George Russell steht in Abu Dhabi für seinem zweiten Formel-1-Rennen für Mercedes. Ohne negativen Corona-Test von Lewis Hamilton bereitet sich der Youngster zunächst wie geplant auf seinen Einsatz vor. Nach seinem fulminanten Auftritt in Bahrain war er in aller Munde, was er zum Anlass nahm, mit einer gewagten Aussage Druck auf Mercedes-Teamchef Toto Wolff auszuüben. Wenige Tage später rudert er zurück. Der Hype hat sich gelegt und Russell schafft klare Verhältnisse.

"Das war einfach nur ein wertloser Kommentar in der Hitze des Gefechts. Es war sehr emotional", stellt Russell klar, dass sein Statement nach dem Mercedes-Debüt nicht so viel Gewicht hatte, wie es auf den ersten Blick schien. Der 22-Jährige hatte sich trotz der im Weltmeister-Team mit Lewis Hamilton und Valtteri Bottas für 2021 gesetzten Fahrerpaarung dazu hinreißen lassen, sich in den Vordergrund zu drängen: "Was Toto angeht, habe ich ihm hoffentlich Kopfschmerzen bereitet, und zwar nicht nur für 2022, sondern schon für davor."

Zwar hat der amtierende Weltmeister noch keinen neuen Kontrakt unterzeichnet, doch laut Wolff gibt es am Line-Up nichts zu rütteln - und zwar genau so wenig wie an der vertraglichen Situation Russells. Der Mercedes-Junior unterschrieb 2019 für zwei weitere Jahre bei Williams und wurde im Rahmen des Grand Prix in Imola für das kommende Jahr noch einmal bestätigt. "Ich habe einen Vertrag und bin 2021 Williams-Fahrer", stellt Russell klar.

Williams soll von Mercedes-Gastspiel profitieren

Andererseits handelt es sich bei diesem Vertrag um einen, den der britische Traditionsrennstall mit Mercedes geschlossen und nicht mit Russells selbst abgeschlossen hat. "Ich habe 2016 einen Vertrag mit Mercedes abgeschlossen und sie sind meine Manager", erklärt er. Für ein weiteres Jahr bei Williams geparkt zu sein, macht ihm nichts aus: "Sie haben in mich investiert und an mich geglaubt und das bedeutet mir unheimlich viel. Ich bin Mercedes verpflichtet. Ich bin froh und zuversichtlich, was meine Position unter ihrer Führung angeht."

Nach der Übernahme durch Investor Dorilton Capital und die damit einhergehende finanzielle Stabilität nimmt Williams 2021 das Mittelfeld ins Visier. Russell hofft, dass sein Ausflug zu Mercedes sich auch in Grove positiv auswirken wird. "Die Jungs bei Mercedes arbeiten auf so einem hohen Level, was absolut jedes Detail angeht. Dort wird nichts unversucht gelassen und das ist der Grund für ihre Pace und dafür, dass sie die Besten sind und dominieren. Es gibt ein paar Dinge, die ich zu Williams mitnehmen kann", so Russell.

Neben dem Einblick in die Prozesse und Strukturen im Weltmeister-Team hat der Brite aber vor allem mental von seinem Einsatz im besten Auto des Feldes profitiert. "Ich bin jetzt ein besserer Fahrer. Ich habe mehr Selbstvertrauen und diese Dinge werden helfen, das Team anzutreiben", glaubt er.

Russell-Einsatz hängt von Hamiltons Corona-Test ab

An diesem Wochenende könnte er allerdings noch einmal in den Genuss des Weltmeisterautos kommen. Da Hamilton am Donnerstag vor dem Abu Dhabi GP noch keinen negativen Coronatest vorweisen konnte, plant das Team mit Russell. "Wenn Lewis ein negatives Testergebnis hat, wird er im Auto sitzen. Aber die Vorbereitung läuft ganz normal. Am Morgen bin ich mit den Ingenieuren alles durchgegangen und wir handhaben es so, als ob ich dieses Wochenende den Mercedes fahre", so Russell.

Nachdem er in Bahrain einen Kaltstart hinlegte, fühlt er sich für einen zweiten Einsatz deutlich besser vorbereitet. "Wir haben am Lenkrad ein paar Dinge anders gemacht. Das sollte es mir leichter machen und nach einem Rennwochenende in dem Auto sollte sich alles etwas natürlicher anfühlen", so seine Erwartungen für die Ausfahrt auf dem Yas Marina Circuit.

Russell stapelt für zweiten Mercedes-Einsatz tief

Gleichzeitig will er die Erwartungen nach seinem bombastischen Einstand beim Sakhir GP nicht allzu hoch ansetzen: "Es wird schwer. Letztes Wochenende haben wir die Erwartungen absolut übertroffen. Valtteri hat mich vom Freitag an gepusht, mit seiner Pole und auch im Rennen. Hier sind wir zurück auf einem gewöhnlichen Kurs und es wäre toll, noch einmal die Chance zu bekommen."

Die Enttäuschung über den durch einen Boxenstopp-Fehler und einen Reifenschaden verpassten ersten Sieg hat er mittlerweile verarbeitet. "Nachdem ich Zeit hatte, das Wochenende Revue passieren zu lassen, habe ich es erhobenen Hauptes hinter mir gelassen. Ich bin stolz auf unseren Job und das, was wir erreicht haben", sagt er. "Es war natürlich sehr emotional. Es war nicht nur meine erste Möglichkeit, einen Sieg zu holen, sondern auch, einen Punkt zu holen. Das hat also einen großen Unterschied gemacht und das gleich zwei Mal zu verlieren, war schwierig."