Deutschland GP 2019: Letztes Formel 1 Rennen in Hockenheim? Die Formel-1-Welt freut sich über das Comeback von Zandvoort. Doch der Deutschland GP in Hockenheim könnte 2019 dafür zum letzten Mal stattfinden.

Eigentlich grenzt es an ein Wunder, dass es 2019 überhaupt einen Deutschland GP gibt. Als Sebastian Vettel in der vergangenen Saison im Motodrom in den Reifenstapel der Sachskurve krachte und wenig später ein biblisches Gewitter über den Hockenheimring zog, dachten alle, die Formel 1 verabschiedet sich mit einem großen Knall aus Deutschland.

"Der ausverkaufte Ring, das ganze Spektakel - das war ein Highlight meiner Laufbahn", erinnert sich Hockenheimring Geschäftsführer Georg Seiler im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com. Damals dachte auch er, es wäre sein letzter Grand Prix. 40 Jahre lang diente er da bereits seinem Hockenheimring, am 30. August 2019 geht er endgültig in den Ruhestand.

Sebastian Vettel sorgte 2018 für ausverkauftes Haus und einen dramatischen Deutschland GP, Foto: LAT Images
Sebastian Vettel sorgte 2018 für ausverkauftes Haus und einen dramatischen Deutschland GP, Foto: LAT Images

Doch dann kam alles anders: Aus dem zweiten USA-Rennen in Miami, das Liberty Media so sehr wollte, wurde (vorerst) nichts. Dabei wollten die Amerikaner den Rennkalender eher ausbauen als schrumpfen lassen. Ein Wegfall des Deutschland GP wäre da ein katastrophales Zeichen. Also musste das Rennen gerettet werden.

Wie immer ist das liebe Geld schuld daran, dass die Motorsportsportidylle in Hockenheim wie auf vielen Traditionsrennstrecken bröckelt. Die hohen Antrittsgebühren sind für die Veranstalter durch Ticketverkäufe kaum mehr zu refinanzieren. Die fetten Jahre sind vielerorts längst vorbei. Der Motorsport in Deutschland befindet sich trotz Vettel in der Post-Schumacher Ära.

Die Zeiten, in denen sich Nürburgring und Hockenheimring gegenseitig mit Rekordbesucherzahlen überboten, sind deshalb lange her. Wer die Formel 1 hat, kämpft heute nicht selten ums Überleben. Es ist kein Wunder, dass der Nürburgring seit Jahren keine ernsthaften Versuche mehr unternommen hat, die Königsklasse des Motorsports zurück an den Ring zu holen. Der letzte GP fand dort im Jahr 2013 statt.

Formel 1 kommt Hockenheimring 2019 entgegen

Der langjährige Vertrag des Hockenheimrings lief mit der Austragung des GPs 2018 aus. Auch in schwierigen Zeiten haben sich die Racer am Hockenheim zur Formel 1 bekannt. Nicht immer lief der Kartenverkauf wie 2018, als mehr als 70.000 Fans kamen.

Deshalb gab es für Geschäftsführer Seiler auch in seinen letzten Tagen im Amt nur eine Prämisse. "Wir gehen kein finanzielles Risiko für die Formel 1 mehr ein", wiederholte er gebetsmühlenartig. Im Gegenzug zu den allermeisten anderen Grands Prix im Kalender muss die Kreisstadt Hockenheim das Rennen ohne die Unterstützung öffentlicher Gelder oder eines Mäzens stemmen.

2019 ist da eine Ausnahme: Liberty Media versuchte alles, um den Deutschland GP zu behalten. Dazu wurde 2018 eigens am Rennsonntag ein Runder Tisch einberufen. Anschließend rühmten sich Verkehrsminister Andreas Scheuer und diverse Funktionäre mit der Rettung des GP.

Tatsächlich aber retteten Liberty Media und Mercedes-Benz den Grand Prix. Die Amerikaner kamen mit der Antrittsgebühr ein gutes Stück entgegen, Mercedes tritt als Hauptsponsor auf. Diese Kombination stellt sicher, dass der Hockenheimring 2019 mit der Formel 1 keine roten Zahlen schreibt. In der Gewinnzone sind Seiler und sein Team damit aber noch lange nicht.

