Der Sieg von Charles Leclerc beim Österreich GP hing am seidenen Faden. Obwohl der Monegasse das gesamte Rennen über der schnellste Man war, musste er bis zum letzten Meter auf dem Red Bull Ring zittern. Nach einem Problem mit dem Gaspedal trennten Leclerc schlussendlich noch 1,532 Sekunden von Max Verstappen auf Rang zwei.
Die Ausgangslange vor dem Grand Prix war identisch wie tags zuvor im Sprint: Vorne Verstappen, dahinter Leclerc und Sainz. Doch diesmal kamen sich die beiden Ferrari-Piloten hinter dem Weltmeister nicht in die Quere, Leclerc ging von Runde eins an auf Verstappen-Jagd.
Leclerc überholt Verstappen 3 Mal
Schnell war klar, dass Ferrari an diesem Rennsonntag das schnellere Auto haben würde. In Runde zwölf ging Leclerc schließlich an Verstappen vorbei. Red Bull reagierte und holte den Niederländer umgehend zum Reifenwechsel an die Box. Ferrari hingegen wartete und holte Leclerc erst in Runde 26 zum Boxenstopp.
Durch den Undercut von Verstappen fand sich Leclerc erneut hinter seinem Konkurrenten wieder - allerdings nicht lange. In Runde 33 überholte Leclerc Verstappen erneut, diesmal zeigte der Weltmeister ob des Reifen-Vorteils für den Ferrari-Piloten weniger Gegenwehr.
Das Spiel wiederholte sich ein weiteres Mal: in Runde 36 stoppte Verstappen zum zweiten Mal. Ferrari wartete wieder lange und ließ Red Bull den Undercut machen. Erst in Runde 49 kam Leclerc zu seinem zweiten Stopp. Wieder fackelte er nicht lange, wieder gab es wenig Gegenwehr von Verstappen: In Runde 53 lag der Monegasse wieder vor dem Niederländer.
Während der WM-Leader im Sprint ungefährdet an der Spitze fahren konnte, wurde er im GP dreimal von Leclerc überholt. "Das erste Überholmanöver war ein richtiger Kampf, das war super. Die anderen beiden nicht so sehr, weil meine Reifen besser waren. Aber Max auf der Strecke zu überholen, das ist immer super", freut sich Leclerc.
Der Umschwung von Samstag auf Sonntag hängt nicht nur damit zusammen, dass sich die Ferrari-Piloten untereinander in Ruhe ließen. "Ich habe gestern Nacht an meinem Fahrstil gearbeitet", verrät Leclerc nach seinem Sieg.
In drei Kurven hatte Leclerc speziell verloren: T1, T3 und T10. "Daran habe ich über Nacht gearbeitet und es war viel besser", so der erste Ferrari-Sieger in Österreich seit Michael Schumacher 2003. "Ich wusste daher, dass wir noch etwas Pace haben, aber ich war überrascht, dass der Schritt so groß war."
Gaspedal von Leclerc hängt fest
Eigentlich wäre damit der erste Sieg für Leclerc nach dem Australien GP in dieser Saison fix gewesen. Opportunistische Stopps von Leclerc und Verstappen während einer VSC-Phase in Runde 58 änderten an der Ausgangslage vorne an der Spitze nur, dass der Weltmeister nun wieder auf gleich frischen Reifen unterwegs war.
Das half ihm einerseits im Kampf um die schnellste Rennrunde, andererseits konnte er tatsächlich noch Druck auf Leclerc ausüben - weil der technische Probleme bekam. Nach den Ausfällen in Spanien und Aserbaidschan, der Strafe in Kanada und den strategischen Fehlentscheidungen in Monaco und Großbritannien hätte sich die Pechsträhne Leclercs in Österreich fast fortgesetzt.
Am Funk beklagte er sich über Probleme mit dem Gaspedal. Der Kommandostand konnte ihm mit dem Ratschlag, den Fuß komplett vom Pedal zu nehmen, nur bedingt helfen. "Das war extrem stressig. Das Gaspedal ist mitten in der Kurve steckengeblieben. Das Gas war zwischen 20 und 30 Prozent offen. Vor allem in den langsamen Kurven, speziell in Kurve drei war das sehr schwierig", schildert Leclerc.
Rund 4,5 Sekunden hatte er für die letzten zehn Runden zu verwalten. Und die brauchte er auch: "Ich bin dann etwas früher vom Gas, um zu sehen, wie viel Gas ich in die Kurve hinein habe. Mehr als das konnte ich nicht machen. Es war nicht einfach, aber ich habe es geschafft." Die Daten zeigen klar, dass Leclerc durch die Probleme in Kurve drei rund 40 Meter früher bremsen musste als zuvor.
Besonders unangenehm für Leclerc: In Runde 57 fiel Teamkollege Carlos Sainz mit einem kapitalen Motorschaden aus. "Es war komischerweise zur gleichen Zeit, als meine Probleme begannen. Ich hatte es deshalb im Kopf, auch wenn ich wusste, dass es kein Problem mit dem Motor war", verrät der Sieger. Ferrari vermutet derzeit ein mechanisches Problem am Gaspedal.
Teamchef Mattia Binotto spielte den Defekt am F1-75 mit der Startnummer 16 zunächst herunter: "So groß waren die Probleme auch nicht. Wir müssen uns das Auto noch genauer ansehen, aber er wäre sicherlich nicht ausgefallen." Später gestand der Italiener jedoch: "Ich muss gestehen, dass ich sehr nervös war. So nervös, dass ich die letzten drei Runden nicht mehr zugesehen habe."
Formel 1 WM 2022: Leclerc jagt Verstappen
Für Leclerc war Saisonsieg Nummer drei nicht nur das Ende einer langen Pechsträhne. In den letzten Rennen schien die Beziehung zu seinem Rennstall etwas zu kippen. "Ich habe den Sieg definitiv gebraucht", gesteht Leclerc. "Die letzten fünf Rennen waren unglaublich hart für mich selbst und für das Team." In der WM überholte er damit Sergio Perez wieder und liegt zur Halbzeit der Saison 2022 noch 38 Punkte hinter Max Verstappen auf Rang zwei.
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