Die Formel-1-Saison 2021 ist erst ein Rennen alt - aber dieses eine Rennen war richtig gut. Red Bull agierte endlich schon beim Auftakt-GP auf Augenhöhe mit dem großen Rivalen Mercedes, und alle hoffen jetzt auf einen echten engen WM-Showdown zwischen Lewis Hamilton und Max Verstappen.

Aber ist es dafür nicht ein bisschen früh? Erst drei Testtage und ein Rennwochenende sind erledigt, und Red Bull hat nicht gewonnen, und hatte Defekte zu verzeichnen. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt schließlich: In der Formel 1 gibt es reichlich Teams, die an großen Frühjahrs-Erwartungen gescheitert sind. Motorsport-Magazin.com blickt zurück auf falsche Hoffnungen in der Formel-1-Geschichte, und ihre Gründe.

Ferrari 2019: Großer Irrtum mit schweren Folgen

In der jüngeren Formel-1-Vergangenheit muss man nicht weit zurückblicken. Ferraris 2019er-Saison erfüllt schon alle Bedingungen. Nachdem die Scuderia 2017 und 2018 mit Sebastian Vettel schon realistische WM-Chancen hatte, schien sie 2019 mit dem SF90 geänderte Aero-Regeln richtig hinbekommen zu haben, und außerdem den stärksten Motor im Feld zu haben. Bei den Wintertestfahrten in Barcelona war man die klare Messlatte, und die direkten Gegner von Mercedes und Red Bull reisten mit vielen Sorgenfalten ab.

Ferraris 2019 wurde zum Desaster, Foto: LAT Images
Ferraris 2019 wurde zum Desaster, Foto: LAT Images

Statt Dominanz folgte aber ein Auf und Ab, mit starker Tendenz zu letzterem. Der SF90 erwies sich als schlecht ausbalanciert. Das Team hatte sich beim Vorsaison-Test im Programm verrannt, die größten Defiziente nicht erkannt. Probleme im Windtunnel verschlimmerten die Upgrade-Situation. Nur auf bestimmten Strecken war der SF90 gut. Und gerade dort wurden Sieg-Chancen durch Defekte und Fahrfehler vergeben. Bis zum ersten Triumpf in Belgien war die WM erledigt, Mercedes auf und davon.

Die Enttäuschung schien immerhin nach der Sommerpause vorbei: Die Upgrade-Probleme waren ausgeräumt, das Auto auf allen Strecken schnell. Bis die Konkurrenz bei der FIA Bedenken wegen dem Motor äußerte. Nach sechs Poles in Folge gab es Regel-Klarstellungen, und der SF90 war plötzlich nicht mehr schnell. Eine Kontroverse folgte, die hinter geschlossenen Türen beigelegt wurde. Ob und wie Ferrari beim Motor trickste, blieb im Dunkeln.

McLaren 2012: Aus Formtief wird Dauerzustand

McLaren suchte zu Beginn der 2010er meist den Anschluss zur Messlatte Red Bull. Mit dem MP4-27 gingen Lewis Hamilton und Jenson Button 2012 in die dritte gemeinsame Saison. Evolution stand auf dem Programm, und es begann vielversprechend. Bei den Tests war man an Red Bull dran, und war sich zum Auftakt in Australien sicher: Red Bull ist schlagbar.

Fast perfekter Australien-Auftakt für McLaren 2012, Foto: Sutton
Fast perfekter Australien-Auftakt für McLaren 2012, Foto: Sutton

Das unterstrich man gleich: beide Autos in der ersten Startreihe, im Rennen P1 für Button, P3 für Hamilton. In Malaysia wieder erste Startreihe, nur Regen ruinierte das Ergebnis. In China lief es wieder, P2 für Button und P3 für Hamilton. In beiden WM-Wertungen führend reiste das Team nach Bahrain - und erlebte ein Desaster. Ausfall und P8.

Einzelfall? Leider nein. Der MP4-27 und die Pirelli-Reifen verstanden sich nicht, Hamilton und Button konnten bis zur Sommerpause nur drei weitere Podien einfahren. Wenn ein Fahrer das Reifenfenster erwischte, war er schnell, aber das kam zu selten vor. Defekte und Strategie-Fehler machten die Rest-WM-Chance zunichte. Hamiltons Motivation schien darunter zu leiden, er verabschiedete sich in Richtung Mercedes. Zwei Siege in den letzten beiden Rennen waren zu spät, WM-P3 mäßig befriedigend. Buttons Brasilien-Sieg sollte obendrauf der vorläufig letzte des Teams werden.