Später Rennkalender schlecht für Hockenheim

Die lange Unsicherheit bezüglich Deutschland GP 2019 hat nicht nur Zeit, sondern auch Geld gekostet. Im Idealfall hätte der Kartenvorverkauf mit dem Fallen der Zielflagge starten sollen. Doch erst zwei Monate später stand fest, dass die Formel 1 wieder in Baden-Württemberg Halt macht. Deshalb läuft der Vorverkauf nicht so gut wie im Vorjahr - die schwachen Ergebnisse von Vettel und Ferrari helfen nicht gerade dabei, mehr Karten zu verkaufen.

Wegen des späten Zeitpunkts konnte auch die Formel 2 nicht mehr mit Hockenheim planen. "Wir hätten die Formel 2 mit Mick Schumacher gerne gehabt", ärgert sich Seiler. "Wir haben es versucht, aber nicht mehr geschafft." Die Formel 2 konnte den Kalender nicht mehr ändern. Die Teams hatten schon mit zwölf Wochenenden geplant und entsprechend auch die Fahrerbudgets darauf ausgelegt.

Trotzdem wird es 2019 noch einmal eine tolle Kulisse geben. "50.000 Karten wurden bereits verkauft, das Interesse ist da", freut sich Seiler. Dafür versucht er auch in diesem Jahr wieder, ein alternatives Rahmenprogramm zusammenzustellen. Wahrscheinlich fährt die ADAC Formel 4 wieder im Rahmen der Formel 1, der Porsche Supercup ist bestätigt. Möglicherweise dürfen sich die Fans auch noch in anderer Form auf Mick Schumacher freuen.

Ende Juli 2019 wird also noch einmal angerichtet - dann aber zum letzten Mal? Man kann fast davon ausgehen. Liberty Media hat bereits klar gemacht, dass es auch 2020 21 Rennen geben wird. Mit Hanoi und Zandvoort kommen zwei neue Strecken in den Kalender. "Also müssen zwei Rennen rausfallen", rechnet Seiler vor und schiebt hinterher: "Das könnten Barcelona, Mexiko oder wir sein."

Formel 1 2020 wohl ohne Deutschland GP

In Mexiko City steht die neue Regierung nicht mehr hinter dem Grand Prix, in Barcelona scheinen die Tages des GP-Sports ebenfalls gezählt. Dort wurde unlängst die Post-Alonso-Ära eingeleitet.

Einen so guten Deal wie 2019 wird es nicht mehr geben, das weiß man am Hockenheimring. Die einzige Hoffnung für nächstes Jahr ist, dass Barcelona und Mexiko finanziell weniger bieten können als Hockenheim.

Doch in Mexiko gibt es mit Carlos Slim einen Milliardär im Hintergrund, der einspringen könnte, wenn die öffentlichen Millionen ausbleiben. Den gibt es in Deutschland bekanntlich nicht. Die Tradition, eine Trumpfkarte des Hockenheimrings, wenn ein wenig Geld fehlt, hilft bei diesen Gegner nicht besonders. Auch Spanien und Mexiko haben eine Formel-1-Historie, Letzteres sorgte zuletzt für die spektakulärsten Zuschauerkulissen. Die Chancen für einen Deutschland GP 2020 stehen nicht besonders gut.

Die Zukunft ab 2021 steht noch in den Sternen. Liberty hat bereits angekündigt, den Rennkalender aufstocken zu wollen. Aber auch dann ist Deutschland nicht gesetzt. "Klar ist nur, dass wir Hilfe brauchen: Von Sponsoren, aus der Politik und von allen, die die Formel 1 in Deutschland halten wollen", appelliert Seiler schon vorsorglich für seinen Nachfolger. "Wir alleine werden es nicht schaffen. Hinter der Zukunft der Formel 1 in Deutschland steht ein großes Fragezeichen."