Beim Qualifying von einer gelben Flagge an der möglichen Pole Position gehindert, ging Max Verstappens Pechsträhne auch im Rennen beim Großbritannien-Grand-Prix weiter. Trümmer einer Kollision zerstörten den Unterboden des Weltmeisters und statt eines Favoriten-Sieges gab es am Ende nur Platz sieben.

Verstappen als Kollateralschaden des Red-Bull-Schwesterteams

"In Führung liegend habe ich immer mehr Teile verloren!", berichtet Max Verstappen von seinem Pech im Rennen. Auslöser? Ausgerechnet eine Kollision der beiden AlphaTauri-Piloten. Nach einem misslungenen Überholmanöver von Yuki Tsunoda gegen Pierre Gasly lag ein riesiges Karbonteil mitten auf der Strecke.

Ein Crash der AlphaTauri-Piloten Tsunoda und Gasly war Auslöser des Unglücks, Foto: LAT Images
Ein Crash der AlphaTauri-Piloten Tsunoda und Gasly war Auslöser des Unglücks, Foto: LAT Images

Und das so ungünstig, dass Verstappen nicht mehr ausweichen konnte. "Ich versuchte, das Teil frontal zu treffen, stattdessen fraß es sich in meinen Unterboden und zerstörte dort alles." Der dabei verlorengegangen Abtrieb verlagerte das Rennen des Niederländers vom Kampf um den Sieg zu einem um Platz sieben.

Das volle Ausmaß des Unglücks wurde einerseits in den Daten, andererseits visuell von Max Verstappen beim Aussteigen aus dem RB18 inspiziert: "Die ganze linke Seite unter dem Auto war weggebrochen, da war nichts mehr da." Der Schaden habe sich zuerst wie ein Reifenplatzer angefühlt. "Plötzlich hatte ich keine Balance mehr, das Auto hoppelte und ich hatte zudem massives Übersteuern."

Vorteil am Start durch gewagte Red-Bull-Strategie

Red Bull reagierte sofort und holte Max Verstappen in Führung liegend an die Box. Zuvor konnte der WM-Führende einen Fehler von Carlos Sainz in der Chapel-Kurve ausnutzen und sich dadurch zum zweiten Mal Platz eins sichern. Schon zu Beginn des Rennens holte sich Verstappen mit einem herausragenden Start auf dem Soft-Reifen die Führung. Die rote Flagge ermöglichte einen Wechsel auf die Medium-Reifen und sah zunächst als ein grandioser Zug der Red-Bull-Strategieabteilung aus.

Nach dem Crash in der ersten Runde wurde allerdings wieder in der ursprünglichen Startaufstellung gestartet, minus der ausgefallenen Fahrer. Beim zweiten Versuch verteidigte Carlos Sainz seine Führung trotz wiederum schlechten Startes. Das war noch lange nicht das Ende der Pechsträhne des Weltmeisters. Wie auch nicht von Red Bull: Perez musste in Runde sechs zur Box, um seinen Frontflügel zu wechseln und fiel dadurch auf Rang 16 zurück

Unüblich: Beim Restart nach der roten Flagge wurde die ursprüngliche Startaufstellung wieder eingenommen, Foto: LAT Images
Unüblich: Beim Restart nach der roten Flagge wurde die ursprüngliche Startaufstellung wieder eingenommen, Foto: LAT Images

Red Bull verlieh keine Flügel, dafür fliegende Autoteile

Teil zwei folgte sogleich, als Max Verstappen sich mit den auf der Strecke liegenden Trümmern den Unterboden kaputtmachte. "Wenn sich ein Fahrer so über Schäden am Auto beklagt, können wir ihn nicht draußen lassen", erklärte Teamchef Christian Horner den raschen Boxenstopp seines Teams.

"Max hatte die Führung und hat das Rennen im Grunde beherrscht!" Der Verlust an Downforce wäre sehr frustrierend für das ganze Team gewesen. "Sonst hätte es ein dominantes Rennen für Max werden können." Das Team konnte die Schäden beim Boxenstopp aber nur geringfügig flicken.

