Mercedes war im Formel-1-Rennen in Singapur an diesem Sonntag der große Verlierer. Die Weltmeister setzten beim Strategie-Poker gegen Ferrari alles auf eine Karte und verloren haushoch. Das Fazit von Teamchef Toto Wolff fiel nach den Plätzen vier und fünf für seine Fahrer äußerst kritisch aus. Lewis Hamilton reagierte mit Unverständnis. Er hätte ganz anders taktiert.

"Ich wusste, dass wir den Undercut hätten machen müssen", so der Brite, der aus der Spitzengruppe am längsten auf dem Soft-Startreifen draußen blieb und durch diesen Umstand vom zweiten auf den vierten Platz zurückfiel. Die Mercedes-Strategen hatten ihn auf einen Overcut gegen den im ersten Stint in Führung gelegenen Charles Leclerc angesetzt.

"Ich habe es heute Morgen in der Besprechung schon gewusst. Ich meinte, dass ich das Risiko eingehen sollte, aber sie nicht", lässt Hamilton leichte Kritik durchklingen. "Wir hatten das Gefühl, dass mit dem Reifen mehr geht", erklärt Wolff die Entscheidung zum Overcut und räumt ein: "Der Undercut war deutlich stärker, als wir alle erwartet hatten", erklärt Wolff.

Mercedes setzt alles auf den Overcut mit Hamilton

Doch als Ferrari Leclerc zuerst reingeholte, gab es für Mercedes keinen Weg mehr zurück. "Wir haben die Chance auf den Undercut verpasst, was wohl auch Ferrari überrascht hat. Aber dann ging es nur noch um die Frage, uns gegen Max zu verteidigen oder nach dem Sieg zu greifen, obwohl die Wahrscheinlichkeit dafür eher gering war", so der Teamchef weiter.

Mercedes entschied sich für die Flucht nach vorne. Und die Chance auf einen erfolgreichen Overcut bestand laut Wolff auch dann noch. "Der Overcut war unsere einzige Chance, denn es gab den Kampf mit Stroll und Giovinazzi und die Ferrari holten schnell darauf auf. Wir hatten gehofft, dass sie den Ferrari-Zug ausbremsen", sagt der Österreicher.

Doch dann brach Hamiltons Reifen rapide ein. Selbst die Mittelfeld-Piloten zwischen ihm und den Ferrari fuhren ab diesem Moment schnellere Zeiten als er. Für Wolff war das Rennen damit entschieden: "Ab da war das Spiel für uns aus." Nach drei Niederlagen in Folge gegen Ferrari schmerzt Hamilton der Ausgang des Rennens besonders.

Mercedes gesteht Strategie-Fehler

"Es tut uns nur weh, weil wir heute locker hätten gewinnen können. Aber es hat einfach nicht geklappt", so der fünfmalige Weltmeister, der in Ungarn noch der große Profiteur einer riskanten Mercedes-Strategie war und am Ende triumphierte. Wir gewinnen und wir verlieren zusammen als Team", beschwört er den Teamgeist.

"Heute war es kein Fehler der Fahrer. Die verlorene Chance war, ein Auto gehabt zu haben, das über die gesamte Distanz schneller gewesen wäre, wenn auch nicht auf einer Runde, und der Fehler in der Strategie, den James [Vowles] sofort auf seine Kappe genommen und gesagt hat: Ich habe es verbockt", so Wolff.

Eigentlich wäre Hamilton nach dem misslungenen Overcut als Sechster hinter Alexander Albon aus der Box gekommen. Doch Mercedes minimierte den Schaden, in dem Bottas angewiesen wurde, den Thailänder einzubremsen. So kam Hamilton auf Platz vier zurück auf die Strecke, wo er das Rennen schlussendlich auch beendete.

Hamilton mahnt: Ferrari hungriger als Mercedes

Die Enttäuschung sitzt bei allen Team-Mitgliedern tief, doch gegenseitige Anschuldigungen spart man sich bei den Silbernen, wie Wolff klarstellt: "Wir haben ein Umfeld geschaffen, in dem du sagen kannst, wenn wir unseren Job nicht gut genug gemacht haben."

Hamilton mahnt nach der Siegesserie der Scuderia dennoch: "Es fühlt sich so an, als wären sie [Ferrari] hungriger als wir. Wir müssen nachlegen. Wir haben die Möglichkeit dazu, denn wir sind immer noch das beste Team. Wir werden das besprechen, uns aufrappeln und beim nächsten Rennen wieder kämpfen."