2022 ist es endlich so weit: Eine neue Ära der Formel 1 bricht an. Es ist der wohl größte Regelumbruch der Geschichte. Abgesehen von den Motoren bleibt auf technischer Seite kein Stein auf dem anderen. Seit der Übernahme der Königsklasse doktert Liberty Media an den neuen Regeln herum.

Alle Regeländerungen die es in den letzten Jahren gab, selbst der Wechsel auf die breiteren Autos 2017, waren im Vergleich zur Regel-Revolution 2022 kosmetische Korrekturen. Liberty Media gab viel Geld für CFD- und Windkanaltests aus und unterhielt ein großes Techniker-Team, um aktiv an den Regeln mitzuwirken.

Oberstes Ziel ist, aus unfassbare schnellen Formel-Boliden wieder Rennautos im wahrsten Sinne des Wortes zu machen. Die Autos sollen besser gegeneinander Rennen fahren können, indem sie weniger verwirbelte Luft erzeugen und auch weniger sensibel darauf reagieren.

Einerseits soll dadurch schon die Überhol-Freundlichkeit verbessert werden. Andererseits soll der Überhol-Teufelskreis durchbrochen werden. Denn bislang verlieren die Autos beim Hinterherfahren nicht nur massiv Abtrieb. Weil sie dadurch stärker rutschen, überhitzen die Reifen. Dadurch rutschen sie noch stärker und die Abwärtsspirale nimmt ihren Lauf.

Regelumbruch 2009 als Lehre

2022 soll sich das alles ändern. In der Theorie funktioniert das. In der Praxis muss das Reglement noch den Beweis antreten. Schon 2009 bekam die Formel 1 ein Reglement, dass Überhol-freundliche Autos hervorbringen sollte - mit sehr mäßigem Erfolg.

"Die Kenntnisse, die man damals aus der Forschung gezogen hatte, waren richtig", erinnert sich Nikolas Tombazis. Der heutige FIA-Technikchef war damals noch auf der anderen Seite der Macht und versuchte bei Ferrari, ein möglichst schnelles Auto zu entwickeln. "Das Problem damals war, dass die Regeln falsch geschrieben war", erklärt Tombazis und fügt an: "Es gab damals so viele Freiheiten."

2009 versuchte Tombazis noch, die Ziele des Reglements zugunsten von Performance zu torpedieren, Foto: Ferrari Press Office
2009 versuchte Tombazis noch, die Ziele des Reglements zugunsten von Performance zu torpedieren, Foto: Ferrari Press Office

"Innerhalb von Wochen hatten wir im Windkanal all die guten Dinge unterwandert. Die Regeln waren so geschrieben, dass man ein Auto bauen konnte, dem man gut folgen konnte, wenn man es wollte. Das Auto war dann aber ziemlich langsam. Oder aber man baute ein schnelles Auto, das all die Ziele ignorierte."

Die Teams standen also vor einer einfachen Wahl. Genau die will man ihnen 2022 nicht mehr geben. "Wir haben versucht, daraus zu lernen und haben Regeln gemacht, die zwangsläufig restriktiver sind", so Tombazis.

Genau diese Herangehensweise stieß bei vielen Ingenieuren und auch Fans auf wenig Gegenliebe. Sehen die Autos 2022 alle gleich aus? "Das hängt davon ab, wie geschult dein Auge ist und was deine Referenz ist", so Tombazis zu Motorsport-Magazin.com. "Auch die bisherigen Autos waren sich einander ziemlich ähnlich. Ein Punkt, an dem man sagen kann, dass Autos unterschiedlich aussehen, ist schwer zu definieren. Ich glaube, es wird mit einem ausreichend geschulten Auge möglich sein, die Autos auseinanderzuhalten."

Fahrer fürchten: Formel-1-Autos 2022 zu langsam

Die große Befürchtung der Fahrer ist, dass die Autos durch die neuen Regeln zu langsam werden und deshalb weniger Spaß machen. Durch die vereinfachten Frontflügel und das Verbot der Bargeboards verlieren die Ingenieure wichtige Spielzeuge. Gleichzeitig steigt das Mindestgewicht der Boliden vor allem durch die größeren Reifen erheblich. Aus 752 werden 795 Kilogramm.

Mit zunehmender Entwicklung wurden die Autos aber immer schneller. Aktuell geht die Formel 1 von ähnlich schnellen Autos wie 2021 aus. Dabei ändert sich aber die Charakteristik. Die Niederquerschnittsreifen sorgen für steifere Fahrzeuge. Das hohe Gewicht macht sich vor allem in langsamen Passagen bemerkbar.

Die Fahrer sind gespannt auf die neue Generation der Formel-1-Autos, Foto: LAT Images
Die Fahrer sind gespannt auf die neue Generation der Formel-1-Autos, Foto: LAT Images

In schnellen Kurven könnten die Autos aber noch schneller als bisher werden. Allerdings glaubt und hofft Tombazis, dass sich die Fahrbarkeit dort verschlechtern wird: "Die Teams haben in der Vergangenheit viel investiert, damit sich die Charakteristik des Autos in den Kurven nicht verändert. Die neuen Regeln machen das meinem Verständnis mach schwieriger."

"Deshalb hoffe ich, dass die neuen Autos etwas schwieriger zu fahren sind. Das wäre eine gute Sache, denn das würde das Können der Fahrer fordern, wenn die Autos nicht so vorhersehbar sind", so der FIA-Technikchef.