Ferraris Formel-1-Team befindet sich gegenwärtig im Wiederaufbau. Die Konzernleitung sprach Teamchef Mattia Binotto in den letzten Wochen wiederholt das Vertrauen aus. Der beließ es trotz des Formtiefs bei internen personellen Umstrukturierungen.

Ob das so weitergeht? Denn auf dem freien Markt könnte demnächst ein ganz großer Name der F1-Technikwelt verfügbar werden. Mercedes' Langzeit-Motorenchef Andy Cowell gab kurz vor Saisonstart seinen Abschied von den Weltmeistern bekannt, und wird nach einer Übergangsphase Anfang 2021 ausscheiden.

Das ließ bald Gerüchte aufkommen, wonach die gegenwärtig mit ihrem Motor kämpfende Scuderia an einer Verpflichtung Cowells interessiert sei. Doch eine ernsthafte Annäherung sehen beide Parteien momentan nicht.

Binotto sieht keine Veränderungen bei Ferraris Formel-1-Team

"Ich denke, in der Formel 1 kannst du nie selbstzufrieden sein", will Binotto eine baldige Addition zum Technik-Team der Scuderia grundsätzlich einmal nicht ausschließen. "Also wenn es irgendjemanden gibt, der dem Team Mehrwert bringen kann, ist es unsere Verantwortung, uns das anzuschauen und letztendlich zu handeln."

"So weit ich weiß, arbeitet er noch immer für Mercedes", erinnert Binotto in Sachen Cowell daran, dass der noch nicht endgültig bei den Weltmeistern ausgeschieden ist. "Sicher, es gibt große Namen in der Formel 1. Kommt bald jemand zu Ferrari? Das ist nicht der Fall."

Binotto zufrieden mit Ferrari-Technikabteilung

Binotto zeigt sich zuversichtlich bezüglich der internen Anpassungen, die er bei Ferrari vorgenommen hat, seitdem er Anfang 2019 vom Technischen Direktor zum Teamchef befördert wurde. Einen offiziell benannten neuen Technischen Direktor hat er nach wie vor nicht - aber er selbst hat die Verantwortungen inzwischen auf seine direkten Untergebenen weitergegeben.

Ex-Aero-Chef Enrico Cardiles Beförderung zum Leiter der neuen Performance-Abteilung soll der letzte Schritt gewesen sein, um eine klare und einfache Hierarchie in der Autoentwicklung zu schaffen. Enrico Gualtieri leitet seit 2019 die Motoren-Abteilung. Simone Resta kehrte nach einem Jahr bei Alfa 2019 zurück zu Ferrari, und leitet jetzt die Chassis-Abteilung. Ex-FIA-Mann Laurent Mekies ist seit 2018 Sportdirektor, und übernahm unter Binotto die Operationen an der Strecke.

Ferraris Sportdirektor Laurent Mekies mit Mattia Binotto, Foto: LAT Images
Ferraris Sportdirektor Laurent Mekies mit Mattia Binotto, Foto: LAT Images

"Ich bin ganz zufrieden", meint Binotto. "Die Leute fühlen sich in meinen Augen verantwortlich, spüren die zeitkritische Natur unserer Situation und arbeiten hart, sind überzeugt, und vereint im Ziel, das Auto und damit unsere Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern."

Echte, messbare Ergebnisse fehlen natürlich, doch das beunruhigt Binotto nicht: "Normalerweise das Ergebnis einer solche Reorganisation zu sehen braucht ein bisschen Zeit."

Ex-Mercedes-Mann Cowell sucht neue Herausforderungen

Und Cowell? Es ist noch nicht einmal klar, ob jener Mann, der sich für Mercedes' bis jetzt in der WM ungeschlagenes F1-Hybrid-Aggregat verantwortlich zeigt, überhaupt in der Formel 1 bleiben will. "Sechzehn Jahre fühlten sich wie eine lange Zeit an, um immer in etwa das Gleiche zu machen", merkte Cowell vor ein paar Wochen im F1-Podcast 'Beyond the Grid' an.

"Alle fragen mich: Was machst du jetzt?", sagt Cowell. "Ich bin noch nicht einhundertprozentig sicher, aber hoffentlich ist es eine nette, große Herausforderung." Cowell meint, dass 'Project Pitlane' in ihm den Willen nach etwas neuem entfacht habe - jenes Projekt, bei dem F1-Ingenieure Beatmungsgeräte herstellten.

Ob er im Motorsport bleibt, das gelte es jetzt auszusortieren: "Ich habe den ganzen September, Oktober, November und Dezember Zeit um eine Entscheidung zu treffen."