Formel 1 in den USA. In der Vergangenheit ein magerer Markt. Der Hype beim F1-Debüt in Miami spricht andere Bände. Ausverkaufte Ränge, ein hochkarätiges Star-Aufgebot und viel Show zeichneten das Wochenende abseits des Rennfahrens aus. Klar ist: Das Gefallen an der Königsklasse steigt in Übersee. So werden auch die Rufe nach amerikanischen Fahrern lauter.

Fans aus den USA gibt besonders der britische Rennstall McLaren Hoffnung, der für die IndyCar-Piloten Colton Herta und Pato O'Ward F1-Tests ermöglicht. Doch (wie) können die amerikanischen Fahrer für die Königsklasse fit gemacht werden?

"In ein Formel-1-Auto zu steigen ist aus verschiedenen Gründen eine große Herausforderung", erklärt McLaren-Teamchef Andreas Seidl. "Es gibt natürlich physische Aspekte, aber auch die bloße Geschwindigkeit der Autos ist eine Schwierigkeit."

In der diesjährigen Saison dürfen die Teams mit den Vorjahresmodellen der Formel-1-Autos, wie etwa dem MCL35M, Tests durchführen. "Das ist eine Möglichkeit für uns, junge Fahrer zu testen, von denen wir denken, dass sie das nötige Talent haben, um eine solche Chance zu verdienen", sagt Seidl. "Colton [Herta] gehört da definitiv dazu. Seine IndyCar-Resultate sprechen für sich."

Um Herta auf seinen F1-Test vorzubereiten, durfte der IndyCar-Pilot McLaren beim Wochenende in Miami begleiten. So konnte er bereits die Abläufe eines Formel-1-Teams studieren. Außerdem wird er noch Runden im Simulator und ein besonderes physisches Training absolvieren. Beim Test gilt es dann sein Talent unter Beweis zu stellen, um seine Formel-1-Chancen zu maximieren.

Herta oder O'Ward - Wer fährt die Trainings für McLaren?

Der gebürtige Mexikaner Pato O'Ward machte es Herta bereits vor. Beim Young Drivers Test am Ende der Saison 2021 fuhr er den MCL35M in Abu Dhabi. Nach 92 Runden im McLaren-Boliden gehörte O'Ward die viertschnellste Zeit im Rookie-Test. Vor ihm lagen nur Nyck de Vries (Mercedes), Liam Lawson (AlphaTauri) und Oscar Piastri (Alpine).

"Wir haben ein Abkommen mit Pato, wir werden noch viele weitere Jahre zusammenarbeiten", stellt McLaren-Boss Zak Brown klar. Auch in der Saison 2022 geht der Mexikaner für McLarens IndyCar-Team an den Start und konnte bereits einen Rennsieg einfahren. "Es liegt jedoch bei Andreas zu entscheiden, wie wir auf der Formel-1-Seite mit ihm weitermachen", so Brown.

Die Teams haben in der Saison 2022 die Möglichkeit, junge Fahrer in zwei Freien Trainings einzusetzen. "Ich habe mir einen Selektions-Prozess arrangiert, um zu sehen, wer diese Chance bekommt", erklärt Seidl. "Dabei hilft auch der Test mit den Vorjahresautos, bei dem die Fahrer zeigen können, was sie in einem Formel-1-Boliden draufhaben." Darauf, wer die Trainings schlussendlich absolvieren wird, will sich der Deutsche noch nicht festlegen.

Dass in kurzer Zeit einer der beiden IndyCar-Piloten dauerhaft in einem McLaren sitzen wird, weist Teamchef Seidl zurück: "Wir haben natürlich bereits ein Fahrer-Duo und dementsprechende Verträge. Außerdem sind wir sehr zufrieden mit unseren beiden Piloten."

IndyCar-Fahrer weniger geeignet als Formel-Aufsteiger

Manche mögen Fahrern aus amerikanischen Rennserien, die in die Formel 1 einsteigen möchten, mit Skepsis gegenüberstehen. Auch McLaren-Teamchef Seidl gibt zu: "Die bestmögliche Vorbereitung für die Formel 1 ist alle Junior-Serien zu absolvieren. Dann kennst du bereits ein paar Strecken, was dir einen Vorteil gibt."

"Gleichzeitig haben wir aber die Simulatoren und die neue Testmöglichkeit. Es ist daher nicht unmöglich einen Fahrer in die Formel 1 zu bringen, der nicht in den europäischen Formel-Serien gefahren ist", merkt der Deutsche an.

Der McLaren-Boss empfindet die Tests mit den Vorjahresmodellen, die sechs Testtage auf zwei verschiedenen F1-Stecken umfassen, ebenfalls als eine gute Chance. "Trotzdem ist es schwierig für jemanden, der das gesamte Umfeld nicht kennt. Die neuen Strecken sind immer eine Herausforderung für Fahrer, die nicht aus den Junior-Klassen kommen", meint Brown.

Der Amerikaner weist deshalb darauf hin, dass Herta bereits der Teamkollege von McLaren-Pilot Lando Norris in Europa war. Die beiden absolvierten 2015 eine gemeinsame Saison in der britischen Formel-4-Meisterschaft beim Team Carlin. Norris holten den Meister-Titel während Herta auf Platz drei landete.

McLaren-Boss Brown: Du kannst es auch wie Stroll machen

Da es in den Jahren zuvor das Testprogramm mit den Vorjahresmodellen nicht gab, mussten junge Piloten durch die Junior-Klassen aufsteigen. Auch trotz der neuen Möglichkeit sieht McLaren-Boss Brown noch Ausbaufähigkeit.

"Ich denke, man könnte die Tests noch verlängern. Die Alternative ist, das zu tun, was Stroll gemacht hat. Also 20 Millionen Dollar auszugeben, um eine komplette Saison in einem Auto zu fahren, dass zwei oder drei Jahre alt ist. Das ist jedoch für die meisten Menschen nicht erreichbar."

Auf das Stereotyp amerikanische Fahrer, seien für die Königklasse weniger geeignet, entgegnet Brown: "Wenn das die Wahrnehmung der Leute ist, dann haben sie eine falsche Vorstellung. Um in die Formel 1 zu kommen, musst du zur richtigen Zeit, am richtigen Ort und in der richtigen Serie sein, unabhängig von der Nationalität des Fahrers."