Es ist Monate her, seit die Regelhüter der FIA in der Winterpause ankündigten: Ab Barcelona werden die Limits für die Biegsamkeit der Frontflügel verschärft, um die berüchtigten "Flexi-Wings" endgültig loszuwerden. Dieses Wochenende ist es nun so weit. Was genau sich nun ändert, wie die FIA testet, und was die Fahrer darüber denken.

Warum werden die Tests verschärft? Das Thema flexible Flügel kocht in unregelmäßigen Abständen seit inzwischen Jahrzehnten in der Formel 1 immer wieder hoch. 2024 war wieder so ein Jahr. Die 2022 eingeführten Ground-Effect-Autos waren recht schwer zwischen unterschiedlichen Kurventypen auszubalancieren. Daher untersuchten einige Teams sich unter Last biegende Karbon-Strukturen. Im Sommer 2024 begannen sich die ersten, die in diesem Rennen hintendran waren, sich zu beschweren.

Das Technische Reglement der Formel 1 sagt an und für sich, dass sich kein aerodynamisches Teil biegen darf - was natürlich bei den hohen Belastungen nicht absolut möglich ist, daher gibt es Limits. Die FIA analysierte aber in den letzten Monaten permanent Onboard-Aufnahmen, unter anderem von Spezial-Kameras, die zu Prüfungszwecken in Trainings am Auto montiert werden müssen. Schließlich kam man zu dem Schluss, dass die sichtbaren Verbiegungen der Flügel an einigen Autos zu viel wurde.

Die Flexi-Flügel-Regeln der Formel 1 für Barcelona erklärt

Wie werden Frontflügel auf Legalität überprüft? Ob ein Flügel zu biegsam ist, bestimmen ausschließlich sogenannte statische Belastungstests. Die werden in der FIA-Garage von Offiziellen durchgeführt. Für Frontflügel gibt es zwei. Die bereits angesprochenen Kameras, welche die FIA nutzt, dienen nur dem Sammeln von Informationen. Aktuell würde niemand dafür bestraft werden, weil der Flügel sich auf einem Video verbiegt. Der Grund: Die FIA hat nicht ausreichend Ressourcen, um alle Teams am Wochenende mit den nötigen Spezial-Kameras auszurüsten und das Material zeitnah zu sichten. Die Kameras könnten aber als Grund hergenommen werden, um die Tests zu verschärfen.

Warum beginnen die Tests erst in Barcelona? Die Verschärfung der Tests kam über die letzten Monate stufenweise. Schon im Herbst entschloss die FIA, neue Tests für Heckflügel einzuführen. Nicht zuletzt, nachdem McLaren in Baku mit einer geradezu riesigen Lücke zwischen zwei Heckflügel-Elementen auffällig geworden war. Diese Tests wurden nach dem Saisonstart in Australien noch einmal verschärft, nachdem die Onboard-Aufnahmen von Melbourne noch immer unverhältnismäßig starke Verbiegungen zeigten.

Ein Belastungstest am Heckflügel eines F1-Autos, gezeichnet
Der Belastungs-Test am Heckflügel, Foto: Giorgio Piola Design

Bei den Heckflügeln wussten also alle, worauf man sich einließ. Die Frontflügel wollte die FIA jedoch ursprünglich nicht angreifen. Erst nachdem man im Winter das ganze Video-Material aus dem Herbst gesichtet hatte, entschied man anders. Anders als bei den Heckflügeln war man hier im Januar dann deutlich später dran. "Es wäre hart gegenüber den Teams gewesen und hätte sie gezwungen, bereits existierende Designs wegzuwerfen", so FIA-F1-Techniker Nikolas Tombazis.

Was genau wird in Barcelona also verschärft? Es geht um die Toleranzen der zwei statischen Belastungstests der Frontflügel. Beim ersten Test werden 100 Kilogramm Last symmetrisch auf beiden Seiten angelegt. Hier darf sich der Flügel jetzt vertikal um nicht mehr als 10 Millimeter verbiegen. Oder um nicht mehr als 15 Millimeter, wenn nur eine Seite belastet wird. Das sind je 5 Millimeter weniger als davor. Beim zweiten Test werden die einzelnen Elemente des Flügels - die Flaps - mit 6 Kilogramm belastet. Das Ende eines Flaps darf sich in diesem Fall nie um mehr als 3 Millimeter verbiegen, das sind 2 weniger als davor.