BMW 2008: Fallstrick 2009

Die Ära BMW Sauber kam 2008 mit dem F1.08 in Schwung. BMWs Werks-Investition machten sich in der dritten gemeinsamen Saison bezahlt, und vom Start weg waren Robert Kubica und Nick Heidfeld vorne dabei. Drei Podien in drei engen ersten Rennen bescherte dem Team die Führung in der Konstrukteurs-WM, und langsam kristallisierte man sich als legitimer Sieganwärter heraus.

Den endgültigen Beweis trat Kubica in Kanada an, dort feierte er den ersten Sieg des Teams. Heidfeld machte es zum Doppelsieg. Kubica reiste vom siebten Lauf der Saison als WM-Führender ab, das Team lag auf P3. War der F1.08 das schnellste Auto? Nein, aber Kubica schlug sich im Mix mit Ferrari und McLaren beachtlich. Die WM-Chance lebte, erst recht mit Fehlern der Konkurrenz.

BMWs kanadischer Irrtum von 2008, Foto: Sutton
BMWs kanadischer Irrtum von 2008, Foto: Sutton

BMW Sauber aber setzte einen neuen Fokus. 2009 war eine Aero-Revolution angesagt, und die Entwicklung des nächstjährigen Autos rückte in den Vordergrund. Nach der Sommerpause stagnierte das Team, holte nur vier weitere Podien. Kubica, der sich mathematisch bis drei Rennen vor Schluss im Titelkampf hielt, schwört bis heute: Hätte man weiter entwickelt, wären Siege drin gewesen, vielleicht die WM. Bitter für ihn und BMW: Das 2009er-Auto wurde ein Fehlschlag, und das Programm vor 2010 eingestampft.

Formel 1 in den 1980ern: Das Leid der Zuverlässigkeit

Ein Klassiker der falschen Hoffnungen: Unzuverlässige Autos, die in den ersten Rennen durch Zufall besser abschneiden. Mehrere Teams können in den 1980ern ein Lied singen. Lotus schien nach einem Formtief mit dem 97T 1985 zurück an die Spitze gefunden zu haben. Senkrechtstarter Ayrton Senna und Elio de Angelis holten in den ersten vier Rennen vier Podien, zwei davon Siege, und de Angelis führte die WM an. Dann begann Senna eine Serie von sechs Rennen ohne Punkte, und de Angelis pendelte sich mit durchschnittlicher Form ein. Größtes Desaster ein Doppel-Ausfall auf dem Nürburgring, Senna in Führung liegend. Die darauffolgenden fünf Podien reichten nur für WM-P4.

Ähnlich die Geschichte von Renault mit dem RE30 von 1982. Hatten die Franzosen ihre Turbo-Motoren, die sie 1979 eingeführt hatten, endlich im Griff? Nachdem Alain Prost die ersten beiden Rennen gewann, keimte Hoffnung auf. Dann folgten sieben Rennen, wo weder Prost noch Rene Arnoux punkteten. Die elektronische Benzineinspritzung war suspekt, die Wiederauferstehung zu Saisonende kam zu spät und brachte nur WM-P3 ein.

Renault und Alain Prost fielen 1982 zu oft aus, Foto: Sutton
Renault und Alain Prost fielen 1982 zu oft aus, Foto: Sutton

Ein Sonderfall: Ferrari 1989. Der brandneue 640 war bereits verspätet, ein revolutionäres semiautomatisches Getriebe wurde verbaut. Trotz Verzögerung hatte das Team beim Debüt 1989 in Brasilien Zuverlässigkeits-Sorgen. Fahrer Nigel Mansell hatte angeblich schon einen frühen Heimflug gebucht. Dann gewann er. Waren die Sorgen unbegründet? Sollte diese Hoffnung je aufgekommen sein, zerschlug sie sich mit fünf Rennen ohne Zielankünfte. Mit dem 640 gab es nur zwei mögliche Ergebnisse: Podium oder Ausfall.

Ligier 1979: Zu schnelle Fehlkonstruktion

Das heißt aber nicht, dass es nicht auch in der älteren Formel-1-Geschichte Teams gab, die sich mit Design und dergleichen verzettelten. Ligier schien mit dem JS11 1979 ein großer Wurf gelungen zu sein. Ein Ground-Effect-Auto mit Unmengen an Downforce, und Jacques Laffite dominierte die ersten beiden Rennen in Argentinien und Brasilien.

In Brasilien lief es für Ligier noch, Foto: Sutton
In Brasilien lief es für Ligier noch, Foto: Sutton

Aber Ligier hatte den JS11 nicht durchdacht. Der Ground Effect produzierte mehr Abtrieb als das leichte Aluminiumchassis vertrug. Das Auto begann sich zu verbiegen, verlor so Abtrieb und wurde unberechenbar. Die Dominanz des Auftakts ein Trugschluss, über die Saison hinweg nicht zu halten. Es blieb nur WM-P3.