Großes Finale einer langen Formel-1-Saison: Mit dem Wüstenrennen in Abu Dhabi endet das F1-Jahr 2019 so spät wie nie. Der Grand Prix auf dem Yas Marina Circuit startet tatsächlich erst am ersten Adventssonntag im Dezember. Immerhin: Lang heißt nicht langweilig. Auch vor dem Finale stellen sich noch immer spannende Fragen. Die Brennpunkte zum Großen Preis von Abu Dhabi.

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#1 Hat sich Ferrari vom Crash erholt?

Bis zum vorletzten Saisonrennen ließen sich Sebastian Vettel und Charles Leclerc Zeit, dann passierte es doch noch. Die beiden Ferrari-Alphatiere kollidierten teamintern! Nur eine kleine Berührung, aber große Folgen: Doppelausfall in Brasilien, der erste Nuller Maranellos der Saison überhaupt. Immerhin warf das Duo weder Sieg noch WM-Chance weg, dennoch herrschte in der Führungsetage alles andere als Begeisterung.

Haben sich Vettel und Leclerc in Abu Dhabi nun im Griff? Hat Teamchef Mattia Binotto seinen Fahrern erfolgreich ins Gewissen geredet? Ein großes Fass versucht die Scuderia jedenfalls - wie üblich - erst gar nicht aufzumachen. In der Vorschau-Presseaussendung auf Abu Dhabi streift Ferrari das Thema nicht einmal im Ansatz.

#2 Wer ist Favorit in Abu Dhabi?

Zuletzt erlebte Red Bull eine gewisse Renaissance nach seiner ersten 2019er Hochphase kurz vor der Sommerpause. In Mexiko und Brasilien verfügten die Bullen mit Honda-Power sogar über das stärkste Gesamtpaket, in den USA reichte es zumindest zur zweiten Kraft. Vor allem die beiden erstgenannten verbindet jedoch ein offenbar entscheidender Faktor: Höhenlage.

Genau die gibt es in Ab Dhabi nun nicht mehr. Lediglich 27 Meter liegen die Vereinigten Arabischen Emirate über dem Meeresspiegel. Nicht nur deshalb warnt Red Bull davor, die neue Stärke auch in der Wüste bestätigen zu können. "Wir kommen von einer flüssigen Strecke wie Interlagos zu einer engen und kurvenreichen Strecke in Yas Marina, wo das Auto ganz anders als in Brasilien vorbereitet werden muss, um das Beste aus ihm herauszuholen", mahnt Max Verstappen.

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Besser aussehen sollte es dafür wieder bei Ferrari - vorausgesetzt, die in Brasilien seitens FIA einkassierten Benzinsysteme haben keine Folgen in Form nötiger Anpassungen. Ja, auch das Thema rund um die Legalität des Ferrari-Motors wird in Abu Dhabi weitergehen. Grundlegend sollte Abu Dhabi Ferrari jedoch entgegen kommen. Eine lange und zwei zumindest nennenswerte Geraden gibt es, noch dazu hat die Scuderia in Singapur bewiesen, dass auch winklig den SF90 zumindest nicht mehr völlig überfordert.

Und Mercedes? Dürfte als leichter Favorit zum Wüstenrennen fliegen. In der Hybrid-Ära sind die Silberpfeile in Abu Dhabi noch ungeschlagen, noch dazu betont der Grand Prix keine Schwäche des W10 über Gebühr. Selbst die Hitzeanfälligkeit ist zu vernachlässigen, starten die relevanten Sessions allesamt erst in der Dämmerung.

Und dann ist da noch Lewis Hamilton, der trotz WM-Titels irgendwie noch eine Rechnung mit 2019 zu begleichen hat. Erst zwei Siege nach der Sommerpause, keine Pole sogar seit Hockenheim und nicht zuletzt das in Brasilien verlorene direkte Duell gegen Max Verstappen. Der Champion wird hoch motiviert sein. Zumal er auch noch seinen eigenen Punkterekord (408 im Vorjahr) toppen kann. Dafür muss er allerdings zwingend siegen.

#3 Wer kann die Top-Teams ärgern?