"Das Auto war sehr gut. Ich sah Carlos kämpfen und in Führung liegend dachte ich, dass ich mein Rennen fahren kann!", sagte Max Verstappen. Ein paar Kurven später flogen ihm seine eigenen Autoteile um die Ohren. Angst hätte er dabei nie gehabt. "Ich vertraue dem Team. Sie würden mich nie in Gefahr bringen!" Statt mit den Ferraris, fand sich Verstappen im Kampf mit Mick Schumacher wieder. "Das Duell war eigentlich ziemlich lustig. Abgesehen von der Position in der ich war!"

Verstappen: Ich schaue nicht auf die WM!

Der RB18 sah das ganze Wochenende über gut aus. Die Rennpace war vielversprechend und viele hatten schon auf einen sicheren Sieg des Holländers gesetzt. Stattdessen musste Max Verstappen sich zurück in die Punkteränge kämpfen. "Jeder Punkt zählt und er hat um Platz sieben wie für einen Sieg gekämpft!", gab es Lob vom Red-Bull-Teamchef. Statt mit den Ferraris und Lewis Hamilton fand sich Verstappen im Kampf mit Mick Schumacher wieder. "Das Duell war eigentlich ziemlich lustig. Abgesehen von der Position in der ich war!"

Viel Gesprächsbedarf nach dem Rennen für Red Bulls Helmut Marko und Christian Horner, Foto: LAT Images
Viel Gesprächsbedarf nach dem Rennen für Red Bulls Helmut Marko und Christian Horner, Foto: LAT Images

"Das musst du in einer Weltmeisterschaft machen. Am Ende geht es um einen Punkt!" weiß Christian Horner. Aufgeben ist für Max Verstappen sowieso ein Fremdwort. "Ich gebe niemals auf, habe heute alles gegeben und versucht, noch Punkte zu holen", so der Holländer. Ob er im Hinblick auf die WM froh sei, dass Carlos Sainz und nicht Charles Leclerc heute gewonnen hat? "Darauf schaue ich nicht wirklich!" Gratuliert habe er seinem ehemaligen Toro-Rosso-Teamkollegen nach seinem ersten Sieg trotzdem ausführlich.

Wie sehr es um wenige Punkte gehen kann, sah man letztes Jahr in der Weltmeisterschaft. Am Ende trennten Lewis Hamilton und Max Verstappen sieben Punkte. Déjà-vu des letztjährigen Ungarn-Grand-Prix? Verstappen rettete damals auch ohne die Hälfte seines Formel-1-Boliden und mit viel Panzertape noch Platz zehn (neun nach der Disqualifikation von Sebastian Vettel) ins Ziel. "Ich hatte heute auf mehr gehofft, aber es war Schadensbegrenzung." Der Abtrieb des Autos sei laut Christian Horner auf Niveau eines Formel-2-Autos gewesen.

Ende der Pechsträhne für Verstappen und Red Bull beim Heimrennen?

Max Verstappen und Red Bull hoffen auf mehr Glück beim Grand Prix in Spielberg. Österreich ist ein gutes Pflaster für den Holländer, konnte er dort bereits vier Siege einfahren. "Spielberg ist immer eine gute Strecke für uns. Die Fahrer sind beim Heimrennen noch motivierter", freut sich auch Red-Bull-Boss Horner auf das Heimspiel.

Ebenfalls positiv: WM-Konkurrent Charles Leclerc war in Großbritannien auch nicht vom Glück beziehungsweise einer optimalen Ferrari-Strategie gesegnet und kam über Rang vier nicht hinaus. Max Verstappen hat in der Fahrerwertung mit 181 Punkten weiterhin einen komfortablen Vorsprung vor Sergio Perez (147) und Charles Leclerc (138).

Verstappens Teamkollege konnte sich im Rennen trotz frühem Schaden am Frontflügel noch Platz zwei hinter Debütsieger Carlos Sainz retten und sorgte so zumindest für einen Bullen auf dem Podest. So reist das österreichische Team in beiden WM-Wertungen in Führung liegend zum Heimatort von Teambesitzer Dietrich Mateschitz. Beste Voraussetzungen für ein Wochenende mit etwas weniger Pech. Zumindest mit Buhrufen wird sich Max Verstappen dort nicht herumschlagen müssen.

 Mit der 'Orange Army' ist beim Red-Bull-Heimrennen sicherlich zu rechnen, Foto: LAT Images
Mit der 'Orange Army' ist beim Red-Bull-Heimrennen sicherlich zu rechnen, Foto: LAT Images