Nach 18 MotoGP-Rennen trägt der Losail International Circuit im Wüstenstaat Katar 2021 erstmals einen Formel-1-GP aus. Es wird das erste von elf vertraglich vereinbarten Rennen auf der Halbinsel am Persischen Golf.

Fragezeichen Strecke: Erstes F1-Rennen auf dem Bike-Kurs

Die Strecke ist allerdings für fast alle Formel-1-Piloten noch eine Unbekannte. Denn nicht nur war die Königsklasse noch nie dort, auch in den Nachwuchs-Formelserien wurde der Kurs in den letzten Jahren nicht berücksichtigt. Stattdessen wurden auf der Strecke vor allem Bike-Rennen abgehalten. Außerdem war von 2015 bis 2017 die Tourenwagen-Weltmeisterschaft zu Gast.

Nur zwei Formel-1-Piloten haben bereits Erfahrungen mit dem 5,418-kilometer langen Kurs sammeln konnte. Sergio Perez ist einer davon. Der Mexikaner siegte 2009 bei einer Runde der asiatischen GP2-Serie sogar in Katar und beendete das Hauptrennen auf dem zweiten Platz hinter Nico Hülkenberg.

2009 gewann ein junger Sergio Perez ein Nachwuchsrennen in Katar., Foto: LAT Images
2009 gewann ein junger Sergio Perez ein Nachwuchsrennen in Katar., Foto: LAT Images

Doch das ist bereits zwölf Jahre her. Dementsprechend eingerostet ist auch die Erinnerung des Mexikaners. "Ich kann mich an nichts erinnern", sagte Perez. "Als ich das erste Mal auf dem Simulator gefahren bin, war es, als wäre ich noch nie dort gewesen. Als ich dann Video angesehen habe, stellte ich fest, dass ich vor vielen Jahren bereits dort gefahren bin", erklärte der Red-Bull-Pilot.

Viel Downforce

Seine Eindrücke vom Kurs sind allerdings durchwegs positiv. "Ich denke es ist eine lustige Strecke, die ziemlich schnell ist und viel Downforce für die Highspeed-Abschnitte abverlangt", so Perez. Eine der maßgeblichen Charakteristiken des Kurses sind die zahlreichen schnellen Kurven. Mit dem engen Turn 6 gibt es nur eine wirklich langsame Kurve.

Alle anderen Kurven werden mit mittelschnellen bis schnellen Geschwindigkeiten durchfahren. Vor allem im dritten Sektor reiht sich ein Highspeed-Knick an den anderen. Perez verglich die Charakteristik der Strecke mit Silverstone. "Es hat Ähnlichkeiten, aber es sind nicht so viele Low-Speed-Kurven in Katar", so Perez. Der zweite Fahrer, der ebenfalls Rennen in Katar absolvierte, ist Nikita Mazepin.

George Russell stimmte dem Eindruck, den Perez von der Strecke erlangt hatte zu. Der Brite hatte bereits vor dem USA-GP am Simulator den neuen Kurs testen dürfen. "Es ist ein sehr cooler Circuit. Er ist sehr schnell und hat viel Flow, weshalb man nicht viel Zeit zum Verschnaufen hat."

Die einzige Verschnaufpause erlaubt wohl die Start-Ziel-Gerade, die eine Länge von 1,068-Kilometern aufweist und auf der sich der einzige DRS-Abschnitt befindet. Damit ist der Weg in Kurve 1 die beste und vermutlich sogar einzige realistische Überholstelle in Losail. Die Streckenverantwortlichen sehen das naturgemäß anders.

Auf der über einen Kilometer langen Start-Ziel-Geraden wurden in der MotoGP bereits Topspeed-Rekord aufgestellt., Foto: LAT Images
Auf der über einen Kilometer langen Start-Ziel-Geraden wurden in der MotoGP bereits Topspeed-Rekord aufgestellt., Foto: LAT Images

Noch nicht alle Fahrer konnten am Simulator schon Kilometer sammeln. Charles Leclerc verriet vor dem Brasilien-GP, dass er sich noch überhaupt nicht mit der Strecke befasst hatte. "Ich hatte leider keine Möglichkeit sie in der Sim zu fahren. Denn ich war seit der Woche vor dem US-GP nicht zuhause und wir werden vor dem Katar-Rennen nicht in die Fabrik kommen."