Noch nicht auf dem Podium, aber im finalen Rennergebnis sorgte Carlos Sainz in Brasilien für einen erfrischenden Farbtupfer in der blau-rot-silbernen Formel 1. Im Papaya-orangefarbenen McLaren gelang dem Spanier sein erstes Podium in der Königsklasse. Ein Podium, das angesichts des großen Aufwärtstrends Wokings anno 2019 fast schon überfällig erschien.

Doch ganz reicht es aus eigener Kraft eben noch nicht, um die Top-Teams unter Normalbedingungen wirklich zu fordern. Aber, um sie zu ärgern. Zumindest in den Startphasen spielten Sainz und Lando Norris mal vorne mit, mischten die Top-Teams zumindest etwas auf. Auch im späteren Rennverlauf ist McLaren inzwischen so weit, sich auf kleine Scharmützel einzulassen. Einfach hergeschenkt, weil sowieso nur Zeit verloren wird, werden Positionen an die Top-Teams nicht mehr unbedingt.

Das liegt jedoch auch daran, dass McLaren das leisten kann, sich inzwischen einen kleinen Vorsprung auf das restliche Mittelfeld erarbeitet hat. Allenfalls Renault kann Woking je nach Strecke mal etwas mehr, mal weniger fordern. Auch in Abu Dhabi?

#4 Wer trumpft zum Abschied noch mal auf?

Zwei große Abschiede stehen der Formel 1 in Abu Dhabi ins Haus. In beiden Fällen geht es um prominente wie beliebte Charakterköpfe. Einmal ist da Nico Hülkenberg, der in der Wüste sein vorerst letztes F1-Rennen starten wird. Bei Renault wird es 2020 durch Esteban Ocon ersetzt, ein anderes Cockpit fand der Emmericher nicht oder will er nicht (Williams).

Folgt zum vorläufigen F1-Karriereende noch einmal ein Highlight? Vielleicht sogar die große Befreiung von dem berühmten Un-Rekord des 'Hulks'? 176 Mal startete Hülkenberg bis dato in der F1, nie stand er auf dem Podium. Damit liegt er in dieser unrühmlichen Disziplin weit vor dem Zweiten, Adrian Sutil mit 128. Gelingt in Anlauf 177 endlich der Erlösung? Diese Geschichte wäre fast schon zu kitschig.

Nicht ganz so kitschig, aber emotional war dagegen das Comeback des Robert Kubica. 2019 schaffte es der Pole nach seinem verheerenden Rallye-Unfall tatsächlich als Stammfahrer zurück in die Formel 1. Mehr als mitzufahren war allerdings nie drin. Deshalb wäre ein Auftrumpfen zum Abschied bereits, sollte es dem polnischen Volkshelden im letzten Versuch gelingen, Teamkollege George Russell erstmals im Qualifying-Duell zu schlagen.

#5 Wie geht's nach dem Finale weiter?

Einmal Phrasenschwein muss sein: Nach der Saison ist vor der Saison! Auch nach dem Rennen in Abu Dhabi ist die Formel 1 für 2019 noch nicht ganz fertig. Im Anschluss an den Grand Prix steigen am Dienstag und Mittwoch einmal mehr zwei Tage Testfahrten zum Saisonabschluss. Hier geht es vor allem um eine Erprobung der neuen Pirelli-Reifen für 2020.

Bei ersten Tests der eigentlich finalen Konstruktionen hatte es in Austin Kritik seitens der Fahrer gesetzt. Allerdings waren die für Texas untypisch kühlen Temperaturen auch alles andere als repräsentativ. In der Wüste wird das anderes aussehen, zumal Pirelli bereits angekündigt hatte, nochmals Hand anzulegen.

Nicht nur deshalb sind die Testfahrten von Interesse. Auch einige neue - oder zumindest ungewohnte - Gesichter wird man sehen. So steht bereits fest, dass Esteban Ocon für Renault fahren darf. Mercedes erteilte seinem Noch-Simulatorfahrer die Freigabe für einen ersten Test mit seinem neuen Team.

Das gesamte Geschehen bei den Testfahrten verpassen muss auch ohne TV-Coverage niemand: Motorsport-Magazin.com bleibt anders als die meisten Medien für den Test in der Wüste und wird per Live-Ticker alle Informationen direkt aus Abu Dhabi liefern.