Michael Schumacher begeht heute seinen 55. Geburtstag. Mit 91 Formel-1-Siegen ist er zwar seit 2020 nicht mehr der Rekordsieger der Königsklasse, doch das tut seinem Legendenstatus keinen Abbruch. Für Motorsport-Magazin.com ist das Grund genug, um auf die zehn größte, denkwürdigsten und schönsten Siege des erfolgreichsten deutschen F1-Fahrers aller Zeiten zu werfen.

Belgien 1992 - Das Erstlingswerk des Rekordweltmeisters

Nur ein Jahr nach seinem überraschenden Debüt gelang Michael Schumacher in Spa-Francorchamps der große Durchbruch. Mit Ayrton Senna, Alain Prost und Co. auf Tuchfühlung gegangen war der Newcomer bis dahin schon längst, nur der erste Sieg schien noch in weiter Ferne. Doch auf der Ardennenachterbahn bot sich Schumacher überraschend die Chance, und er schlug eiskalt zu. Vom dritten Startplatz aus ins Rennen gegangen, traf er bei wechselhaften Bedingungen die richtigen Entscheidungen.

Michael Schumacher gelang schon im 18. F1-Rennen der erste Sieg, Foto: Sutton
Michael Schumacher gelang schon im 18. F1-Rennen der erste Sieg, Foto: Sutton

Auf abgefahrenen Regenreifen kam Schumacher in der 30. Runde in Stavelot kurz von der Strecke ab und verlor seine Position an Benetton-Teamkollege Martin Brundle. Für den späteren Sieger ein Aha-Moment. Auf den Regenreifen des Briten erkannte der junge Deutsche Blasenbildung und nahm dies zum Anlass, die Box anzusteuern und zurück auf Slicks zu wechseln. Die Konkurrenz reagierte zu spät auf diesen Schachzug und Schumacher feierte den ersten seiner 91 Siege.

Brasilien 1994 - Sennas neuer Herausforderer

Für den Weltmeistertitel 1994 gab es vor dem Saisonstart genau einen Favoriten: Williams-Pilot Ayrton Senna. Nachdem der beste Fahrer im Feld nach mehreren Anläufen endlich den Wechsel zum besten Team vollzogen hatte, schien sein vierter WM-Titel nur noch Formsache. Doch gleich beim ersten der 16 Saisonrennen musste Senna trotz Pole Position feststellen, dass er auch nach dem Rücktritt von Erzrivale Alain Prost an der Spitze der Formel 1 nicht alleine war.

Mit seinem Sieg beim Auftakt 1994 kündigte sich Schumacher als Titelrivale für Ayrton Senna an, Foto: LAT Images
Mit seinem Sieg beim Auftakt 1994 kündigte sich Schumacher als Titelrivale für Ayrton Senna an, Foto: LAT Images

Ausgerechnet beim Heimspiel in Interlagos fügte ihm Michael Schumacher eine regelrechte Demütigung zu. Erst jagte der Youngster das Idol der Massen wie besessen, dann leistete die Benetton-Crew beim direkten Duell in der Box bessere Arbeit und brachte Schumacher in Führung. Sennas verzweifelter Versuch den Anschluss zu halten, endete in einem Dreher, bei dem er den Motor abwürgte. Die Nummer eins der Welt war geschlagen und äußerte schon bald erste Zweifel an der Legalität des Benetton B194.

Belgien 1995 - Geburtsstunde des Regenmeisters

Neben dem Debüt und dem ersten Sieg war die Ardennenachterbahn von Spa-Francorchamps auch die Bühne für einige unvergessliche fahrerische Darbietungen Schumachers. Allen voran steht der Grand Prix von Belgien 1995, in dem der Kerpener auf dem Weg zum Sieg sämtlichen Widerständen trotzte. In einem wechselhaften Qualifying landeten er und sein WM-Rivale Damon Hill nur auf den Startplätzen 16 und 9. Der Brite übernahm früh die Führung, wechselte kurz nach seinem ersten Boxenstopp aufgrund einsetzenden Regens aber ein zweites Mal die Reifen.