"Die beste Vorbereitung, die ich machen kann, besteht aus dem Schauen von Onboards", so Leclerc. Im Hintergrund habe Ferrari aber bereits Simulationen erstellt, außerdem haben sich die Sim-Piloten der Scuderia bereits an die Arbeit gemacht, um Daten zu sammeln. "Es ist (im Gegensatz zu Brasilien) wieder ein normales Rennwochenende, also haben wir FP1, FP2 und FP3, um uns an die Strecke zu gewöhnen", zeigte sich Leclerc gelassen.

WM-Kampf geht weiter: Wer ist im Vorteil?

Die Ausgangslage für den ersten von drei abschließenden Grands Prix auf der Arabischen Halbinsel ist schwierig zu bestimmen. Für Mercedes spricht nach der Parade-Vorstellung in Brasilien vor allem die reine Motoren-Power. Ohne Highspeed wird es für die Konkurrenz schwer, auf der Gerden Überholmanöver zu setzen. Red Bull punktete allerdings in dieser Saison bisher allgemein besser auf Strecken, die viel Abtrieb verlangen.

Mercedes-Teamchef Toto Wolff wollte keine Prognosen für den GP anstellen: "Das Kräfteverhältnis bleibt in dieser Saison weiterhin von Strecke zu Strecke unberechenbar", behauptete der Österreicher.

Für Mercedes wäre ein Sieg an diesem Wochenende besonders wichtig. Ein Erfolg würde den WM-Vorsprung von Verstappen auf höchstens acht Punkte schmelzen lassen. Mercedes gilt als klarer Favorit für den Saudi-Arabien-GP, der zwei Wochen nach Katar über die Bühne geht. Verstappen und Hamilton könnten somit auf Augenhöhe in das Finalrennen der Saison gehen.

Verstappen vs. Hamilton: Wer hat in Katar die Nase vorne?, Foto: Daimler AG
Verstappen vs. Hamilton: Wer hat in Katar die Nase vorne?, Foto: Daimler AG

Exakt umgekehrt sieht sieht die Rechnung bei Red Bull aus. Bei einem Verstappen-Sieg beträgt der WM-Vorsprung bereits 20 Punkte. Der Niederländer könnte dann die letzten beiden Grands Prix direkt hinter Hamilton beenden und wäre dennoch Weltmeister.

Entscheidung bei Ferrari vs. McLaren

Hinter dem Titelduell könnte es in Losail bereits zu einer Entscheidung im Kampf um den dritten Platz der Konstrukteurs-WM kommen. Ferrari hat seit dem Motor-Update in Russland beziehungsweise der Türkei einen deutlichen Zahn zugelegt und hatte McLaren bei den letzten drei Grands Prix im Griff.

Während das Team aus Woking in den letzten beiden Rennen insgesamt nur zwei Zähler einfahren konnte, war die Scuderia jeweils klar dritte Kraft. McLaren benötigt bereits ein Wunder um den Rückstand noch drehen zu können. Sollte sich der Trend in Katar fortsetzen, ist der Kampf praktisch durch.

Noch lange nicht vorbei ist hingegen das Duell zwischen Alpine und AlphaTauri um P5. Beide Teams sind punktegleich. Von der Pace her war das kleine Red-Bull-Team in den letzten GPs zwar stärker, konnte von dieser Pace aber jeweils nur mit einem Fahrer profitieren. In Brasilien hielt das Alpine-Duo Pierre Gasly nur mit einer voll gegen ihn abgestimmten Strategie auf Augenhöhe.

Wie wird das Wetter in Katar?

Ein weiterer Aspekt ist in Katar das Wetter. Die Temperaturen steigen auf bis zu 31 Grad. Obwohl die Formel 1 das Qualifying und das Rennen erst kurz nach dem Sonnenuntergang angesetzt hat, werden zu den Startzeiten von 17 Uhr (15 Uhr MEZ) an allen drei Tagen Temperaturen von circa 27 Grad erwartet.

Die Kombination aus schnellen Kurven und heißen Temperaturen verleitete Pirelli zu einer konservativen Herangehensweise. Der Reifenhersteller bringt für die Königsklasse die Reifenmischungen C1 bis C3 an die Strecke, also die härteste Variante. Ähnlich wie in Bahrain ist der Asphalt sehr rau und sorgt voraussichtlich für eine hohe Reifenabnutzung.