Carlos Sainz fährt im Alter von 26 Jahren schon für das vierte Team in der Formel 1. Der Wechsel zu Ferrari ist für den ehemaligen Red-Bull-Junior die Erfüllung seines großen Traums. Das neue Auto gibt dem Spanier nach nur anderthalb Testtagen vor dem ersten Rennen 2021 in Bahrain allerdings noch Rätsel auf. Unterschiede zum McLaren im Cockpit riesig, auf dem Papier nur marginal.

"Angesichts der gegebenen Möglichkeiten haben wir im Winter einen ziemlich guten Job gemacht, mich so gut wie möglich vorzubereiten", so Sainz vor dem Auftakt auf dem Bahrain International Circuit. Doch hat das gereicht, um sich im Cockpit des SF21 so zuhause wie Teamkollege Charles Leclerc zu fühlen? "Wahrscheinlich nicht."

Der Nachfolger von Sebastian Vettel hätte sich mehr Vorlauf gewünscht: "Ich habe viele Runs im Simulator absolviert und die drei Tage hier liefen rund. Ich wünschte, ich hätte mehr Kilometer im Auto gehabt und die Wintertestfahrten wären länger. Aber unter Berücksichtigung dessen, sind wir bereit, loszulegen."

Wind-Probleme und planmäßige Fahrfehler

Die Testfahrten beendete er auf Platz drei der kumulierten Zeitenliste. Auf den ersten Blick kein schlechter Auftakt, doch Sainz hat den Ferrari noch nicht richtig entschlüsselt. "Ich bin überrascht, wie unterschiedlich sich die F1-Autos anfühlen und wie eng es im Qualifying ist. Das ist eine schöne Sache an der Formel 1, die du in den anderen Rennserien nicht hast", sagt er. Sein 119. Start in der Königklasse wird sein erster für die Scuderia. Er ist einer von vier Fahrern, die für dieses Jahr das Team gewechselt haben.

Sergio Perez, Sebastian Vettel und Daniel Ricciardo haben ebenfalls die Fronten gewechselt - und wie sie betont auch Sainz, dass er mit dem neuen Arbeitsgerät noch lange nicht warm geworden ist: "Die Unterschiede sind unglaublich. Ich verstehe immer noch nicht, wie sich diese Autos so anders anfühlen aber ähnliche Rundenzeiten fahren können. Das ist sehr interessant, denn jedes Auto hat seine Stärken und Schwächen, die dich überraschen."

Auf der Suche nach dem Limit war er hin und wieder auch neben der Strecke zu sehen. "Ich habe ein paar Fehler gemacht und die habe ich gerne gemacht, denn ich wollte sie machen. Das war auch der Plan für diesen Test. Gerade für mich, der das Limit des Autos noch nicht kennt und in Erfahrung bringen muss", so Sainz, dem das richtige Gefühl für die Aerobalance auch aufgrund der Bedingungen abging.

"Es ist eine sehr übliche Rennfahrerausrede, weil mittlerweile bei jedem Unfall oder Rutscher gesagt wird, dass es am Wind lag. Aber es ist mit diesen Autos wirklich sehr schwierig, mit dem Wind", erklärt er. "Es ist schwer zu erklären, wie sich Grip und Balance bei einer Windböe von nur 5 oder 10 km/h verändern und es dich wegpusten kann."

Sainz kennt sich mit Wechsel-Situation aus

Für Sainz sind all diese Erfahrungen allerdings nichts gänzlich Neues. Seit seinem Debüt im Jahr 2015 ging er für Toro Rosso, Renault und McLaren an den Start. Mitte 2007 wechselte er sogar mitten in der Saison von seinen Förderern zum französischen Werksteam, wodurch er die Umstellung auf ein neues Auto ganz ohne Testvorbereitung zu absolvieren hatte.

"Ich denke, es hilft mir, dass ich die Erfahrung häufiger Teamwechsel habe", sagt er. Allerdings sei das auch kein Allgemeinrezept für einen erfolgreichen Übergang. "Es gibt keine Faustregel, nach der es drei, fünf oder sieben Rennen dauert. Es hängt wirklich davon ab, welches erste Gefühl das Auto dem Fahrer vermittelt, und wie es in den ersten paar Rennen läuft."

Perez gibt sich bei Red Bull fünf Rennwochenenden, um sein Potential im RB16B voll auszuschöpfen. "Sicher ist, dass du im ersten Rennen niemals so bereit bist, wie du es im zweiten oder dritten Jahr mit einem Auto oder Team bist", sagt Sainz. "Es ist auch sehr unterschiedlich, wie lange ein Fahrer benötigt. Bei manchen Teams hat es für mich nur zwei Rennen gedauert, bei anderen deutlich länger."