Haas setzt ab der Formel-1-Saison 2021 mit Nikita Mazepin erstmals in der jungen Teamgeschichte auf einen Paydriver. Teamchef Günther Steiner will von einem Ausverkauf der Cockpits nichts wissen. Die Entscheidung des Rennstalls sei viel mehr eine Verbindung sportlicher sowie kommerzieller Vorzüge. Mazepin lässt sein Platz in der Bezahlfahrer-Schublade neben Lance Stroll und Nicholas Latifi kalt.
"Wenn du ein Business hast, investierst du eine Zeit lang und an einem Punkt musst du versuchen, dass es sich selbst trägt und ein Geschäft ist. Das gehört dazu", rechtfertigt Steiner die von ihm und Teambesitzer Gene Haas getroffene Wahl. "Wir haben Haas als Name in der F1 etabliert und müssen das jetzt nicht mehr vorantreiben. Somit sind wir für kommerzielle Partner offen. Dmtry Mazepin [Vater von Nikita Mazepin] hat ein Unternehmen und wenn er als Sponsor andockt, warum nicht?"
Durch das Budget aus dem Industriekonzern von Gene Haas erlaubte sich das Team seit der Debütsaison 2016 stets den Luxus, auf etablierte Profis zu setzen. Im ersten Jahr trat das Team mit Romain Grosjean und Esteban Gutierrez an. Letzterer wurde 2017 durch Kevin Magnussen ersetzt, der daraufhin an der Seite Grosjeans fuhr. Die erfahrene Fahrerpaarung bekam vor wenigen Wochen nach vier gemeinsamen Jahren den Laufpass. Haas will auf frischen Wind setzen - und sagt zu Annehmlichkeiten in Form zusätzlichen Budgets nicht nein.
Steiners Rechnung: Talent + Geld = Deal
"Wenn jemand in der F2 gut ist und einen Sponsor hat, ist das die perfekte Lösung", so Steiner, der nicht nachvollziehen kann, dass Paydrivern ein negativer Ruf anhaftet. "Wir haben sehr gute Fahrer in der Formel 1, die zu Beginn einen Sponsor mitgebracht haben. Der erste der mir einfällt, ist Checo [Sergio Perez]. Als er in die F1 kam nannten ihn alle einen Paydriver, aber schaut ihn euch heute an. Er fährt aufs Podium und macht einen tollen Job."
Darüber hinaus sieht er auch bei den Top-Talenten aus den Förderkadern der Hersteller und Top-Teams die finanzielle Komponente. "George Russell ist einer der besten Fahrer, aber ohne die Hilfe von Mercedes wäre er nirgends", so Steiner, der in Mazepin ein Talent mit finanziellen Vorzügen sieht: "Wenn jemand gut ist und dazu noch einen finanziellen Hintergrund hat, hat er bei uns bessere Chancen als jemand, der genauso gut ist aber diesen Hintergrund nicht hat. Warum solltest du denjenigen wählen, der kein Budget im Rücken hat?"
So logisch die Worte Steiners auch klingen, der Ruf der Paydriver kommt nicht von ungefähr. Fahrer die nur durch ihr Budget zu einem Cockpit kamen, hat es in der Formel 1 schon immer gegeben. Und auch wenn das Niveau dieser Piloten höher als vor 20 oder 30 Jahren ist, so ist auch der Wettbewerb mit zunehmender Leistungsdichte enger geworden. Stroll gewann in vier Jahren noch keines seiner teaminternen Duelle und Latifi kommt in dieser Saison bei Williams gegen Russell auf keinen grünen Zweig.
"Wir haben ihn ausgewählt, weil er in der F2 gute Leistungen zeigt", so Steiner über Mazepin. "Die F1 ist natürlich der ultimative Test und wenn er an irgendeinem Punkt nicht auf demselben Level wie die anderen fahren kann, wird es das Aus für ihn sein. Aber die Entscheidung kann ich nicht für ihn treffen. Aber ich glaube, dass er in der F1 erfolgreich sein will."
Mazepin sieht in sich keinen eindimensionalen Rennfahrer
Für sein F1-Debüt wurde der 21-Jährige aus Moskau seit vielen Jahren vorbereitet. 2016 testete er erstmals für Force India. Insgesamt hielt er bis 2018 acht Testtage für den heutigen Racing-Point-Rennstall ab. 2019 durfte er in Ungarn als Young Driver für Mercedes ins Lenkrad greifen. Mit dem Weltmeister-Team absolvierte er außerdem mehrere private Tests in älteren Autos.
Ein ähnliches Programm wurde auch Stroll bei Williams durch das Geld des Vaters ermöglicht. Zu einem Piloten wie dem Kanadier sieht Mazepin allerdings grundlegende Unterschiede. "Ich hatte das Glück, mich anders als vielleicht die meisten Fahrer, auch neben meiner Rennfahrerkarriere intensiv meiner Bildung zu widmen. Ich habe die Schule beendet und studiere momentan an der Universität", sagt er.
Abseits der Rennstrecke eine Karriere zu verfolgen, habe sich positiv auf seine persönliche Entwicklung ausgewirkt. "Ich würde sagen, diese Ausbildung hat mir geholfen reifer zu werden und sie fordert deinem Gehirn komplexere Denkprozesse ab", so Mazepin, der ungeachtet der persönlichen Hintergründe bei Stroll und Latifi keinerlei Defizite erkennen kann: "Sie sind sehr gute, professionelle Rennfahrer die beide in ihren Formelkarrieren unglaubliche Resultate eingefahren haben."
Für Steiner wird der Erfolg seines Fahrers vor allem davon abhängen, ob er sich in der harten Welt der Formel 1 ein dickes Fell anlegen kann. "Er muss Selbstvertrauen haben, es zu schaffen, denn er wird das noch tausend Mal gefragt. Da muss er einfach drüber stehen, so wie Lance es macht. Der ist damit aufs Podium gekommen, also war das gut", so der Südtiroler.
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