1. - S wie Startaufstellung

Das ganz große Finale war das Qualifying zum Formel-1-Rennen in den USA (Start in Austin heute 20.10 Uhr MEZ, live auf RTL, Sky und im Live-Stream F1 TV) trotz eines Tausendstelkrimis irgendwie nicht. Stattdessen sorgt die Startaufstellung nun für umso größere Spannung für das Rennen - und die eigentlich erwartete WM-Entscheidung.

Eigentlich erwartete, weil Valtteri Bottas mit seiner Pole Position und Lewis Hamilton mit einem unerwarteten Durchhänger (nur P5 auf einer seiner statistisch stärksten Strecken) jetzt allein deshalb dafür gesorgt haben, dass plötzlich doch nicht mehr alles sogar ist. So trennen die WM-Rivalen von Mercedes bereits am Start gleich einmal Sebastian Vettel, Max Verstappen und Charles Leclerc.

Hinter Hamilton lauert mit Alex Albon zudem der zweite Red Bull - mit weicheren Reifen (vgl. 2. - S wie Start). Carlos Sainz, Lando Norris, Daniel Ricciardo und Pierre Gasly komplettieren die Top-10. Nico Hülkenberg startet unmittelbar dahinter von P11. Sergio Perez muss wegen eines Vergehens beim Wiegen im Training aus der Boxengasse losfahren.

2. - S wie Start

Fast verschwindend kurze 231 Meter beträgt auf dem Circuit of the Americas in Austin der Weg bis zum ersten Bremspunkt. Einer der kürzesten Startsprints der ganzen Formel-1-Saison. Dennoch hat er es in sich. Nirgendwo sonst geht es derart stark bergauf. 41 Höhenmeter werden auf dem kurzen Stück erklommen, daher ist die erste Kurve noch dazu kaum einsehbar.

Erst im Vorjahr nutze das Kimi Räikkönen, um sich am Start an Polesitter Lewis Hamilton vorbeizudrücken. 2019 will sein ehemaliger Teamkollege Sebastian Vettel genau diesen Move - diesmal nur gegen einen anderen Mercedes-Fahrer - kopieren. Vettel: "Es ist hier sicher nicht schlecht, in der ersten Reihe zu sein. Das hat Kimis Start vergangenes Jahr bewiesen!"

Austin 2018: Räikkönen zieht Hamilton am Start ab, Foto: Sutton
Austin 2018: Räikkönen zieht Hamilton am Start ab, Foto: Sutton

"Der Weg ist ja nicht so lang. Aber wir haben mehr Power, da hilft es, wenn es bergauf geht", hofft Vettel. "Aber das macht keinen so großen Unterschied. Ich hoffe einfach auf einen guten Start von der Linie, dann sehen wir, wohin es geht. Wir sind ja alle auf Medium, keiner hat da einen Vorteil."

Das stimmt jedoch nicht ganz. Zumindest Alex Albon im Red Bull hat einen Vorteil in Sachen Traktion. Der Thai-Brite qualifizierte sich mit Soft für Q3, startet also auf weicheren Reifen als das Quintett vor ihm. Allerdings nur von P6. Ist das nicht zu weit weg? Nicht wenn es nach Albon geht.

Der Youngster hat viel vor am Start: "Wir sind die ersten, die mit dem Soft starten. Hoffentlich gibt uns das einen Vorteil beim Launch, sodass wir ein paar Autos in Kurve eins hinein überholen können.

3. - S wie Strategie

Die weichen Reifen könnten Albon jedoch wenig später schon wieder das Rennen ruinieren. Geht der weiche Pneu zu schnell ein? Nicht umsonst haben alle anderen der Top-Teams sich immerhin für Medium entschieden. Doch war das richtig? Pirelli jedenfalls sieht als schnellste Variante, die 56 Runden auf dem Cota zu bewältigen, tatsächlich eine Einstopp-Strategie mit Start auf Soft und Wechsel auf Medium nach 22-25 Runden. Das kann in den Top-6 nur Albon.

