Max Verstappen hat 2021 in der Formel 1 zum ersten Mal den WM-Titel vor Augen und behauptet, trotz allem mit einem kühlen Kopf in die heiße Phase der Saison zu gehen. Da überrascht es nicht, dass Titelverteidiger Lewis Hamilton mindestens genau so entspannt auf die sieben ausstehenden Rennen blickt. Für Rekordweltmeister ist das Duell mit Red Bulls Ausnahmetalent sogar schon das zehnte dieser Art.

"Es ist nicht so, dass es ignoriert wird. Natürlich ist es da", sagt Hamilton über das ultimative Ziel des WM-Titels und davon untrennbaren Schlagabtausch mit Max Verstappen. Der 36-Jährige kennt dieses Gefühl seit seiner Debütsaison. 2007 fuhr er mit McLaren auf Anhieb gegen seinen damaligen Teamkollegen Fernando Alonso und Ferrari-Pilot Kimi Räikkönen um den Krone in der Königklasse.

Unter dem enormen Druck machte er damals auch kostspielige Fehler, wie zum Beispiel den Ausritt ins Kiesbett der Boxeneinfahrt von Shanghai, der ihn letztendlich die zwei WM-Punkte kostete, die zum Titel fehlten. Doch 13 Jahre und 281 Rennen später gehen ihm die Gedanken an WM-Stände im Auto nicht mehr durch den Kopf: "Es geht darum, zu verstehen, dass sein wird, was sein wird."

Verstappen und Hamilton mental auf Linie

Verstappen befindet sich zwar zum ersten Mal in dieser Position, doch der 24-jährige Niederländer blickt ebenfalls schon auf 134 Grands Prix zurück. Er beteuerte am Donnerstag vor dem Türkei GP, in den kommenden Rennen nur auf seine eigene Leistung zu schauen und sich vom Blick auf den Rivalen nicht ablenken lassen zu wollen. Etwas, das Hamilton schon lange beherzigt.

"Du kannst dich nur so gut wie möglich vorbereiten und 100 Prozent geben. Was dann kommt, wird kommen. Ich mache mir über diese Dinge einfach keine Sorgen", so der Mercedes-Pilot. "Wir hatten in der Vergangenheit viel Glück, ich hatte aber auch Höhen und Tiefen. Das war eine unglaubliche Zeit in der ich viel gewachsen bin und ich mache mir keine Sorgen um das, was kommt. Ich bereite mich nur auf das Jetzt vor."

Hamilton ein Meister der Ablenkung: Dampf ablassen

Sich von den Herausforderungen der Formel 1 abzulenken, hat der Brite über die Jahre gelernt. Sein Leben zwischen den Rennen findet auf allen möglichen Schauplätzen statt, wie zum Beispiel in der Welt der Mode. Nur einen Tag nach dem Unfall mit Max Verstappen in Monza war Hamilton auf der Met-Gala in New York anzutreffen. "Ich finde es sehr einfach [Abstand zu gewinnen], denn ich habe all diese Nebenschauplätze, bei denen ich auf unterschiedliche Weisen Dampf ablassen kann", erklärt er.

Während andere Profisportler nur schwer abschalten können und ihre Gedanken fast ununterbrochen um den nächsten Wettkampf kreisen lassen, sucht Hamilton genau das Gegenteil: "Ich liebe es, mich vom Sport zu lösen. Diese ganze Saison ist so intensiv, und es ist für alle an der Rennstrecke schwierig, etwas anderes zu haben, auf das sie sich fokussieren können und was ablenkt."

Als Hamilton mit seinem Wechsel zu Mercedes seinen Lebenswandel einleitete, der ihn zum umtriebigen Weltstar machte, wurde er von einigen Experten für seine vielseitigen Interessen kritisiert. Doch über die Jahre strafte er die Kritiker mit seinen Erfolgen Lügen. "Ich mache das jetzt schon eine lange Zeit. Ich habe Wege gefunden, die für mich funktionieren. Das funktioniert vielleicht nicht für jeden, aber ich weiß, wie ich ticke, was mich auf Kurs hält und auch was mich davon abbringt. Also bleibe ich dabei", sagt er.

Hamilton bewahrt sich den Spaß an der Formel 1

Seine Abstechern in die Parallelwelten sind der Grund, weshalb er immer wieder neue Motivation findet und die Freude an der Formel 1 trotz des Erfolgsdrucks nicht verliert: "Wenn ich zu einem Grand Prix komme, fühle ich mich immer frisch, denn ich habe nicht jeden Tag daran gedacht. Es ist das Wichtigste, dass man für die Rennen immer ausgeruht und positiv ist, und keine Sorgen hat."

Mit dieser Vorbereitung geht ihm auch die Arbeit außerhalb des Cockpits am Rennwochenende deutlich einfacher von der Hand. "Ich komme hier an und liebe es einfach, meinen Job zu machen. Ich nehme einfach ein Rennen nach dem anderen und wir versuchen uns zu verbessern. Wir haben dann auch noch jede Menge Zeit, darüber zu sprechen, wie wir besser werden können", so der Titelverteidiger. "Ich stelle nur sicher, dass ich auf das Jetzt vorbereitet bin und die Arbeit mit den Jungs in der Fabrik, mit Bono [Renningenieur Peter Bonnington] und dem Team erledigt habe."