Ein Belastungstest am Frontflügel eines F1-Autos in einer gezeichneten Grafik
Frontflügel-Test, Foto: Giorgio Piola Design

Wann werden die Tests durchgeführt? "Wir testen sie an diversen Punkten während der Saison, wir bitten sie, Komponenten mitzubringen, wir testen isoliert und am ganzen Auto", unterstreicht FIA-Techniker Tombazis. Oft samstags unter Parc Ferme, wenn die Teams das Auto nicht mehr ändern dürfen. "Das stellt sicher, dass sie nichts ans Auto bauen und dann im Rennen mit was anderem fahren. Manchmal testen wir auch nach dem Rennen, wenn wir glauben, dass es einen Grund dafür gibt."

Regel-Auswirkungen in Barcelona? Das sagen McLaren, Ferrari, Red Bull

Wem kommt die Regeländerung entgegen? Seit dem letzten Jahr sind aus der Spitzengruppe Ferrari und Red Bull die Teams mit den steiferen Flügeln und damit die, die ab Barcelona gewinnen könnten. "Die haben uns nie einen wirklichen Performance-Gewinn gebracht", bestätigt Max Verstappen die magere Ausbeute seines Teams. "Ich weiß nicht, ob wir was dabei falsch gemacht haben oder ob wir es nicht optimal genutzt haben."

Ferrari-Teamchef Fred Vasseur hatte ebenfalls in der Vorwoche schon festgehalten, dass die Regel ein Gamechanger sein könnte. "Könnte, sagte er", wiegelt Charles Leclerc ab. "Wir müssen abwarten. Ich denke, viel wird sich nicht ändern."

Technik-Details: McLaren
Der McLaren-Frontflügel in Barcelona, Foto: IMAGO / DeFodi Images

Wem tut die Regeländerung in Barcelona weh? Die meisten Augen hat McLaren auf sich. "Das größte Problem ist wohl, wie übertrieben der Hype ist", grinst der WM-Führende Oscar Piastri. "Jeder wird bis zu irgendeinem Grad ändern müssen." Dass McLaren versteifen muss, ist kein Geheimnis. Teamkollege Lando Norris hat bereits einen steiferen Flügel getestet. Daher bleibt Piastri cool: "Wir sind zuversichtlich, dass das nicht unsere magische Kugel ist." Kein Team will aktuell davon ausgehen, dass die Auswirkungen mehr als eine Zehntel an Rundenzeit betragen könnten.

Was sind die tatsächlichen Auswirkungen? Durch die steiferen Flügel verlieren die Teams ein Werkzeug, mit dem sie die Balance zwischen unterschiedlichen Kurventypen einfacher konstant halten konnten. Die Frage ist also vor allem, ob sich ein Team besonders darauf verlassen hat, und jetzt aus dem Setup-Fenster fällt. Schließlich ist der McLaren bekannt dafür, auf allen Strecken gut ausbalanciert zu sein. Der Red Bull ist das Gegenteil, hat ein sehr kleines Setup-Fenster und funktioniert nur in Highspeed-Kurven wirklich gut.

Natürlich können die Auswirkungen mit anderen Setup-Werkzeugen kompensiert werden. "Dann musst du nur woanders Kompromisse eingehen", erklärt Charles Leclerc. Carlos Sainz ergänzt diesbezüglich: "Wir haben drei Trainings, um uns einzuschießen, und die Teams werden alle unendlich viele Runden im Simulator gefahren haben. Heute sind Teams zu gut darauf vorbereitet, um solche Änderungen abzufangen." Erst recht, wenn man seit Januar dafür Zeit hatte.

Ist die Flexi-Flügel-Episode mit Barcelona endgültig vorbei? Muss nicht sein. Das zeigte die China-Geschichte, als man nach nur einem Rennen sofort die Heckflügel-Tests erneut verschärfte. Galgenfrist gibt es nur beim ersten Mal. Wenn die FIA dann nicht den gewünschten Effekt beobachtet, so hat sie kein Problem damit, sofort nachzulegen, bestätigt Nikolas Tombazis: "Aber ja, wir hoffen, dass dies das letzte Mal für dieses Jahr ist."