Erlösung für McLaren. Carlos Sainz feierte beim Formel-1-Rennen den ersten Podestplatz des britischen Traditionsrennstalls seit 2014 - wenn auch auf eine etwas ungewöhnliche Art und Weise. Nicht nur, dass er den Grand Prix vom letzten Startplatz in Angriff nahm. Das Edelmetall gab es trotz starker Aufholjagd erst nach Strafe für Lewis Hamilton.

"Es ist ein seltsames erstes Podium, wenn man nach dem Rennen nicht mit dort oben steht, aber ich bin über unser Rennen sehr glücklich", so Sainz, der sich 24 Stunden zuvor noch wenig Chancen ausgerechnet hatte, von ganz hinten auch nur bis in die Punkte vorzudringen. McLaren hatte in Interlagos bis zum Rennstart nicht die gewohnte Pace gezeigt.

Doch mit einem neuen Motor im Heck des Spaniers und Teamkollege Lando Norris auf Startplatz zehn hatte Teamchef Andreas Seidl schon nach dem Qualifying volle Attacke angekündigt. Die Nummer eins im Mittelfeld wollte sich in der Schlussphase der Saison nicht die Blöße einer Nullnummer geben.

"Wir sind nach einem schwierigen Samstag mit der klaren Entschlossenheit aufgestanden, niemals aufzugeben und zurückzuschlagen", so Seidl. "Wir haben als Team heute gut gearbeitet. Wir hatten einige schwierige Strategie-Entscheidungen zu treffen und haben tolle Boxenstopps gehabt. Dazu zwei brillante Rennfahrer in den Autos, die am Ende die Plätze drei und acht verdient haben."

Sainz mit mutiger Strategie erfolgreich

"Von ganz hinten auf P3 ins Ziel zu kommen war eine große Herausforderung", so Sainz. "Aber wir haben bis zum Schluss mit allem was wir hatten gekämpft." Seine Strategen hatten ihn auf dem Medium-Reifen ins Rennen geschickt und in Runde 29 auf Hard gewechselt. Als einziger Pilot im Feld war Sainz auf einer Einstopp-Strategie unterwegs.

"Es war nicht einfach, dieses Rennen zu lesen. Wir sind bei Carlos mit der Einstopp-Strategie volles Risiko gegangen", sagt Seidl. "Er ist dann einen unglaublich langen Stint gefahren und es war eine großartige Leistung, wie er sich zum Schluss gegen die anderen Autos auf frischen Reifen verteidigt hat."

Die Ziellinie überquerte Sainz zunächst als Vierter. Erst als Hamilton für seine Kollision mit Albon eine 5-Sekunden-Strafe kassierte, rückte er nachträglich auf das Podest auf. Dass er überhaupt erst in diese Position kam, lag an den beiden Safety-Car-Phasen in der Schlussphase. Da einige seiner direkten Konkurrenten noch einmal auf frische Reifen wechselten, wurde er nach vorne gespült.

McLaren muss sein Glück noch analysieren

"Wir müssen es noch analysieren. Wir sahen im Rennen verglichen mit Freitag und Samstag schneller aus. Aber es ist auch so viel passiert, dass wir uns etwas Zeit nehmen müssen, all das im Detail zu analysieren, was uns dieses Resultat beschert hat - zusammen mit dem Glück, das wir auch hatten", sagt Seidl.

Das nötige Glück auf Sainz' Seite fehlte einmal mehr dem Teamkollegen. Norris war in Runde 53 im Zuge der ersten Safety-Car-Phase für einen Wechsel zurück auf Medium an die Box gekommen. "Wir hatten die Strategien gesplittet und für Lando waren es am Ende nicht mehr genügend Runden, um vom neuen Reifen zu profitieren", erklärt der Teamchef.

Unmittelbar nach dem Rennen kursierten noch Gerüchte um eine Untersuchung gegen Sainz aufgrund eines regelwidrigen Einsatzes des DRS unter gelber Flagge. Die Spekulationen bewahrheiteten sich jedoch nicht, sodass er sein erstes Podest im 101. Rennen offiziell zugesprochen bekam. Für McLaren war es das erste Edelmetall nach einer 119 Rennen langen Durststrecke.

"Letztendlich ist unser Ziel, in Zukunft Podeste auf Basis der eigenen Performance einzufahren. Darauf liegt der Fokus", kündigt Seidl an. Etwas, das natürlich auch Glückspilz Carlos Sainz gerne sehen will. "Mein erstes Podium ist natürlich ganz besonders, aber wir müssen weiter pushen um mit unserer eigenen Pace dort oben zu stehen."

McLaren fixiert Platz vier in der Weltmeisterschaft

Ein Ziel hat McLaren mit dem Resultat in Brasilien aber schon erreicht. Durch die doppelte Punkteausbeute ist Platz vier in der Konstrukteurswertung bereits ein Rennen vor dem Ende der Saison im Sack. Bei 48 Punkten Vorsprung würde Renault in Abu Dhabi nicht einmal die maximale Ausbeute von 43 Zählern reichen, um den einst krisengebeutelten Rennstall aus Woking noch abzufangen.

"Es ist großartig, dass wir Platz vier bei den Konstrukteuren sichergestellt haben. Das ist einfach eine großartige Belohnung für all die harte Arbeit, die jeder hier an der Rennstrecke und in der Fabrik das gesamte Jahr über geleistet hat", lobt Seidl seine Truppe. "Das ist die richtige Motivation für den Winter, um nächstes Jahr den nächsten Schritt zu machen."