Schumachers Fahrt beim Belgien GP 1995 begründete seinen Nimbus als Regenmeister, Foto: Sutton
Schumachers Fahrt beim Belgien GP 1995 begründete seinen Nimbus als Regenmeister, Foto: Sutton

Schumacher ging durch das schlechte Timing seines Kontrahenten in Führung. Doch nicht nur das: trotz der mittlerweile nassen Strecke fuhr er auf Slicks weiter. Hill war auf Regenreifen sechs Sekunden pro Runde schneller, doch Schumacher behauptete sich trotz stumpfer Waffen knallhart. Nach weiterem Regen und einer Safety-Car-Phase ging er mit 20 Sekunden Vorsprung als klarer Sieger über die Ziellinie. Schumachers unglaubliche Fahrzeugbeherrschung im Nassen manifestierte an diesem Tag endgültig seinen Ruf als Regenmeister.

Nürburgring 1995 - Husarenritt beim Heimspiel

Michael Schumacher gewann beim Deutschland GP 1995 auf dem Hockenheimring als erster F1-Fahrer der Bundesrepublik sein Heimrennen. Wenige Wochen später durften sich die Fans nicht nur über den nächsten Heimsieg ihres Nationalhelden freuen, sondern auch über eine Darbietung der Extraklasse. Auf dem Nürburgring feierte Schumacher im Benetton Renault einen seiner denkwürdigsten Siege. Bei wechselhaften Bedingungen lieferte er sich zunächst ein hartes Duell mit WM-Rivale Damon Hill und trieb den Briten zur Verzweiflung.

Auf dem Nürburgring fuhr Schumacher 1995 im Benetton Renault eines seiner besten Rennen, Foto: Sutton
Auf dem Nürburgring fuhr Schumacher 1995 im Benetton Renault eines seiner besten Rennen, Foto: Sutton

In einer noch heißeren Schlussphase traf der Lokalmatador auf Ferrari-Pilot Jean Alesi. Der Franzose hatte während Schumachers Schlagabtauschs mit Hill einen Vorsprung von 45 Sekunden herausgefahren. Nach seinem letzten Boxenstopp in der 52. von 67 Runden zog Schumacher die Daumenschrauben beim Führenden an. Zuweilen anderthalb Sekunden pro Runde schneller unterwegs, fing er Alesi zwei Runden vor dem Ziel mit einem kompromisslosen Manöver über die Außenbahn ab und gewann daraufhin mit zweieinhalb Sekunden Vorsprung.

Spanien 1996 - Ferraris epische Erlösung

Der Regen bereitete Schumacher keine zwölf Monate nach seinem Meisterwerk in Spa erneut die Bühne für eine der atemberaubendsten Fahrten der Geschichte. Nach zwei Weltmeistertiteln mit Benetton schloss er sich zur Saison 1996 dem krisengebeutelten Ferrari an. Schumis erster Dienstwagen bei den Italienern war wie seine Vorgänger ein Sorgenkind. Der F310 war gegen Williams und Benetton chancenlos und obendrein ein Paradebeispiel für schlechte Zuverlässigkeit. In Imola und Monaco zeigte Schumacher jeweils mit der Pole Position auf.

Michael Schumachers erster Sieg für Ferrari war eine weitere Meisterleistung im Regen, Foto: Sutton
Michael Schumachers erster Sieg für Ferrari war eine weitere Meisterleistung im Regen, Foto: Sutton

Ein Rennen später folgte in Barcelona der große Durchbruch. Bei sintflutartigem Regen fuhr er Kreise um die Konkurrenz. Fast spielerisch mutete es an, wie der damals 27-Jährige seinen Boliden mit losem Heck über das Wasser tanzen ließ. Nur Jean Alesi und Jacques Villeneuve entgingen der Überrundung durch den Rennsieger. Der erste von 72 Siegen in Rot war neben dem Triumph samt Titelgewinn 2000 in Suzuka der wohl glorreichste Moment in der Traumehe von Schumacher und Ferrari.

