Am Mittwoch war Mohammed Ben Sulayem exakt 100 Tage im Amt. Der erste nicht-europäische FIA-Präsident nahm das zum Anlass, ein Zwischenfazit nach seiner ersten Bestandsaufnahme zu ziehen. In einem Brief an die nationalen Motorsportbehörden, der Motorsport-Magazin.com vorliegt, wird er sehr deutlich.

Vor allem die Finanzen machen dem Araber Sorgen. Die Strategie, die Relevanz der FIA mit immer mehr Wettbewerben, Aktivitäten und Projekten - überall und um jeden Preis - zu erhöhen, sei auf Dauer finanziell nicht nachhaltig, schreibt er.

FIA-Kampagnen werden eingestellt

Als erste Maßnahmen stellte er die von seinem Vorgänger Jean Todt ins Leben gerufenen Projekte wie die 'FIA Action for Road Safety' ein. Das Logo der Initiative war zuvor im Formel-1-Umfeld omnipräsent, alle Teams fuhren mit dem Schriftzug. 2022 klebt nur noch ein FIA-Logo auf den Boliden.

Auch die Kampagne für preisgünstige und sichere Helme steht wohl vor dem Aus. Manchen FIA-Mitgliedern war das Programm schon lange ein Dorn im Auge. Ihrer Meinung nach war es nicht Aufgabe des Automobilweltverbandes, Roller- und Motorradfahren sicherer zu machen.

Zwar seien die finanziellen Verluste der FIA über die vergangenen sieben Jahre hinweg stetig gesunken, trotzdem verlor man 2021 noch 25 Millionen Euro. Mit dem für 2022 veranschlagtem Budget bleiben noch immer 23 Millionen Euro Verlust. "Auch wenn wir noch starke Reserven haben, ist diese Performance nicht nachhaltig", warnt Ben Sulayem.

FIA-Präsident: Müssen harte Entscheidungen treffen

"Wir werden harte Entscheidungen in unserem Portfolio treffen müssen", kündigt der Präsident an. Dafür hält er weiterhin an seinem Plan fest, einen Geschäftsführer für den Weltverband einstellen zu wollen. "Wir versuchen, diese Position so bald wie möglich zu besetzen", so Ben Sulayem. Die Rekrutierung eines Geschäftsführers war schon ein Kernthema im Wahlkampf

Mit der Unternehmensberatung McKinsey hat man sich auch noch externe Hilfe geholt, um Aktivitäten, Wettbewerbe und Projekte zu identifizieren, die der FIA auf der Tasche liegen. Die internen Strukturen sollen dabei ebenfalls angepackt werden. "Der Management-Stil muss sich ändern", fordert Ben Sulayem.

Seine dramatische Bestandsaufnahme ist nicht unbedingt eine Abrechnung mit Vorgänger Jean Todt. Der hatte seinerseits den Automobilweltverband in deutlich schlechterem Zustand von Max Mosley übernommen. Trotzdem fallen Prestigeprojekte Todts jetzt dem Rotstift zum Opfer. Dass Ben Sulayem den Kassensturz kommuniziert, dient nicht nur der angekündigten Transparenz. Er stellt von Anfang an klar, dass er die FIA nicht im besten Zustand übernommen hat, um sein eigenes Wirken in ein anderes Licht zu stellen.