Sebastian Vettel hat scharfe Kritik an einer pikanten Szene im Qualifying des zurückliegenden Türkei Grand Prix der Formel 1 geübt. Im Zeittraining auf dem Intercity Istanbul Park startete die Rennleitung das Q2, obwohl die Bergungsarbeiten des in der ersten Session der Qualifikation verunfallten Williams-Piloten Nicholas Latifi noch nicht vollständig abgeschlossen waren. So fuhren die Piloten in letzter Konsequenz direkt an der Unfallstelle vorbei, als sich in der Auslaufzone noch immer ein Bergungskran befand.

Für den vierfachen F1-Weltmeister Vettel eine nicht zu akzeptierende Szene. „Wir sind alle Menschen, Fehler passieren. Aber für diesen Fehler gibt es null Toleranz“, polterte Vettel am Sonntagabend nach dem Rennen in einer Ferrari-Pressekonferenz für Printmedien. „Das ist uns allen sehr bewusst“, ergänzte der stellvertretende Direktor der Fahrergewerkschaft GPDA. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass das in Zukunft nicht mehr passieren wird. Wir werden sicherlich darüber sprechen, um die Gründe zu erfahren, warum es passiert ist.“

Charles Leclerc erinnert an tödlichen Kran-Unfall Jules Bianchis

Teamkollege Charles Leclerc stimmte Vettel zu. „Wir waren alle schockiert, das zu sehen und werden im nächsten Fahrerbriefing alle darüber sprechen, ums so etwas in Zukunft zu vermeiden“, sagte der Monegasse. „Wir wissen alle, was in der Vergangenheit in solchen Situationen geschehen ist. Das sollte nicht passieren. Wir müssen sicherstellen, dass es nicht wieder passiert“, ergänzte Leclerc, angesprochen auf den tödlichen Unfall Jules Bianchis in Suzuka 2014.

Der Franzose war beim Japan Grand Prix bei ähnlich widrigen Bedingungen wie nun im Qualifying in Istanbul abgeflogen - und mit seinem Boliden unter einen Bergungskran in einer Auslaufzone gerutscht. Seitdem achtet die Formel 1, oder besser gesagt die Rennleitung, eigentlich penibel auf derartige Situationen. „Sicherheit ist die höchste Priorität. Das habe ich schon immer gesagt“, betonte Rennleiter Michael Masi am Sonntagabend in Istanbul.

FIA-Rennleiter Masi fühlte sich mit Freigabe wohl

Bereits am Samstagabend hatte die FIA ein Statement des Australiers herausgegeben. Darin betonte Masi, auf Empfehlungen des Clerk of the Course gehandelt zu haben. Die lokalen Verantwortlichen der Strecke hätten angegeben, der Kran würde sich vollständig von der Strecke entfernt haben, bis die Autos die betreffende Kurve (acht) erreicht hätten. Sobald klar gewesen sei, dass es sich dabei um eine Fehleinschätzung gehandelt habe, hätte die Rennleitung reagiert und den Bereich der doppelt gelb geschenkten Flagge bis auf Kurve sieben erweitert. „Um die Autos auf ihren Outlaps noch weiter einzubremsen“, erklärte Masi.

Rückblickend sei es dennoch ein Fehler gewesen, die Boxenampel auf Grün zu schalten, ehe der Kran sich tatsächlich entfernt hatte. Das bekräftigte Masi am Sonntagabend abermals. In der Situation selbst habe er sich mit seinem Handeln dennoch wohl gefühlt. Masi: „Der Kran war schon auf dem Weg und der Barriere ziemlich nah. Man hat uns versichert, dass rechtzeitig alles geklärt sein würde. Wenn ich alles betrachte, fühlte ich mich auf dieser Grundlage, mit den Zusicherungen der Lokalen, mehr als wohl.“ Gründlich analysiert werde der Vorfall - oder „Ausreißer“, so Masi - nun ohnehin.

Sebastian Vettel auch in Imola mit Sicherheitsbedenken

Schon vor Vettel und Leclerc hatten diverse andere Fahrer den Vorfall kritisiert, darunter Alexander Albon, Daniel Ricciardo und, via Twitter, Ex-F1-Pilot Marcus Ericsson. Vettel unterdessen hatte erst zuletzt in Imola Sicherheitsbedenken zu einer völlig anderen Szene geäußert (s. Link oben) - den Rückrundungsvorgängen in einer Safety-Car-Phase, wenn sich noch Streckenposten auf der Strecke befinden. Hier unterbreitete der Deutsche der FIA bereits einen Vorschlag, wie man derartigen Gefahren durch eine technische Lösung vorbeugen könne.

Peinlich für die Formel 1! - Vettel übt harte Kritik (16:43 Min.)