Honda-Schock! Steigt auch Red Bull aus der Formel 1 aus? (16:16 Min.)

Die Formel 1 ist wieder um einen Hersteller ärmer. Nach einem Comeback mit durchwachsenen Ergebnissen sahen die Japaner mit dem neuen Partner Red Bull zuletzt Licht am Ende des Tunnels. Trotzdem fasst die Konzernspitze den Entschluss, den Partnerschafts-Vertrag 2021 auslaufen zu lassen und für 2022 nicht mehr zu verlängern.

Die Welt hat sich geändert, und für Honda hat die Formel 1 im Kampf um Klimaneutralität keinen hinreichenden Wert mehr. Damit stellen sie Red Bull vor die Herausforderung der Motorensuche, und die Formel 1 hat nun nur mehr drei Hersteller. Allerdings ist es nicht der erste Ausstiegs-Schock, den die Formel 1 in ihrer 70-jährigen Geschichte verkraften muss. Ein Blick in die Vergangenheit.

1955: Mercedes geht nach Le-Mans-Horror

Der erste große Hersteller-Abgang passiert der Formel 1 im Jahr 1955. Das allmächtig erscheinende Mercedes-Team war 1954 nach einer kriegsbedingten Pause in den Grand-Prix-Sport zurückgekehrt, und hatte auf Anhieb dort weitergemacht, wo man in den 1930er-Jahren aufgehört hatte: Kampf um Siege und Titel.

F1-Legende Juan-Manuel Fangio sorgte für Siegesserien, doch auf dem Weg zum WM-Titel von 1955 lag ein dunkler Schatten über der Marke. Eines ihrer Autos war beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans ins Publikum geflogen und hatte über 80 Todesopfer gefordert. Die größte Katastrophe der Motorsport-Geschichte bewog Mercedes zuerst zum Rückzug aus dem Rennen. Dann beendeten sie ihr Sportwagen-Engagement. Und zum Jahresende schließlich das Formel-1-Programm.

Mercedes bewies 1955 alles, was sie beweisen wollten, Foto: Mercedes-Benz
Mercedes bewies 1955 alles, was sie beweisen wollten, Foto: Mercedes-Benz

Nach neun Siegen in nur zwölf Rennen. Eine beispiellose Erfolgsserie endete, aber nicht wie oft angenommen aufgrund des Le-Mans-Unfalls. In Wahrheit war die Entscheidung schon zu Saisonbeginn gefallen. Der Vorstand sah Mercedes' Können als bewiesen an, der Fokus wechselte auf Straßen- und Nutzfahrzeuge. Für die Formel 1 waren die Ressourcen nicht mehr da.

1962: Porsches Formel-1-Experiment wird abgebrochen

Mit Porsche stellte sich in den 1960ern der nächste deutsche Hersteller auf, um eine Formel-1-Attacke zu versuchen. Nach Jahren mit Formel-2-Maschinerie schickte man erstmals zwei reinrassige Formel-1-Fahrzeuge auf die Strecke. Dan Gurney gewann mit dem 804 ein Rennen, holte ein weiteres Podium und beendete die Saison auf einem soliden fünften Platz.

Und doch - kurz vor dem Saisonfinale in Südafrika zog die Konzernspitze die Notbremse. Das F1-Projekt war kostenintensiv. Für wenig messbare Ergebnisse. Was man hier baute, konnte man nicht auf die Straßen-Sportwagen der Marke übertragen. Anstatt noch mehr Geld in das Projekt zu versenken, wurde der Fokus von nun an daher auf den GT-Sport gesetzt. Porsches einziges selbst gebautes F1-Auto verschwand nach nicht einmal einer Saison im Museum.

Dan Gurney 1962 im Porsche, beim letzten Rennen des Autos in den USA, Foto: Sutton
Dan Gurney 1962 im Porsche, beim letzten Rennen des Autos in den USA, Foto: Sutton

1992: Der erste große Honda-Abgang

Für Honda ist der 2020er-Ausstieg nicht das erste Mal. Sie brachen schon in den 1960ern einmal ihre Zelte ab. Dann kamen sie in den 80ern als Motorlieferant zurück. 1988 startete eine höchst erfolgreiche Partnerschaft mit McLaren, der mehrere Titel einbrachte. Mittendrin: Ayrton Senna, der der japanischen Marke immer enger verbunden wurde.