Monaco 1997 - Das Schumacher-Komplettprogramm

Die Straßen des Fürstentums waren sein Revier, der Regen seine Domäne - und doch hatte Schumacher 1997 eine offene Rechnung mit Monaco zu begleichen. 1996 hatte er im Ferrari eine unglaubliche Pole-Runde gefahren, doch am Sonntag setzte er den roten Boliden bei strömendem Regen schon in der ersten Runde in die Wand. Ein Malheur, das dem Kerpener nicht noch einmal unterlaufen sollte. Ein Jahr später musste er sich im Qualifying zwar Williams-Pilot Heinz-Harald Frentzen geschlagen geben, doch im Rennen gab es für die Gegner das gefürchtete Schumacher-Programm.

Schumacher herrschte 1997 im Fürstentum von Monaco mit erdrückender Dominanz, Foto: LAT Images
Schumacher herrschte 1997 im Fürstentum von Monaco mit erdrückender Dominanz, Foto: LAT Images

Wenige Minuten vor dem Rennstart zog Regen auf. Die Williams-Strategen verzockten sich mit Slicks, während Schumacher auf Regenreifen sofort die Führung übernahm und an der Spitze enteilte. Nach fünf Runden lag er unfassbare 22 Sekunden vor seinen Verfolgern, gegen Rennhälfte waren es über 40 Sekunden. Selbst ein Verbremser in St. Devote samt Wendemanöver war keine Gefahr für Schumachers dritten Sieg in Monaco. Bei der Zieldurchfahrt lag er fast eine Minute vor Regenspezialist Rubens Barrichello im Steward Ford.

Ungarn 1998 - Teamwork makes the dream work

Zu Michael Schumachers großen Stärken zählte auch die Fähigkeit, gewagteste Strategien zum Erfolg zu führen. 1998 gewann er in Ungarn mit einer kühnen Dreistopp-Strategie. Bei seinem Boxenstopp in der 25. Runde kam Ferrari-Superhirn Ross Brawn der Geistesblitz. Im Kampf gegen McLaren Mercedes wurde spontan auf eine Dreistopp-Taktik umgesattelt. Mit wenig Sprit und freier Bahn sollte er im Fernduell Boden auf Mika Häkkinen und David Coulthard gutmachen.

Ungarn 1998 war eine taktische Glanzleistung von Ferrari und Schumacher, Foto: Sutton
Ungarn 1998 war eine taktische Glanzleistung von Ferrari und Schumacher, Foto: Sutton

Nach dem zweiten Boxenstopp in Runde 43 übernahm er die Führung, hatte jedoch nicht genug Benzin an Bord, um das Rennen zu beenden. Brawn funkte daraufhin eine Mission Impossible an seinen Spitzenfahrer: er sollte in 19 Runden 25 Sekunden Vorsprung herausfahren. Unmöglich? Nicht für Schumacher. Mit einer Qualifying-Runde nach der anderen erfüllte er die Vorgabe. Nach seinem dritten Service kam er als Führender zurück auf die Strecke und gewann souverän.

Imola 2003 - Das schwerste Rennen

Der Große Preis von San Marino des Jahres 2003 war nicht nur einer von Michael Schumachers 91 Formel-1-Triumphen: Es war womöglich auch das schwierigste Rennen in seinem und Bruder Ralfs Leben. Nachdem er sich am Samstag vor Ralf die Pole Position gesichert hatte, flogen beide zurück nach Köln, um ihrer Mutter am Sterbebett beizustehen. Trotz der schwierigen familiären Situation trat das Bruderpaar am Rennsonntag an - beide hatten die Entscheidung, den Grand Prix anzutreten, selbst getroffen.

