Zwischen Sebastian Vettel und Charles Leclerc nahmen die Spannungen bereits in ihrem ersten Jahr als Teamkollegen bei Ferrari im Saisonverlauf zu. In Russland widersetzte sich Vettel einer Teamabsprache, in Brasilien crashten sich der Deutsche und der Monegasse gegenseitig aus dem Rennen.

Ferrari: Eskaliert der Streit zwischen Vettel & Leclerc? (40:24 Min.)

Vor der Formel-1-Saison 2020 stellte sich die Szene die Frage: Wie soll das weitergehen? Eskaliert das Teamduell, der Kampf um den Status im Team komplett? Sebastian Vettel vs. Charles Leclerc - das sollte für viele in jedem Fall eine der spannendsten Geschichten des Jahres werden.

Nach Vettel-Aus: Eskaliert Ferrari-Duell mit Leclerc?

Dass sich die Lage 2020 teamintern weiter verschärfen könnte, scheint nun nur noch mehr nahezuliegen. Hintergrund ist Sebastian Vettels schon vor Saisonstart feststehendes Aus bei Ferrari nach der laufenden Saison. Damit könnte Ferrari sich das Problem selbst noch mehr aufgeblasen haben. Immerhin muss sich nun auch Vettel, Leclerc verfügt ohnehin über einen langfristigen Vertrag, keine Sorgen mehr um eine Zukunft mit Ferrari machen.

Nun kann Vettel potenziell nur noch einzig und allein für sich fahren. Warum auch ausgerechnet den Teamplayer geben, womöglich ausgerechnet jenem Mann helfen, den Ferrari gerade statt Vettel als neuen Hoffnungsträger für die Zukunft auserkoren hat?

Sebastian Vettel gibt den Teamplayer

Eine Frage, die sich geradezu aufdrängt. Deshalb fragten wir beim Formel-1-Saisonstart in Österreich direkt bei den Ferrari-Piloten nach. Ändert die geklärte Nicht-Zukunft bei Ferrari etwas am gegenseitigen Umgang oder an der Akzeptanz möglicher Teamorder? „Ich denke, ich habe immer versucht, mich ins Team einzufügen. Dasselbe gilt für meine Zeit bei Ferrari. So sehr du auf der Strecke erfolgreich sein willst und auf dein eigenes Resultat schaust, fährst du unter dem Strich auch für ein Team“, sagte Vettel in Österreich auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com.

Formel 1, Vettel im Ferrari-Frust: Der nächste Patzer! (09:39 Min.)

Zumindest bei der ersten Aussage dürften dem einen oder anderen Zweifel kommen, etwa Mark Webber. Stichwort Multi-21. Dass Vettel im Zweifel dem Klischee des egoistischen Rennfahrers entspricht, kann der Deutsche dann auch nicht vollends verbergen. „Es ist schwer zu beantworten, denn wir wissen nicht, welche Art von Saison vor uns liegt. Wir wissen noch nicht, wie konkurrenzfähig wir sein werden und so weiter“, sagte Vettel. Heißt übersetzt: Ist Ferrari doch besser als gedacht, geht es um etwas, setzt sich eher das Eigeninteresse durch.

Vettel: Auslaufender Ferrari-Vertrag ändert nichts

Noch dazu lässt sich Vettel ein Hintertürchen offen. „Sollte die Situation entstehen und es voll und ganz Sinn ergeben, dann kann man erwarten, dass die beiden Fahrer sich gegenseitig unterstützen“, sagte Vettel. Voll und ganz. Heißt - wieder im Klartext: Sieht Vettel nur den geringsten Grund, der gegen eine Hilfe für Leclerc spricht, wird er es sich zweimal überlegen. So, wie schon in Russland im Vorjahr, als Vettel damit argumentierte, Leclerc müsse ihm eben dichter folgen, wenn er ihn wieder vorbeilassen soll.

Das Vertragsende nach 2020 macht für Vettel dabei keinen Unterschied. „Ich denke nicht, dass das etwas mit der Tatsache zu tun hat, dass mein Vertrag ausläuft und ich das Team verlassen werde“, sagte Vettel - und betonte letztlich ganz klar, worauf seine Priorität liegt. Den Wasserträger spielen will der vierfache Formel-1-Weltmeister für den zweifachen GP-Sieger ganz sicher nicht.

Sebastian Vettel: Mache Charles Leclerc das Leben nicht leicht

Vettel: „Gleichzeitig fährst du - wie schon gesagt - auch für dich selbst. Ich werde nicht versuchen, Charles das Leben auf der Strecke leichter zu machen, wenn es darum geht, ihn vorbeizuwinken. Ich denke wir haben in der Vergangenheit miteinander gekämpft. Und ich denke, dass wir so auch weitermachen.“

Charles Leclerc sieht darin kein Problem, sondern die Sache ganz genauso wie Vettel. „Ich denke nicht, dass es sich gegenüber der anderen Saison ändern wird. Vergangenes Jahr haben wir miteinander gekämpft, wir sind aber auch als Team gefahren und haben als Team zusammengearbeitet. Das ist immer sehr wichtig. Es hilft auch uns, als Team zu arbeiten. Es wird weder Situationen geben, in denen es clever ist, als Team zusammenzuarbeiten“, sagte der Monegasse.

Charles Leclerc: Gegenseitiger Respekt mit Vettel immer da

Ohnehin - ein persönliches Problem habe er nicht mit Vettel. Leclerc: „Ich habe jede Menge von Seb als Teamkollege gelernt und so wird es bis Saisonende weitergehen. Als Fahrer, aber auch als Person hat es mit ihm Spaß gemacht. Wir hatten unsere Kämpfe aus der Strecke, die nicht immer so ausgegangen sind, wie wir wollten. Aber abseits der Strecke war der Respekt immer da.“

Das bestätigte nach dem ersten Formel-1-Wochenene 2020 auch Sebastian Vettel. Trotz tadelnder Worte für ihn und Lobeshymnen auf Leclerc durch Teamchef Mattia Binotto zollt Vettel der besseren Leistung seines Teamkollegen Respekt. „Im ersten Schritt muss man das anerkennen. Er ist ein sehr gutes Rennen gefahren“, lobte Vettel bei ServusTV.