Beim Formel-1-Kalender 2020 sind nach wie vor viele Fragen offen. Nun ranken sich auch um den Grand Prix von Brasilien wilde Spekulationen, losgetreten von niemand geringerem als Präsident Jair Bolsonaro. Er verkündete den Umzug des Rennens von Sao Paulo nach Rio de Janeiro schon im kommenden Jahr. Dort soll rechtzeitig eine neue Rennstrecke erbaut werden.

"Nach unserem Sieg bei den Wahlen hat die Formel 1, die dabei war Brasilien zu verlassen, nicht nur entschieden zu bleiben, sondern auch eine neue Rennstrecke in Rio de Janeiro zu bauen, die den Namen unseres Idols Ayrton Senna tragen wird", so Bolsonaro auf Twitter, nachdem er das Vorhaben bereits am Mittwoch auf einer Pressekonferenz bekanntgegeben hatte.

Die neue Rennstrecke soll von Hermann Tilke designt und in nur einem halben Jahr Bauzeit errichtet werden. Das Projekt soll außerdem vollständig durch private Gelder finanziert werden. "Damit werden tausende Jobs geschaffen, Staat und Einwohner werden wirtschaftlich davon profitieren", glaubt der Präsident, der als Freund von Rio de Janeiros Gouverneur Wilson Witzel gilt.

Rio de Janeiro für Formel-1-Promoter Liberty Media lukrativer

Welche Investoren hinter dem Projekt stehen, ist nicht bekannt. Bolsonaro sieht in dem ohne öffentliche Gelder geplanten Vorhaben allerdings ein schlagendes Argument, um das Rennen der Stadt Sao Paulo zu entreißen. Der Grand Prix in Interlagos wird mit Zuschüssen aus der Staatskasse finanziert.

Liberty Media könnte ebenfalls ein Interesse am Umzug haben. Die Rennstrecke in Sao Paulo gilt als veraltet und hatte in den vergangenen Jahren aufgrund ihrer Lage im Außenbezirk der Metropole mit Raubüberfällen und Diebstählen während des Rennwochenendes regelmäßig für Negativschlagzeilen gesorgt.

Außerdem verfügt Interlagos noch über einen mit Bernie Ecclestone ausgehandelten Deal, bei dem das Antrittsgeld deutlich geringer als beim Großteil der anderen Austragungsorte im Kalender ausfallen soll. Rio de Janeiro könnte für die F1-Promoter also in mehrerlei Hinsicht deutlich attraktiver sein.

Formel-1-Projekt in Rio de Janeiro längst nicht fix

Sollten die Pläne des Präsidenten umgesetzt werden, würde die Formel 1 den Großen Preis von Brasilien im kommenden Jahr erstmals seit 1990 nicht in Sao Paulo austragen. Das Autodrom Jose Carlos Pace in Interlagos hatte sich den Grand Prix 1990 von Rio de Janeiro zurückgeholt, nachdem dort von 1981 bis 1989 gefahren wurde.

Die in dieser Zeit genutzte Rennstrecke im Stadtteil Jacarepagua wurde 2012 abgerissen, um Platz für die vier Jahre später in Rio de Janeiro ausgetragenen Olympischen Spiele zu schaffen. Die neue Rennstrecke soll im Stadtteil Deodoro im Westen der Stadt erbaut werden und auf ihren Tribünen bis zu 130.000 Zuschauern Platz bieten.

Das Vorhaben ist jedoch aus mehreren Gründen umstritten. Einerseits befindet sich Brasilien wirtschaftlich nach wie vor in einer schwierigen Lage, andererseits lehnen sich Umweltschützer gegen den Bau der Rennstrecke auf. Das vorgesehene Areal umfasst ein Stück des Atlantischen Regenwaldes (Mata Atlantica), welcher für den Bau weichen müsste. Die Stadt Rio de Janeiro hat das Projekt noch nicht abgesegnet.