Imola 2003 war nach dem Tod der Mutter für Michael und Ralf Schumacher ein schwieriges Rennen, Foto: Sutton
Imola 2003 war nach dem Tod der Mutter für Michael und Ralf Schumacher ein schwieriges Rennen, Foto: Sutton

Nach 62 Runden ging Michael Schumacher vor Kimi Räikkönen und Rubens Barrichello als Sieger über die Ziellinie. Ralf wurde Vierter. Sichtlich mitgenommen ließ der Sieger die Podiumszeremonie über sich ergehen. Die Organisatoren zeigten Verständnis für die Situation der Brüder und stellten sie von sämtlichen medialen Verpflichtungen frei, sodass sie nach der Siegerehrung gleich wieder zurück in die Heimat reisen konnten.

Frankreich 2004 - Vier Stopps? Kein Problem

Ferraris Dreamteam toppte die strategische Meisterleistung von Ungarn sechs Jahre später mit einem noch unglaublicheren Rennen. Beim Frankreich GP 2004 wurde Schumacher von Brawn mit vier Boxenstopps zum Sieg dirigiert. Etwas, das in der Formel 1 noch nie zuvor stattgefunden hatte. Den Denkanstoß für die gewagte Taktik lieferte Fernando Alonso, der erst auf die Pole Position fuhr und dann auch noch den Start für sich entschied. Schumacher versuchte in der elften Runde den ersten Undercut gegen den Spanier. Drei Runden früher zu stoppen zahlte sich jedoch nicht aus.

Ferrari und Schumacher gewannen 2004 in Magny-Cours erstmals mit einer Vierstopp-Strategie, Foto: Sutton
Ferrari und Schumacher gewannen 2004 in Magny-Cours erstmals mit einer Vierstopp-Strategie, Foto: Sutton

Auch zum zweiten Service kam Schumacher drei Runden vor Alonso. Dank zwei schnellster Rennrunden und eines extrem kurzen Boxenstopps übernahm er diesmal die Führung. 13 Runden darauf dasselbe Spiel. Schumacher stoppt - aber nur kurz. An diesem Punkt hatte Ferrari auf vier Stopps umgestellt. In Runde 58 steuerte Schumi zum vierten und letzten Mal die Box an. Seine atemberaubende Pace in den ultrakurzen Stints ließ Alonso im Fernduell keine Chance. Der siebte Sieg in Magny-Cours war Schumacher nach dieser Glanzleistung sicher.

China 2006 - Der letzte Streich in Style

Bei einer Karriere wie der von Michael Schumacher konnte der letzte Sieg einfach keine 0815-Nummer sein. Der 91. und finale Triumph war ein Schumacher-Sieg aus dem Bilderbuch. Nach einem schleppenden Saisonstart hatte Ferrari in der Weltmeisterschaft kontinuierlich Boden auf Fernando Alonso im Renault gutgemacht, als die Formel 1 zum 16. und drittletzten Rennen der Saison nach China reiste. In der Gesamtwertung lag Schumacher nur noch zwei Zähler hinter dem Titelverteidiger. Das Wochenende auf dem Shanghai International Circuit verlief zunächst alles andere als wunschgemäß.

Michael Schumachers letzter Formel-1-Sieg im 246. GP war einer für die Galerie, Foto: Sutton
Michael Schumachers letzter Formel-1-Sieg im 246. GP war einer für die Galerie, Foto: Sutton

Alonso fuhr auf Pole, Schumacher musste sich im Qualifying mit Platz sechs begnügen. Unmittelbar vor dem Start spielte Regen den Michelin-Teams wie Renault in die Karten. Nach 15 Runden lag Schumacher auf der vierten Position 25 Sekunden hinter dem Führenden Alonso. Der Ferrari-Pilot leitete auf abtrocknender Strecke die Wende ein, kassierte erst den WM-Rivalen und später den mittlerweile an der Spitze fahrenden Giancarlo Fisichella. In der Schlussphase fing Alonso sich und holte in großen Schritten auf, doch Schumacher ließ sich den Sieg und die WM-Führung nicht mehr nehmen.