Um 09:00 Uhr am Freitag des Österreich GP könnte die Formel-1-Saison 2019 eine drastische Wendung nehmen. Bevor die Piloten in das 1. Freie Training starten, treffen sich alle zehn Teams gemeinsam mit der FIA und Pirelli, um über eine Änderung der Reifen zu diskutieren - noch in der laufenden Saison.
Stein des Anstoßes ist die drückende Dominanz von Mercedes. Acht von acht Rennen wurden 2019 von den Silberpfeilen gewonnen. Die Konkurrenz führt das vor allem auf die Reifen zurück. "Mit dieser geringen Gummiauflage kommen neun Teams nicht zurecht", klagte Red Bull Motorsportberater Dr. Helmut Marko am Mikrofon von Motorsport-Magazin.com.
Pirelli hat 2019 nicht nur die Konstruktion der Pneus geändert und die Mischungen etwas angepasst, sondern hat auch das Profil der Lauffläche optimiert. Dabei orientierten sich die Italiener an einem speziellen Reifen, der schon 2018 bei drei Rennen zum Einsatz kam.
In Barcelona, Le Castellet und Silverstone fürchtete Pirelli 2018 aufgrund der hohen lateralen Kräfte starkes Überhitzen, das zum Aufplatzen der Lauffläche, sogenanntem Blistering, führen kann. Deshalb backte Pirelli extra für diese Rennen Reifen mit dünneren Laufflächen. 0,4 Millimeter, rund zehn Prozent der Laufflächendicke wurden weggenommen.
Rund ein Kilogramm Gummi wurde somit über einen gesamten Reifensatz eingespart. Dadurch überhitzt der Reifen nicht mehr so schnell, ist allerdings auch schwieriger in das richtige Temperaturfenster zu bekommen und darin zu behalten.
Alte Reifen, um Mercedes zu schaden
"Mercedes schafft es unter allen Bedingungen - egal welche Temperaturen herrschen, egal welche Strecke, egal welcher Belag, egal welche Gummimischung -, das Optimum herauszuholen", so Marko.
"Deshalb ist jetzt der Wunsch aufgetreten - und wird auch von sechs Teams unterstützt -, dass man zum alten Reifen zurückkehrt", verrät Marko. "Mit dem alten Reifen hat sich Mercedes deutlich schwerer getan."
Die Teams haben sich nun zu einer Anti-Mercedes-Allianz zusammengeschlossen und bei der FIA um ein Treffen gebeten. Die FIA selbst kann die Reifenspezifikation nicht ändern, außer es handelt sich um ein Sicherheitsproblem - genau das Gegenteil ist der Fall. Die FIA ist dem Wunsch der Teams aber nachgekommen und hat für Freitag alle Parteien zu einem Treffen geladen.
Marko: Mercedes kontrolliert Kundenteams
70 Prozent der Teams wären nötig, um die Reifenspezifikation während der Saison zu ändern. Doch laut Marko sind nur sechs von zehn Teams dafür - obwohl neun offensichtlich Probleme haben. Warum? "Weil drei Teams Mercedes-Motoren haben und in ihrer Meinung nicht frei sind. McLaren glaubt derzeit, die Reifen zu verstehen. Aber wenn ich mir ihr Resultat von Montreal ansehe..."
Sollten sich tatsächlich sieben Teams finden, die sich für eine Änderung aussprechen, könnten noch 2019 neue Reifen kommen. Sofort würden die neuen alten Reifen aber nicht zum Einsatz kommen. Für Deutschland, Ungarn, Singapur und Russland haben die Teams ihre Pneus schon bestellt, Pirelli produziert bereits. Für Belgien und Italien ist es noch nicht zu spät.
Weil bei Europa-Rennen die Frist nur acht Wochen beträgt und bei Überseerennen 14 Wochen im vorhinein bestellt werden muss, könnten dann für die ersten beiden Überseerennen nach der Europa-Saison wieder die bisherigen 2019er Reifen zum Einsatz kommen.
Vettel hofft auf dicke Pirelli-Reifen
Sebastian Vettel wäre eine Rückkehr nicht unrecht. "Wir sind die alten Reifen noch nie mit den neuen Autos gefahren, aber so wie es jetzt im Moment ist, scheint das Kräfteverhältnis gesetzt zu sein. Es liegt an den anderen aufzuholen, aber es wäre sicherlich ein Element, das etwas durchmischen könnte. Wir haben mit den aktuellen Reifen sicherlich etwas mehr Probleme."
Neben Mercedes selbst ist auch Pirelli gegen eine Änderung. Die Italiener haben sich nicht aus Sympathie für die Stuttgarter für die dünnere Lauffläche entschieden, sondern aus technischen Gründen. Sie wollen Blistering und Überhitzen vermeiden.
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