Max Verstappen lieferte sich auf seinem Weg zum Sieg im Formel-1-Rennen in Brasilien einen sehenswerten Kampf mit Weltmeister Lewis Hamilton. Doch der bisher vielleicht eindrucksvollste Triumph seiner Karriere wurde nach dem chaotischen Finale in Interlagos beinahe zur Randnotiz. Im Schatten des Unfalls zwischen den Ferrari-Teamkollegen Sebastian Vettel und Charles Leclerc geriet schnell in Vergessenheit, wie hart Verstappen Platz eins erkämpfte und dabei selber fast an einem Debakel vorbeischrammte.

"Es sind viele Dinge passiert", so Verstappen nach seinem dritten Sieg der Saison, der gleichzeitig der achte für ihn in der Formel 1 war. Von der Pole Position gestartet ging es zwischen ihm und Hamilton das gesamte Rennen heiß her. "Das war gut. Wenn du gegen einen Weltmeister kämpfen kannst, ist das natürlich immer befriedigender als gegen irgendjemanden um Platz zehn zu kämpfen oder so."

Das Duell der beiden Piloten war vor allem nach dem verbalen Schlagabtausch der letzten Wochen brisant. Zwar hatten sie die Wogen geglättet, doch im Kampf um den Sieg werfen Alphatiere wie Hamilton oder Verstappen gute Vorsätze auch schnell mal über Bord. Schließlich will keiner als Verlierer vom Platz gehen.

Zweimal kam es zwischen ihnen auf dem Autodromo Jose Carlos Pace am Sonntag zum Showdown. Nachdem Hamilton in Runde 21 per Undercut die Führung übernommen hatte, konterte Verstappen, nur um einen Umlauf später wieder von Hamilton kassiert zu werden und dann erneut zurückzuschlagen.

"Auf meiner Out-Lap blieb Lewis im Mittelsektor hinter Charles stecken, also pushte ich hart um an sie heranzukommen", so Verstappen, der nach dem Platzverlust in der Boxengasse sofort maximal attackierte. "Ich ging in Turn zwölf an Charles vorbei und hatte dann den Windschatten und das DRS hinter Lewis."

Verstappen entgeht Kubica-Kollision

Dass er überhaupt hinter den Mercedes-Fahrer zurückgefallen war, hatte Williams-Pilot Robert Kubica zu verantworten. Der Pole wurde von seiner Boxencrew freigegeben, als Verstappen gerade auf dem Weg zurück auf die Strecke war. Der Zwischenfall hätte um ein Haar das Rennen des späteren Siegers beendet.

"Ich wäre ihm fast reingefahren und musste da richtig bremsen. Beinahe hätte mein Anti-Stall ausgelöst", so Verstappen, der beim Ausweichmanöver fast die Boxenmauer touchierte. Die Szene ging glimpflich aus. Kubica erhielt von der Rennleitung eine 5-Sekunden-Zeitstrafe.

Nachdem Verstappen diesen Missstand durch sein erfolgreiches Manöver gegen Hamilton korrigiert hatte, wehrten er und seine Strategen den zweiten Undercut von Mercedes wenig später erfolgreich ab. "Wir hatten einen guten Boxenstopp, die Jungs waren wirklich unglaublich", so Verstappen über den Reifenwechsel, für den die Mechaniker lediglich 1,82 Sekunden benötigten.

Verstappen trauert ultimativem Showdown gegen Hamilton nach

Für den vermeintlich letzten Stint waren beide auf Medium-Reifen unterwegs und Hamilton schickte sich an, Verstappen zu attackieren. Doch der Ausfall von Valtteri Bottas in der 53. Runde änderte alles. "Ohne das Safety Car hätte es bis zum Ende des Rennens einen guten Kampf gegeben, denke ich", sagt Verstappen.

Doch stattdessen gab es einen anderen Showdown. Red Bull nutzte die Neutralisierung und holte Verstappen zum Wechsel zurück auf Soft an die Box, wodurch er die Führung an Hamilton abgeben musste. "Zu dem Zeitpunkt war ich mir nicht sicher, ob das funktionieren würde", hatte Verstappen angesichts dieses Strategie-Schachzuges zunächst seine Zweifel.

Den finalen Schlagabtausch entschied Verstappen gleich beim Restart in Runde 60 für sich. Nachdem Hamilton das Feld recht aggressiv hatte auflaufen lassen, machte sein Verfolger mit ihm bei der ersten Anfahrt auf Turn 1 kurzen Prozess. "Ich hatte gleich beim Restart einen guten Windschatten von Lewis und ging außenherum vorbei", erklärt Verstappen.

"Wir hatten einen schönen Kampf in Kurve eins und Kurve vier und man konnte sehen, dass mir der Reifenvorteil wirklich half", freut sich Verstappen. Es war ein guter Kampf. Wir haben einander genug Platz gelassen, es war gerade so genug. Das war cool."

Vestappen beim letzten Restart souverän

Danach sah es für ihn nach einer kontrollierten Fahrt an der Spitze aus, doch die Safety-Car-Phase in Folge der Kollision zwischen Vettel und Leclerc machte es noch einmal spannend. Diesmal hatte Verstappen beim Restart für die letzten zwei Runden das Kommando. Er wählte eine andere Taktik als Hamilton.

Verstappen führte das Feld in stetem Tempo auf die Start-und-Zielgerade, um dann erst kurz vor der Linie Gas zu geben und so eine Windschattenschlacht über die gesamte Länge der Geraden zu vermeiden. "Ich habe viele Restarts im Go-Kart gemacht und da passieren die ganze Zeit irgendwelche Dinge. In der F3 auch. Und in der F1 habe ich auch schon viele Restarts mitgemacht. Selbst wenn du nicht vorne bist, kannst du da viel lernen", erklärt er.

Vorgeschmack auf 2020? Verstappen von Brasilien-Sieg beflügelt

Nach der Durststrecke der letzten Monate ist Verstappen angesichts des ersten Sieges in der zweiten Saisonhälfte umso glücklicher. Das angepeilte Ziel von fünf Siegen in der Saison 2019 wird Red Bull zwar nicht mehr erreichen, aber Nummer drei war für ihn trotzdem ein wichtiger Moment.

"Das war eine Teamleistung. Das Auto hat gut funktioniert und ich habe versucht, so konstant wie möglich zu sein. Die Jungs haben beim Boxenstopp und bei der Strategie einen großartigen Job gemacht. All das hat uns den Sieg beschert", sagt er. "Wir haben in den letzten Rennen einiges gelernt. Das ist hoffentlich ein gutes Zeichen für den Saisonstart nächstes Jahr."