Formel-1-Hoffnung Oscar Piastri wird 2022 aller Wahrscheinlichkeit nach die Ersatzbank drücken. In der Formel 2 befindet er sich in seiner Rookiesaison auf dem Weg zum Titel, doch auch als Senkrechtstarter im Unterhaus der Königsklasse wird es mit dem Aufstieg wohl nichts. Der Australier sieht keine Chancen auf das letzte offene Cockpit bei Alfa Romeo. Er freundet sich bereits mit dem Gedanken an ein Übergangsjahr als Ersatzfahrer bei Alpine an.

"Meine Chancen, nächstes Jahr in der Formel 1 zu fahren, sind extrem gering. Ich denke, im Grunde habe ich keine", so der 20-Jährige in einem auf seiner Website veröffentlichten Interview. Nachdem er 2020 im ersten Anlauf den Titel in der Formel 3 gewann, stieg er dieses Jahr mit Prema Racing in die Formel 2 auf. Dort steht er nach sechs von acht Events an der Tabellenspitze, 36 Punkte vor seinem ersten Verfolger Guanyu Zhou. Der Chinese ist einer derjenigen, die mit ihm um den Platz bei Alfa Romeo Sauber buhlen.

Zhou und Giovinazzi bei Alfa Romeo in der Pole Position

"Zhou wird stark mit diesem Cockpit in Verbindung gebracht und dann ist da noch [Antonio] Giovinazzi, der im Moment dort ist", sagt Piastri, der seit Anfang 2020 zum Nachwuchskader von Renaults Formel-1-Team gehört. Damit ist er zwar ohnehin ein Außenseiterkandidat auf den Platz bei Alfa Romeo Sauber, doch ein definitives Ausschlusskriterium ist seine Beziehung zu einer anderen Marke nicht.

Alfa-Romeo-Teamchef Frederic Vasseur betont seit mehreren Wochen, dass er das Geschehen in der Formel 2 vor dem Hintergrund der Fahrerfrage genau im Auge behält. Darüber hinaus gibt es in der F1 immer wieder Übereinkünfte, bei denen ein Pilot trotz vertraglicher Bindung einem Rennstall überlassen wird. Mercedes verlieh Esteban Ocon an Renault und im kommenden Jahr wird Alexander Albon von Red Bull für den Einsatz bei Williams freigestellt.

Nachdem Ferrari seit 2018 Mitspracherecht für eines der beiden Cockpits bei Alfa Romeo Sauber hatte, können die Schweizer für nächstes Jahr erstmals wieder selbst entscheiden. Die heißesten Kandidaten für den zweiten Platz neben Valtteri Bottas sind Zhou und Giovinazzi. Beide haben etwas in der Hinterhand, womit Piastri nicht dienen kann.

Zhou hat neben Einzelerfolgen in der Formel 2 die Finanzkraft großzügiger chinesischer Gönner auf seiner Seite. Um Giovinazzi vor dem Aus zu bewahren, hatte der italienische Automobilclubs ACI im September eine staatliche Finanzspritze für den derzeit einzigen F1-Fahrer des Landes gefordert.

Oscar Piastri ist in der Formel 2 auf dem Weg zum Titel, Foto: LAT Images
Oscar Piastri ist in der Formel 2 auf dem Weg zum Titel, Foto: LAT Images

Piastri hofft auf Übergangsjahr mit F1-Praxis

In Anbetracht dieser Konstellation macht sich Piastri keine großen Hoffnungen. "Ich glaube nicht daran, dass ich nächstes Jahr in diesem Auto sitzen werde. Es ist die einzige Möglichkeit für nächstes Jahr und ich wäre sehr überrascht, wenn ich dort fahre", sagt er. Sollte er die Formel-2-Saison als Erster abschließen, wird er zwangsläufig in einer Sackgasse landen. Der Titelträger darf gemäß Reglement nicht weiter in der Nachwuchsserie antreten.

Dementsprechend läuft es für Piastri darauf hinaus, 2022 keine Rennen zu fahren. "Ich glaube, das realistischste Ziel ist, Reserverfahrer bei Alpine zu sein", erklärt er. "Ich gehöre zu ihnen und ich weiß ihre Unterstützung sehr zu schätzen, und ich denke, das beruht auf Gegenseitigkeit. Das wäre der logische Schritt."

Piastri ist als Teil des Nachwuchsprogrammes bereits als Simulatorfahrer beim F1-Team involviert. Im August durfte er in Monza mit einem Auto von 2018 erste reale Erfahrungen mit einem Formel-1-Boliden sammeln. Die Rolle als dritter Mann bei Alpine könnte im kommenden Jahr unter Umständen nicht ganz so trostlos aussehen, wie es sich momentan darstellt.

Die Formel 1 möchte die Einsätze junger Fahrer im 1. Freien Training des Grand-Prix-Wochenendes forcieren und für alle Teams verpflichtend machen. Darüber hinaus sind bis zu acht Testtage vorgesehen. "Wir müssen sehen, welches Programm wir zusammenstellen können. Hoffentlich werden es einige Test und FP1-Sessions", so Piastris Hoffnung.

Forderung an Alpine: Warteschleife nur für ein Jahr

Der Youngster aus Melbourne würde unter diesen Umständen ein Jahr in der Warteschleife verbringen, wie es bereits diverse Nachwuchstalente in der Formel 1 taten. Pierre Gasly wurde nach seinem GP2-Titel in der Super Formula geparkt, bevor er zu Toro Rosso einberufen wurde. "Ich freue mich nicht darüber, ein Jahr raus zu sein, aber ich akzeptiere es", sagt Piastri.

Den Weg von Giovinazzi möchte er allerdings nicht gehen. Der Italiener wurde nach dem Vizetitel in der GP2 für zwei Jahre im Ferrari-Simulator abgestellt und tat sich 2019 schwer, wieder in den Rennmodus zu kommen. Für Piastri wäre das keine Option: "Ich bin nicht bereit, zwei Jahre raus zu sein. Nächstes Jahr ist es okay, aber dann will ich auf jeden Fall einen Platz für 2023."