Allerdings seien Medium-Hard und Soft-Hard nahezu gleichschnell. Selbst zwei Stopps mit Soft-Soft-Medium könnten unter passenden Bedingungen funktionieren, so die Italiener. Die spielen tatsächlich wieder eine schwer vorhersehbare Rolle. Wie bereits zuletzt in Mexiko soll der Sonntag weitaus - bis zu 10 Grad - wärmer werden als das bisherige Wochenende.

Das änderte in Mexiko alles. Mercedes schlug daraus Kapital, Ferrari patzte. Macht es die Scuderia in den USA besser? Sebastian Vettel klingt jedenfalls so, als werde man dieses Mal genau überlegen: "Es wird wichtig sein, keine Fehler bei der Reifenstrategie zu machen. Letzten Sonntag haben wir gesehen, dass sich Risiko manchmal auszahlen kann. Also werden wir die Situation vor dem Start sorgfältig analysieren."

Der Plan scheint sogar schon geschmiedet. "Wir hatten vor allem auf den harten Reifen Probleme, weil wir sie nicht zum Arbeiten bekommen haben. Aber das sollte heute [deutscher Zeit] kein Problem sein", sagt Vettel. Heißt: Entweder will Ferrari den Hard verschmähen und geht davon aus, dass er bei mehr Asphalttemperatur besser arbeiten wird.

Fest steht in jedem Fall jedoch, wie man es besser als Max Verstappen kaum ausdrücken könnte: "Viel wird vom Durchhaltevermögen der Reifen und der Strategie abhängen."

4. - S wie Safety Car

Alle strategischen Überlegungen über den Haufen werfen würde beim USA GP ein Safety Car. Das ist trotz der weitläufigen Strecke in Austin gar nicht einmal so unwahrscheinlich. In immerhin zwei der vergangenen fünf Rennen auf dem Circuit of the Americas rückte Bernd Mayländer aus, einmal davon - im chaotischen Regenrennen von 2015 inklusive zweier weiterer VSCs allerdings - sogar gleich doppelt.

5. - S wie Schmerzen

In Bahrain ist es die Hitze, in Singapur die Luftfeuchtigkeit, in Silverstone die Highspeed-Esses. Formel-1-Fahrer sind physisch durch verschiedenste Faktoren extremer Belastung ausgesetzt. In Austin kommt 2019 ein eher unübliches Phänomen hinzu: Extreme Bodenwellen auf dem Circuit of the Americas machen den F1-Stars zu schaffen.

So klagte selbst der austrainierte Lewis Hamilton schon nach dem ersten Training am Freitag über Beschwerden. Kopfschmerzen. Nico Hülkenberg sprach davon, durchgerüttelt und geprügelt worden zu sein, nimmt diese Herausforderung allerdings gerne an. Pierre Gasly spürte seinen Rücken mehr denn je. Und das alles, ohne verpflichtend mehr als 300 Kilometer am Stück fahren zu müssen. Die 56 Rennrunden könnten sich heute für manch einen als pure Folter erweisen.

6. - S wie Schlussakkord?

Es kann es schon wieder schaffen: Lewis Hamilton steht in Austin heute vor dem vorzeitigen Gewinn seines sechsten WM-Titels in der Formel 1. Damit würde der Brite an Juan Manuel Fangio vorbeiziehen und nur noch einmal weniger Weltmeister sein als Michael Schumacher. Dass es bereits beim USA GP gelingt, ist höchst wahrscheinlich.

So muss Hamiltons einzig verbliebener WM-Rivale, Valtteri Bottas, in Austin mindestens 23 Punkte aufholen. Mit anderen Worten: Der Finne ist zum Siegen verdammt. Das muss jedoch noch längst nicht reichen. Anders als in Mexiko kann Hamilton es diesmal aus eigener Kraft schaffen. Dafür reicht ihm selbst bei einem Bottas-Sieg samt Punkt für schnellste Rennrunde schon ein achter Platz. Holt Hamilton selbst den Bonuspunkt, genügt bereits Rang neun.

