Alle Jahre wieder blickt die Formel 1 für die Ferrari-Präsentation gespannt nach Maranello. Die Frage ist aber eher selten: Wie sieht der nächste Ferrari aus? Wer die mit "rot" beantwortet, der kann schwer falsch liegen. Viel schwieriger: Wie heißt das Auto? 2024 überrascht die Scuderia - indem sie für das neue Auto zum ersten Mal seit Jahren das Schema beibehält.

Denn mit Namens-Systemen hat es Ferrari nicht so. Vielleicht versprüht die Marke, die sich so gerne als die "emotionalste" der Formel 1 bezeichnet, einfach zu viel Emotion, als dass sich ihre Marketing-Leute an so etwas Banales wie ein rigides Nummernschema halten können. Wer will denn schon wie diese Deutschen oder Engländer von W01 bis W15 fade durchnummerieren? F1-76 nach F1-75? Will keiner sehen. Motorsport-Magazin.com bringt Ordnung in Ferraris Namens-Chaos.

Ferraris Formel-1-Autotypen der letzten Jahre aufgeschlüsselt

Zur Jahrtausendwende, zu Zeiten von Todt, Brawn, Schumacher, da konnte Ferrari für die Formel-1-Boliden noch ein solides Schema vorweisen: "F200X". 2001 fuhr F2001, 2002 F2002, und so weiter.

Ferrari F2001: Standard-Schema, Foto: Sutton
Ferrari F2001: Standard-Schema, Foto: Sutton

Bis sie 2006 die Lust daran verloren. Plötzlich stand statt F2006 248 F1 als Name da. Weil: Die FIA hatte das Motorenreglement geändert, von V10 auf V8, und Ferrari sah die Gelegenheit, zu einer traditionelleren Namensgebung zurückzukehren. 24 steht für das Motorvolumen (2,4 Liter), 8 für die Zylinder, F1 für F1. Das Schema Motorvolumen-Zylinder nutzten sie schon in den 70ern. 2007 war das prompt wieder vergessen, sie kehrten mit F2007 und F2008 zurück zum vorangegangenen Muster.

Ferrari ab 2009: Jubiläums-Manie

2009 wurde der Wunsch nach einem neuen Namen wieder stärker, denn ein Ferrari-Jubiläum war entdeckt worden. Jubiläen - sie sollten sich ab jetzt als die Nemesis der geradlinigen Namensgebung erweisen. 60 Jahre Ferrari in der Formel 1 waren es 2009, da muss doch was Besonderes her? Gerade, weil Ferrari in allen 60 am Start stand. F60! 2010 ging es zurück zum Ursprung, in etwa. F10 der "20"-Teil von "2010" blieb diesmal weg.

Doch halt! Ist das ein neues Jubiläum am Horizont? Es ist eins! 150 Jahre italienische Einheit waren es wert, 2011 den F150 an den Start zu bringen. Doch halt (nochmal)! Diese Zahl kennt jeder Pickup-Enthusiast. Das ist ein Ford. Dachte sich auch Ford, und sorgte für eine Neuauflage des Duells Ford-Ferrari, leider nur vor Gericht. Ferrari gab nach, aus F150 wurde 150° Italia. Das von der Bezeichnung erhoffte Glück blieb aus. Also Rückkehr zum alten Schema. Mal wieder. 2012 fuhr der F2012, aus (sicherlich guten) Gründen war der "20"-Teil wieder dabei.

Ferrari F150, Pardon, 150 Italia, Foto: Ferrari
Ferrari F150, Pardon, 150 Italia, Foto: Ferrari

2013 markierte die letzte Saison des V8-Motors in der Formel 1. Für Ferrari Anlass, den V8 wieder in den Namen einzugliedern. Aber als F138. F-Jahr-Zylinder. Sozusagen eine Vermischung des 2010er- und 2006er-Schemas, ein bisschen Subtraktion noch dazu. F20138 wäre ein bisschen viel.

