wir brauchen ist ein frisches, gutes Paket für die Fahrer", nimmt Todt seine diesjährigen Fahrer in Schutz. "So lange wir den Fahrern kein gutes Autos mit guten Reifen geben, können wir das Blut so oft auffrischen wie wir möchten, es wird sie nicht schneller machen."

Michael Schumacher, den Jean Todt immer noch als "einzigartig" bezeichnet, glaubt jedenfalls fest daran, dass seine Truppe im nächsten Jahr zurückschlagen kann. "Wir konzentrieren uns nun voll auf das nächste Jahr und unser Anspruch kann nur sein, wieder um die Titel mitzukämpfen", gibt er ein klares Ziel vor. "Wenn man sich vor Augen führt, dass die anderen Teams es bei unserer Überlegenheit aus dem letzten Jahr geschafft haben, in diesem Jahr leistungsmäßig so weit vor uns zu liegen, kann es im Rückschluss natürlich auch uns gelingen, 2006 wieder vorn dabei zu sein. Dafür werden wir über den Winter hinweg hart arbeiten."

Die Scuderia hat also eine "neue Herausforderung": Sie wurde vom Gejagten zum Jäger. Und der Jäger möchte nach einem Jahr ohne Beute in der nächsten Saison wieder kräftig zuschlagen. Eines soll dabei aber weit hinter ihnen gelassen werden: Platz 3.