Der Bahrain GP 2020 war ein wahrer Kracher - zumindest zu Beginn durch die beiden Unfälle Romain Grosjeans und Lance Strolls. Nach dem Safety-Car-Restart nahm das Formel-1-Rennen in Sakhir an der Spitze allerdings nie richtig Fahrt auf. Lewis Hamilton setzte sich von Max Verstappen zwar nicht deutlich ab, wirklich in Gefahr schien der Sieg des Weltmeisters allerdings nie.

Ein Umstand, der Verstappen nach dem Rennen extrem ärgerte. "Ich sage nicht, dass wir heute die bessere Pace hatten, aber wir hätten sie mehr unter Druck setzen können", erklärte der Red-Bull-Pilot seinen Frust.

Bahrain: Red Bull für Verstappen zu konservativ

Der 23-Jährige konkretisiert: "Bei der Strategie haben wir heute keinen guten Job gemacht." Verstappen störte sich vor allem an der Zurückhaltung seines Teams. Das wurde bereits während des Rennens am Boxenfunk offensichtlich, als Verstappen ankündigte, einfach voll pushen zu wollen - komme, was wolle.

„Ich wäre gerne aggressiver gewesen, ich verstehe nicht, warum wir so konservativ waren. Wir hatten ja nichts zu verlieren“, sagte Verstappen nach dem Rennen. „Das hat man ja gesehen, ich habe noch einen Stopp gemacht und war noch immer Zweiter.“

Drei Stopps trotz Safety Car? Verstappen: No-Go!

Damit zielte Verstappen auf den dritten Boxenstopps eines Rennens in Runde 46. Diesen letzten Reifenwechsel selbst verstand der Niederländer nicht. „Nach dem Safety Car waren drei Stopps ein No-Go. Ich weiß nicht, warum wir das gemacht haben“, wunderte sich der Niederländer.

Zweigeteilt! Warum fing Grosjeans Formel 1-Auto Feuer?: (12:27 Min.)

Tatsächlich hatte das frühe Safety Car wegen der Bergung Strolls zusammen mit dem Unfall Grosjeans am Start dafür gesorgt, dass der eigentlich 57 Runden lange Bahrain-GP so richtig erst in Umlauf neun begann. „Es hätte ein idealer Dreistopper sein können, durch das Safety Car wurde es zu einem Zweistopper“, musste da selbst Teamchef Christian Horner auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com zur Verstappen-Kritik gestehen.

Verstappen kritisiert: Undercut gegen Hamilton verpasst

Mehr als an Stopp Nummer drei störte sich Verstappen jedoch an den Stopps Nummer eins und zwei - aus unterschiedlichsten Gründen. Der erste Service in Runde 20 kam Verstappen zu spät. „Beim ersten Stopp hätten wir vor Lewis reinkommen müssen, nicht umgekehrt“, kritisierte Verstappen. Tatsächlich - Hamilton war schon in Runde 19 gekommen, so war Mercedes einem Undercut Red Bulls zuvorgekommen.

Umso bitter, weil es in Bahrain geschah. Weil die Reifen beim Wüstenrennen ganz besonders leiden, bringt ein Undercut in Bahrain mehr als auf den meisten Strecken im Formel-1-Kalender. „Nach dem ersten Stopp hatte ich den harten Reifen, das war der richtige Reifen, sodass ich die Lücke gleich etwas zugefahren habe. Aber ich hatte durch den eine Runde späteren Stopp schon eine oder zwei Sekunden verloren“, haderte Verstappen. Das bestätigt ein Blick in den Gap-Chart. In Runde 18 lag Verstappen 4,6 Sekunden hinter Hamilton, in Runde 21 waren es 5,6.

Red Bull undercuttet im zweiten Versuch, patzt aber

Teamchef Horner erklärte den späteren Stopp mit den engen Abständen. „Diese acht Runden [hinter dem Safety Car zu Beginn] haben außerdem dafür gesorgt, dass das Feld nicht so auseinandergezogen war. Ich weiß nicht, was wir hätten machen sollen. Wenn wir früher zum ersten Stopp gekommen wären, hätte er Autos überholen müssen“, sagte der Brite.

Danach fuhr der Niederländer die Lücke zunächst tatsächlich etwas zu, auf vier Sekunden, ehe die Schere wieder weiter auseinander ging. Und diesmal gelang Red Bull der Undercut - in Runde 34 kam Verstappen zum zweiten Service, erst eine Runde später Hamilton. 5,7 Sekunden Abstand vor den Stopps waren allerdings eine Hausnummer - selbst in Bahrain. Dann kam es noch schlimmer.

Max Verstappen trotz langsamem Stopp dran

Die Boxenstopp-Götter von Red Bull leisteten sich einen seltenen Patzer bei Reifenwechsel. So verbrachte Verstappen 2,6 Sekunden länger in der Boxengasse als Hamilton. „Der zweite Stopp war dann nicht gut. Ich weiß nicht warum, aber so war ich noch weiter hinten. Ich war immer vier Sekunden dahinter. Da ist all das, was wir heute falsch gemacht habe, sehr kostbar“, klagte Verstappen.

Tatsächlich reichte der Undercut allerdings noch aus, um den Rückstand trotz des Patzers zu verringen. Aus 5,7 Sekunden in Runde 33 waren in Runde 36 nur noch 3,7 Sekunden geworden. Zieht man die 2,6 beim Stopp verlorenen Sekunden ab, wäre Hamilton noch immer gut eine Sekunde vorne gewesen. Doch hatte Verstappen ohnehin gesagt, nicht besser gewesen zu sein, sondern lediglich gesagt, Red Bull hätte Mercedes zumindest etwas mehr unter Druck setzen können.

Die Sache mit dem Känguru

Das sah Horner nicht anders. „Leider hatte Mercedes einfach dieses kleine bisschen zu viel Pace und die Reifen zu gut am Leben gehalten“, sagte der Teamchef. „Ich glaube, es macht keinen Sinn jetzt darüber zu sprechen. Ich glaube, es macht auch wenig Sinn, während des Rennens zu diskutieren“, sagte Verstappen. „Es ist sowieso das Ende der Saison und alles ist entschieden. Aber verstehen muss ich es. Ich werde mit ihnen [dem Team] sprechen.“

Verstappens ‚Känguru‘-Springerei zu Rennbeginn soll unterdessen nicht den entscheidenden Nachteil gebracht haben. „Das hat sich zu Beginn nicht gut angefühlt, wurde über das Rennen aber besser“, sagte Verstappen über seinen kuriosen Funkspruch in der Frühphase des Rennens.