Red Bull macht ernst: Wie der Automobilweltverband FIA am Dienstagnachmittag verkündete, machen die Bullen von ihrem Recht auf Neubeurteilung gebraucht. Die Österreicher fordern eine härtere Strafe für Lewis Hamilton, der für den Unfall mit Max Verstappen in Silverstone zehn Sekunden beim Boxenstopp absitzen musste.

Härtere Strafe für Hamilton? Stewards sichten neue Beweise! (06:55 Min.)

Die Strafe an sich konnte Red Bull nicht anfechten. Bei einer Zehn-Sekunden-Strafe während des Rennens handelt es sich nach dem Sportlichen Reglement der Formel 1 um eine Tatsachenentscheidung. Der International Sporting Code der FIA, der übergeordnet für alle Rennserien gilt, sieht aber in Artikel 14 das sogenannte Right of Review vor.

Dabei haben Teilnehmer die Möglichkeit, einen Fall neu beurteilen zu lassen. 14 Tage haben sie dabei Zeit, 'neue und signifikante' Elemente vorzubringen. Red Bull arbeitete zuletzt mit Hochdruck daran, neue Beweise zu finden.

Am Donnerstag des Ungarn GP kommt es um 16:00 Uhr zur Verhandlung. In einer Video-Konferenz dürfen jeweils drei Teammitglieder von Red Bull und Mercedes bei den Stewards des Großbritannien GP vorsprechen.

Verstappen vs. Hamilton: Eskaliert der WM-Kampf völlig? (01:00 Min.)

Zunächst wird allerdings nur darüber geurteilt, ob die eingebrachten Elemente von Red Bull 'neu und signifikant' sind. Stimmen die Stewards den neuen Beweismitteln zu, wird der Fall neu beurteilt. Sehen Nish Shetty, Dennis Dean, Loic Bacquelaine und Fahrer-Steward Emanuele Pirro keinen Grund, den Unfall erneut zu beurteilen, ist der Fall für immer geschlossen.

Die Chancen, dass es überhaupt zu einer Neubeurteilung kommt, stehen schlecht. Zuletzt scheiterte Ferrari mit einem solchen Antrag. Die Scuderia wollte die Szene zwischen Sebastian Vettel und Lewis Hamilton beim Kanada GP 2019 neu beurteilen lassen. Vettel hatte durch eine Fünf-Sekunden-Strafe den Sieg verloren.

Die Stewards beurteilten die sieben von Ferrari vorgebrachten Elemente als entweder nicht neu, signifikant oder beides. Ferrari wollte anhand von Telemetriedaten, weiterer Kameraperspektiven, GPS-Daten und einer Experten-Analyse von Karun Chandhok für Sky die Situation neu beurteilt wissen.

Und selbst wenn der Fall noch einmal geöffnet wird, ist fraglich, ob die Bestrafung härter ausfällt. Die Bullen forderten in Silverstone sogar eine Rennsperre für Weltmeister Lewis Hamilton. Prinzipiell besteht zwar die Möglichkeit, eine Rennsperre nach einem Unfall auszusprechen. Dafür wären aber Motive wie Absicht nachzuweisen. Für alle anderen Fälle wurde das Strafpunkte-System eingeführt. Sammelt ein Pilot zwölf Strafpunkte binnen eines Jahres, muss er ein Rennen aussetzen.

Das Regelwerk sieht folgende Strafen vor:

  • 5 Sekunden
  • 10 Sekunden
  • Drive Through (nachträglich angewandt 20 Sekunden)
  • 10 Sekunden Stop-and-Go (nachträglich angewandt 30 Sekunden)
  • Zeitstrafe (variabel)
  • Verwarnung
  • Strafversetzung für das nächste Event
  • Disqualifikation
  • Rennsperre für das nächste Event

Dabei ist aber bei Unfällen nicht genau geregelt, welche Strafe zur Anwendung kommt. Es liegt im Ermessen der Stewards, über das Strafmaß zu entscheiden. Es ist fraglich, ob Red Bull Beweise vorlegen kann, die die Stewards ihre Einschätzung komplett überdenken lassen.

Verstappen schied nach dem Kontakt mit Hamilton in der ersten Runde in Copse Corner aus und musste für Checks sogar ins Krankenhaus gebracht werden. Red Bull beklagte darüber hinaus einen Sachschaden von deutlich über einer Million Euro. Hamilton hingegen konnte die leichten Beschädigungen an seinem Fahrzeug während der anschließenden Rennunterbrechung beheben lassen und konnte trotz Strafe das Rennen gewinnen. Die Konsequenzen des Unfalls werden bei der Bestrafung aber nicht berücksichtigt.