Keine Strafen für diverse Bummelaktionen und Szenen, die so auch gut im Rennen hätten stattfinden können, nach dem Qualifying-Tag der Formel 1 zum Italien GP 2020 in Monza. Weder für eine haarige Szene am Ende des dritten Freien Trainings um Lewis Hamilton und gleich sieben weitere F1-Piloten, noch für einen Vorfall in der Qualifikation zwischen Kimi Räikkönen und Esteban Ocon sprachen die Stewards Strafen aus, nicht mal Warnungen oder Verwarnungen setzte es. Dafür kommt Kritik unter den Fahrern auf - aber längst nicht bei allen.

Der Reihe nach. Die erste von zwei großen Untersuchungen des Tages leiteten die Stewards nach dem dritten Training ein. Kurz vor Sessionende war Hamilton bei der Anfahrt auf die Parabolica nur knapp einem heftigen Auffahrunfall entgangen. Der Brite wich im letzten Moment dem nach rechts ziehenden Haas von Romain Grosjean aus, musste dabei sogar in die Wiese. Die Stewards ermittelten daraufhin gegen den gesamten vorausfahrenden Pulk. Neben Grosjean waren Nicholas Latifi, Pierre Gasly, Sergio Perez, Lance Stroll, Alex Albon und Carlos Sainz im Visier.

Allesamt sprachen die Stewards nach Anhörung aller Beteiligter und dem Studium von Video-Material sowie von GPS-Daten von jeglicher Schuld frei. Begründung: Es sei unmöglich festzustellen, wer vorranging verantwortlich zu machen sei. Noch dazu hätten sich alle Fahrer an die nach den Trainings festgelegte Maximalzeit (1:43 Minuten) zwischen den Safety-Car-Linien gehalten, also nicht nicht zu extrem gebummelt. Außerdem sei es nur Training, nicht Qualifying gewesen. Die Stewards würden erwarten, dass sich das gesamte Feld im Qualifying an die Instruktionen der Rennleitung (kein Zick-Zack-Fahren, Maximalzeit einhalten, auf langsamen Runden der Rennlinie fernbleiben) halten.

Im Zeittraining ging es allerdings gleich weiter mit dem Ärger. Nahezu zeitgleich machte sich am Ende des Q1 das Feld aus der Boxengasse, um eine letzte gezeitete Runde zu erzielen. Das sorgte für große Konfusion, sodass es letztlich keinem der zu diesem Zeitpunkt sechs hinten klassierten Fahrern gelang, sich zu verbessern. Grosjean, Sebastian Vettel, Antonio Giovinazzi, Latifi und George Russell fielen dem zum Opfer und schieden aus.

Besonders wild ging es zwischen Esteban Ocon und Kimi Räikkönen zu, die zwar das Q2 erreichten, sich aber fast schon wie im Rennen duellierten - das zog eine weitere Ermittlung nach sich. Genauer gesagt nicht das Duell auf der fliegenden Runde - hier verstieß niemand gegen die Instruktionen, beide waren gleichberechtigt -, sondern die Szenen auf der vorherigen Outlap. Hier hatte zunächst Latifi, auch Teil der Untersuchung, verlangsamt, um eine Lücke auf den vor ihm fahrenden Hamilton zu öffnen. Daraufhin musste Ocon nach links ausweichen, was wiederum Räikkönen zu einem Ausweichmanöver nötigte.

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Die Stewards entschieden, erneut auf Basis von GPS und Videos, dass es zwar nach einer Behinderung ausgesehen haben mag, die aber durch eine Kombination von Umständen entstanden sei, die vielleicht unvermeidbar und nicht gefährlich gewesen sei. Dem hätten Ocon und Räikkönen zugestimmt.

„Ich weiß nicht einmal, warum sie das untersuchen“, sagte Räikkönen zuvor im TV-Interview. „Am Ende dürfen wir da racen, er hat mich höchsten etwas rausgedrückt, aber ich weiß nicht. Am Ende hat niemand etwas falsch gemacht. Es ist nur passiert, weil alle versucht haben, die Runde sehr dicht beisammen zu starten. Das passiert dann eben manchmal.“ Vielmehr stört sich der Finne an Ocons Verhalten auf der folgenden schnellen Runde. "Er blockt mich die ganze Zeit auf einer schnellen Runde, verdammter Idiot“, funkte Räikkönen.

Ebenfalls wenig begeistert sind die weiteren Betroffenen des Verkehrschaos in Q1. "Aus Fahrersicht weiß ich nicht, warum Leute da so ein Chaos anrichten und anfangen zu überholen. Es ist einfache Mathematik. Wenn alle da bleiben, wo sie sind und eine Lücke aufmachen, dann kommst du klar", sagte Sebastian Vettel, ausgeschieden auf P17.

George Russell sieht sich um eine für Williams seltene Gelegenheit gebracht und geht deshalb mit seiner Kritik noch forscher zu Werke. „Einfach alle haben mich blockiert. Irgendwann gibt es da mal einen Crash. Es war etwas komisch“, sagte der Brite. „Ich weiß nicht, warum jedes einzelne Team seine Autos zum exakt gleichen Zeitpunkt herausschickt, denn du weißt ja genau, was passieren wird.“ Vielleicht sei es deshalb besser, für Monza eine Regel einzuführen, die Autos in WM-Reihenfolge und im Abstand von fünf Sekunden herauszuschicken.