Für 1992 hatte er schon einen Williams-Vertrag am Tisch. Nach Unterredung mit dem Honda-Präsidenten blieb er bei McLaren. Stattdessen setzte Honda Ende 1992 den Schlussstrich unter die McLaren-Ehe. Ziele erreicht, hieß es. Eine Finanzkrise in Japan machte die Entscheidung einfacher. Für Senna ein harter Schnitt. Er blieb nur ein weiteres Jahr bei McLaren, bevor es zu Williams ging.

2004: Ford beendet das Formel-1-Gastspiel

In den späten 90ern unternahm Ford nach jahrelangem Dasein als Motoren-Lieferant über den Motorenhersteller Cosworth erstmals einen echten Vorstoß in der Formel 1. Jackie Stewarts neu gegründetes F1-Team fuhr drei Jahre mit großem Ford-Logo, für 2000 kaufte es ihm der Hersteller nach dem ersten Sieg dann ganz ab. Ziel: Die Konzerntochter Jaguar beleben und bewerben.

Jaguars F1-Projekt war hübsch, aber langsam, Foto: Sutton
Jaguars F1-Projekt war hübsch, aber langsam, Foto: Sutton

Fünf Jahre lang driftete Jaguar danach quer durch das F1-Mittelfeld. Ford schaffte es nicht, das Team auf Kurs zu bringen, regelmäßig wurde an der Spitze durchgetauscht. Vier Teamchefs in fünf Jahren. Aber das Team funktionierte nicht. Folglich funktionierte die Marketing-Übung nicht. Die Ford-Bosse setzten der Geldverschwendung 2004 ein Ende, und stellten das Team zum Verkauf. Red Bull und Dietrich Mateschitz übernahmen, der Rest ist Geschichte.

Finanzkrisen-Schocks: Honda, Toyota, BMW gehen

Den ungleich größten Schlag musste die Formel 1 jedoch in der globalen Finanzkrise einstecken. Zwischen 2008 und 2009 verloren sie innerhalb von Monaten gleich drei Werksteams: Zuerst Honda, dann BMW, dann Toyota.

Alle spürten 2008 schon die Auswirkungen der Krise. Honda hatte eigentlich zum Saisonbeginn noch langfristige Verträge abgeschlossen. Als sich das 2008er-Auto als nicht wettbewerbsfähig herausstellte, wandte man sich gleich dem 2009er-Modell zu. Alles war bereit. Dann brachen zu Jahresende die Verkaufszahlen dramatisch ein. Ein F1-Team war nicht mehr zu rechtfertigen. Honda dürfte sich rückwirkend ärgern. Das Auto gewann selbst nach der Privat-Übernahme durch Ex-Teamchef Ross Brawn die WM.

2008 testete Honda bis zum Schluss für 2009, Foto: Sutton
2008 testete Honda bis zum Schluss für 2009, Foto: Sutton

Damit erging es ihnen immer noch besser als BMW. Die Bayern hatten 2008 zwar ihren ersten Sieg gefeiert, das Auto aber wie Honda für die 2009er-Entwicklung aufgegeben. Unter dem Druck der Wirtschaftskrise scheiterte BMW jedoch katastrophal. Das Auto war ein Fehlschlag, nicht siegfähig, die WM-Ambitionen mussten bald begraben werden. Ihr kinetisches Energie-Rückgewinnungssystem KERS, für das sie sich groß eingesetzt hatten, war zum Vergessen. Ziele verfehlt, gescheitert. Ende Juli wurde der Ausstieg besiegelt. Das Einsatzteam Sauber kaufte den Startplatz zum Jahresende zurück und fuhr 2010 mit Ferrari-Motoren weiter.

BMW und Toyota kämpften 2009 nicht um die WM - ihr Untergang, Foto: Sutton
BMW und Toyota kämpften 2009 nicht um die WM - ihr Untergang, Foto: Sutton

Toyota ging als Letzter, und machte ganz die Lichter aus. Die Lage war dort zu Krisenbeginn noch kritischer als bei BMW - schließlich war man schon 2002 als Werksteam eingestiegen, und hatte in keinem Jahr den Anschluss an die F1-Spitze geschafft. Einem gigantischen Budget stand ein vierter Rang in der Team-WM als bestes Ergebnis gegenüber. Keine Siege, nie eine WM-Chance.

Trotzdem unterschrieb das Team Verträge für die nächsten Jahre, lange glaubte man an den Fortbestand und suchte noch Fahrer. Im November erst stoppte der Hersteller das Projekt. Endgültig. Und die Formel 1 hatte innerhalb eines Kalenderjahres drei Hersteller verloren.