F138, der letzte V8-Sauger, Foto: Ferrari
F138, der letzte V8-Sauger, Foto: Ferrari

Für die 2014 beginnende Turbo-Hybrid-Ära musste dann natürlich eine angemessene Neuerung her. Mittels Internet-Voting wurde F14 T ermittelt, Jahr plus "Turbo". Oder "FIAT", die bösen Witze kamen bald. Weil es besser zur Performance eines desaströsen Autos passte, welches dem Teamchef den Kopf kostete und Fernando Alonso aus Maranello vertrieb.

Anpassungen mussten sein, also wurde es 2015 SF15 T, jetzt mit zusätzlichem "S" für Scuderia (um sich von der Straßenwagen-Sparte abzuheben?). 2016 kam der SF16-H, das "Turbo-T" musste einem mit Bindestrich angeflanschten "Hybrid-H" weichen (vielleicht um Nachhaltigkeit in den Vordergrund zu rücken?).

Dann bahnte sich 2017 ein neues Jubiläum an, wie immer war das unwiderstehlich: Zur Feier des eigenen 70-Jahr-Jubiläums als Autohersteller fuhr der SF70H (jetzt neu ohne Bindestrich ...). Die Zahl schien zu gefallen, 2018 blieb sie mit SF71H bestehen.

Mit dem SF70H fuhr Sebastian Vettel 2017 endlich wieder um die WM, Foto: Ferrari
Mit dem SF70H fuhr Sebastian Vettel 2017 endlich wieder um die WM, Foto: Ferrari

Aber wie jede alte Firma weiß: Ab einem gewissen Punkt feiert man jedes zweite Jahr ein Jubiläum. So geschehen 2019, Ferrari wurde 90 Jahre alt. (Nicht den Überblick verlieren: 90 Jahre sind das Alter der Marke, 72 Jahre davon als Autohersteller.) Also SF90. Außerdem ohne "Hybrid-H", warum nicht. Vielleicht, weil es 1929 keinen Hybrid-Ferrari gab.

Ferraris 2019er-Auto, der SF90, Foto: Ferrari
Ferraris 2019er-Auto, der SF90, Foto: Ferrari

Das nächste Jubiläum kommt bestimmt? Richtig. 2020 folgte der SF1000 - für Ferraris 1000. Formel-1-Rennen, das ja nicht mit dem 1000. Formel-1-Rennen zusammenfiel. Damit hatte Ferrari vor allem eines sichergestellt: 2021 musste wieder ein neuer Name her, schließlich war der Name SF1000 in Verbindung mit der Bedeutung unmöglich zu übertragen (SF1009? SF1030?). So kam es wie es kommen musste. Der SF21 war geboren - und das wieder ein Novum. SF plus Jahresziffer ohne Zusätze, das hatte es trotz allem Hin und Her tatsächlich noch nicht gegeben.

Doch 2022 war für eine Umbenennung unwiderstehlich, das war klar. Zum einen ein neues F1-Reglement, zum anderen ein Jubiläum. Das Jahr 1947 wurde wieder ausgegraben (SF70H, wer erinnert sich?), aber mit neuem Twist versehen. F1-75. Die 75 geht, so stellte Ferrari explizit klar, zurück auf den 12. März 1947 - als Enzo Ferrari höchstpersönlich erstmals den ersten Ferrari-Straßenwagen überhaupt startete und der 125S erstmals die Fabrik verließ. Es gelang das Kunststück, das gleiche Jubiläum anders zu präsentieren.

Begann mit dem SF-23 eine Ära der Konstanz beim Namen?, Foto: Ferrari
Begann mit dem SF-23 eine Ära der Konstanz beim Namen?, Foto: Ferrari

2023, versicherte Ferrari, ging es zurück zum Namensschema der Hybrid-Ära. Mehr oder weniger. Vielleicht hatte man selbst vergessen, dass fünf der bis dahin zehn Turbo-Hybrid-Ferraris die Jahreszahl nicht führen. Oder dass der SF21 keinen Bindestrich hatte. Der SF-23 hatte nämlich jetzt einen. Und dann geschah 2024 das Wunder: Ja, es war tatsächlich ein Namensschema! Zum ersten Mal seit 2018 behält man das Muster für den SF-24 bei.