Lewis Hamilton kann in Austin ganz leicht Weltmeister werden (gelb = WM-Titel; grau = Entscheidung vertagt; schwarz = Szenario nicht möglich), Foto: Motorsport-Magazin.com
Lewis Hamilton kann in Austin ganz leicht Weltmeister werden (gelb = WM-Titel; grau = Entscheidung vertagt; schwarz = Szenario nicht möglich), Foto: Motorsport-Magazin.com

7. - S wie Sieger

Mercedes hat es endlich geschafft. Die unüberwindbar scheinende Ferrari-Hürde im Qualifying ist nach sechs gescheiterten Versuchen endlich übersprungen. Kann Valtteri Bottas von Pole nun also die zuletzt bessere Mercedes-Rennpace mühelos ausspielen? Genau darauf baut der Finne vor seinem Pflichtsieg (vgl. 6. - S wie Schlussakkord?

"Wir haben ein gutes Rennauto. Sonntags waren wir ja immer stark. Wir haben die Pace. Und Positionierung ist alles", sagt Bottas. "Aber der Rest liegt nicht in meiner Hand", ergänzt der Finne zum Rennen im Rennen - dem WM-Rennen gegen Lewis Hamilton.

Für den Briten geht es am Sonntag in Austin jedoch nicht nur um den WM-Titel. Sondern auch einen WM-Titel in Style. Jüngst holte Hamilton jeweils in Mexiko mit einem vierten (2018) und einem neunten Platz (2017) den Titel - nicht einmal auf dem Podium also! Zuletzt per Sieg krönte er sich - genau - in Austin zum Champion (2015).

Damit nicht genug. Auch um Wiedergutmachung für seinen Durchhänger im Qualifying geht es Hamilton am Sonntag. Und um die Befriedigung seiner Gier, eine unfassbar schwere Aufgabe lösen zu müssen. Hamilton: "Es wird eine harte Nuss, zu versuchen, an zwei Ferrari, einem Red Bull und Valtteri vorbeizukommen." Das impliziert. Etwas anderes als den Sieg hat der designierte Champion auch von P5 nicht im Kopf. Erst recht nicht in Austin. Dort gewann Hamilton fünf seiner sieben bisherigen Rennen.

Was die Aufgabe so schwer machen wird, ist vor allem die Tatsache, dass es am Freitag auf den Longruns zwischen allen Top-Teams eng zuging. Klar, Mercedes lag vorne. Aber nicht hoch überlegen. Bei geringeren Deltas auf der Strecke zu überholen wird selbst in Austin kein Zuckerschlecken - zumal der starke Ferrari-Topspeed trotz Qualifying-Schlappe nicht verschwunden ist.

Nicht einmal bei Leclerc, der nach einem Ölleck im FP3 zurückrüsten musste. Das meint zumindest der Monegasse selbst: "Meine Power Unit wurde gewechselt, also ist da nicht mehr so viel Vorteil wie zuvor. Aber ich werde das Beste daraus machen - und natürlich sind wir trotzdem noch immer schnell auf den Geraden!"

Und die Kurven und das Reifenrutschen, bekanntlich die Achillesferse der Roten? Soll sich inzwischen ganz gut anlassen, glaubt Sebastian Vettel: "Wir konnten heute [am Samstag im dritten Training] keine Longruns mehr machen, aber das Auto hat sich viel besser angefühlt, wir haben eine Menge Dinge ändern können. Das sollte auch im Rennen helfen." Leclerc ist weniger überzeugt: "Hier haben wir nicht gerade die beste Rennpace des Jahres, also wird es kein einfaches Rennen."