Der letzte Vorhang ist gefallen: 43 Jahre nach dem Formel-1-Einstieg ist am Sonntag in Monza das letzte F1-Rennen für Williams unter Führung der Familie über die Bühne gegangen. Vor dem Italien GP hatte das Traditionsteam den Rückzug von Teamgründer Frank Williams und seiner Tochter Claire Williams, seit Jahren stellvertretende Teamchefin für ihren Vater, ab dem Montag nach Monza abgekündigt.

Ein historischer Moment für Williams und die gesamte Formel 1. Das zeigte sich bereits vor dem Start. Zunächst verabschiedete das Team ihr Oberhaupt auf der Dachterrasse der Williams-Hospitality, Claire Williams erhielt einen Frontflügel als Abschiedsgeschenk und letztlich winkte die 44-Jährige persönlich George Russell und Nicholas Latifi aus ihren Garagen in Richtung Sichtungsrunden.

Russell & Latifi funken rührendes Goodbye

Nach dem Rennen ging es sofort weiter mit den besonderen Momenten, dank der Fahrer. Russell und Latifi meldeten sich via Boxenfunk mit rührenden Worten bei der Familie Williams. „Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um Claire und Frank Danke zu sagen. Ich danke euch so sehr für alles, was ihr für mich und das ganze Team getan habt. Es wird echt schade sein, euch gehen zu sehen. Wir werden euch wirklich vermissen. Ich möchte euch einfach von ganzem Herzen danken“, funkte Russell.

Latifi: „Claire, ich bin sicher, dass dich deine Emotionen gerade überwältigen. Ich wollte einfach ein letztes Mal Danke sagen, dass du mir diese Gelegenheit gegeben hast. Du weißt, dass ich dich vermissen werde, dass die ganze Formel 1 dich vermissen wird. Sei versichert, dass wir hundert Prozent weiterpushen werden, um den Namen Williams dahin zurückzubringen, wo er hingehört. Danke!“

Claire Williams: Team war mein Leben

Angesichts dieser Botschaften standen Williams am Kommandostand schon die Tränen in den Augen, so ging es beim Abklatschen der Crew nach dem Rennen weiter. In Interview mit dem britischen TV-Sender Sky sprach die Britin davon, irgendwie würden alle doch nur versuchen, sie zum Weinen zu bringen. Halbwegs die Fassung wahrte Williams jedoch, fand allerdings auch ihrerseits emotionale Worte zum Abschied.

„Das Team bedeutet mir alles. Es ist mein ganzes Leben. Es ist, was ich bin und was wir als Familie sind. Wir waren nie Leute, die ihre Arbeit im Büro gelassen haben. Wir haben es noch beim Abendessen diskutiert. Wir haben dem Sport so viel gegeben, deshalb haben wir es jetzt so empfunden, dass du irgendwann eben mal aufhören muss“, sagte Williams in der Post-Race-Show der Formel 1.

George Russell adelt Williams: Alles für das Team

Williams weiter: „Wir waren so privilegiert. Ich habe mich selbst mit 44 Jahren kneifen müssen, dass ich als eine Williams in diese unglaubliche Welt geboren wurde. Frank hat einmal zu mir gesagt: ‚Ist es nicht magisch, dass wir Geld für etwas bekommen, das wir lieben?’ Das können nicht viele Leute von sich behaupten. Es gibt uns so viel, wir lieben es. Es wird am Dienstag schon brutal sein, wenn ich aufmache und realisiere, dass das jetzt nicht mehr unsere Welt ist.“

Russell und Latifi ließen ihren Funksprüchen bei den Interview-Terminen weitere Dankesworte folgen. „Es ist das Ende einer Ära. Sie waren so ein großes Teil des Sports. Es ist ein Privileg, ein Teil davon gewesen zu sein. Was Claire und Frank für das Team und ihre Mitarbeiter getan haben, ist außergewöhnlich. Sie haben das Team und die Leute immer an erste Stelle gesetzt. Bis heute“, sagte Russell.

Monza-Chaos: Williams schrammt an Abschiedspunkten vorbei

Einzig ein besseres Resultat - gerade in einem derartigen Chaos-Rennen bot sich Williams endlich einmal eine Chance - hätten die Fahrer an diesem emotionalen Tag gerne erzielt. „Natürlich bin ich enttäuscht, dass ich nicht in der Lage war, Claire und der Williams-Familie diesen letzten Punkt zu holen - es wäre ein schönes Abschiedsgeschenk für sie gewesen“, sagte Latifi. Der Kanadier verpasste die Punkteränge als Elfter knapp.

„Das Rennen war sehr schwer zu managen. Ich weiß, dass ich mit Glück wegen des Safety Cars in die bessere Startposition beim zweiten Restart gekommen bin, aber es war eine schöne Erfahrung, mal aus den Top-10 zu starten“, berichtete der F1-Rookie. „Ich hatte in den ersten Runden dann aber zu sehr zu kämpfen, kalte Reifen und ich konnte nicht viel machen. Als es sich dann mal beruhigt hatte, war die Pace nicht allzu schlecht.“

Russell & Latifi von Topspeed-Defizit genervt

Wirklich etwas bewirken können habe er wegen der anhaltenden Schwachstelle des FW43 jedoch nicht - Luftwiderstand ohne Ende. Latifi: „Es war schön, Kimi einzuholen. Aber es hat sich gezeigt, dass wie auf den Geraden ein großes Defizit haben, denn es war echt nicht leicht, ihn zu überholen. Ich bin happy mit dem Ergebnis, aber ein Punkt für Claire wäre natürlich schöner gewesen.“

Formel 1: Williams-Schock - Was wird jetzt aus dem Team?: (09:52 Min.)

Genervt von dieser Konstante und der verpassten Chancen im Chaos von Monza zeigte sich auch Russell. „Es ist echt schade. Das Auto fühlte sich richtig, richtig gut an, wir waren einfach sehr langsam auf den Geraden. Ich war viel schneller als die Jungs um mich herum, aber jedes Mal, wenn ich sie auf den Geraden überholt habe, haben sie mich vor Kurve vier einfach zurücküberholt. Die waren schon vor dem Bremspunkt wieder vorbei“, schilderte der Mercedes-Junior.

Frontflügel für Claire? Russell: Gehört ihr doch sowieso!

„Und wir hatten mit der roten Flagge einfach Pech, weil wir nicht gestoppt haben. Hätten wir gestoppt, hätten wir in der Lage sein können, ein paar Punkte zu holen. Aber das ist manchmal eben das Glück des Spiels.“

Gefeiert werde dennoch - Abschied. „Wir hatten heute schon einen großen Plausch im Team“, erinnerte Russell an das Goodbye auf der Hospi. „Sie hat einen Frontflügel bekommen. Aber der gehört ihr sowieso, es war kein wirkliches Geschenk“, scherzte Russell. Heute Abend haben wir noch ein paar Drinks.“