Das Formel-1-Mittelfeld steht in Baku Kopf. Nach dem vom Gully-Zwischenfall behinderten Trainingsfreitag stehen Toro Rosso und McLaren an der Spitze der Verfolger. Hinter den beiden Teams kommt lange erst einmal nichts. Doch McLaren traut dem Braten nicht so recht. Carlos Sainz und Lando Norris halten den Ball trotz beeindruckender Rundenzeiten ganz flach.

"Ich denke nicht, dass wir aus dieser Session irgendwelche Schlüsse ziehen können, denn ich habe mich im Auto überhaupt nicht wohl gefühlt", erklärt Sainz, der am Nachmittag auf Platz sieben landete, lediglich sechs Tausendstel hinter Daniil Kvyat im Toro Rosso und satte sieben Zehntel vor dem schnellsten Haas von Kevin Magnussen.

Im Auto fühlte es sich für ihn längst nicht so atemberaubend an, wie es auf dem Zeitenmonitor anmutete. "Ich habe mich überhaupt nicht schnell gefühlt. Ich war überrascht, diese Rundenzeit zu sehen. Das Auto hat sich sehr schwierig angefühlt, denn ich schaffte es nicht die Hinterreifen auf Temperatur zu bringen. Ich habe eigentlich in jeder Anbremszone und in jedem Kurveneingang gekämpft", so der Spanier.

McLaren-Piloten bekommen Reifen nicht auf Temperatur

Der Teamkollege landete eine knappe Zehntel dahinter auf Platz zehn. Norris bestätigt das von Sainz beschriebene Horror-Handling zwar nicht, von Euphorie war bei ihm aber auch nichts zu sehen. "Es hat sich okay angefühlt, aber spektakulär war es nicht", so der 19-Jährige.

Er fühlte sich im MCL34 wohler als Sainz, die Problematik war für ihn dennoch dieselbe. "Es war sehr schwierig. Wir sind unsere schnellste Runde nicht in der ersten Runde gefahren, sondern erst in der dritten oder vierten. Das ist nicht normal, denn sonst geht es schon auf der ersten fliegenden Runde", erklärt Norris.

Doch wo kamen dann die starken Rundenzeiten her? "Wir sind unsere Zeiten etwa eine halbe Stunde nach unseren Gegnern gefahren und hier ist die Track Evolution sehr groß", relativiert Sainz McLarens Performance und merkt an, dass nach dem Gully-Chaos am Vormittag ohnehin eine andere Ausgangslage herrschte: "Außerdem reden wir hier so, als ob wir gerade das FP1 gefahren hätten. Und das machen wir sonst auch nie."

Trainingsabbruch erklärt: Gully-Drama in Baku: (09:35 Min.)

Sainz und Norris wollen kein zweites Shanghai

In China präsentierte sich McLaren am Freitag ebenfalls stark, fiel dann im Qualifying aber zurück und flog im Q2 raus. Ein altbekanntes Muster, dass sowohl zu Honda-Zeiten als auch im ersten Jahr mit Renault 2018 häufig beobachtet wurde. "Ich will nicht, dass das nochmal passiert", erklärt Norris, weshalb er sich jegliche Prognose spart.

"Ich bin mir mit Platz sieben nicht so sicher, ich bin mir mit dem Topspeed nicht sicher, ich bin mir bei so vielen Dingen nicht sicher", zweifelt Sainz. "Wir könnten Sechster oder Siebter sein, oder auch 16. Ich bevorzuge es aber, mich von meinem Gefühl leiten zu lassen und nicht von Rundenzeiten. Und im Moment ist das Gefühl noch nicht da, wo es sein sollte."

Bisher war Baku mit seiner 2,2 Kilometer langen Start- und Zielgerade für McLaren kein gutes Pflaster. Zumindest einen Teil der Vorbereitungen sieht Sainz als erfolgreich. "Für mich ging es darum Vertrauen aufzubauen und von den Mauern wegzubleiben. Das war schwierig mit dem Aufwärmproblem, aber wir haben es überlebt und keine Fehler gemacht", so der 24-Jährige.

Wird Baku-Qualifying zur Lotterie?

Besagtes Aufwärmproblem wird sich in Baku am Samstag aber nicht von alleine erledigen, denn die Temperaturen sollen mit knapp über 15 Grad Celsius identisch mit denen aus dem Training sein. "Das Qualifying wird interessant, wenn wir es nicht in der ersten Runde schon machen können", sagt Norris.

Er sieht die schwierigen Bedingungen aber auch als Chance: "Wir werden alle viel mehr Runden fahren müssen und das wird für Durcheinander sorgen, Besonders was den Verkehr angeht, wenn andere dann auf ihren langsamen Runden Fehler machen. Das wird hektisch. Hoffentlich können wir das Maximum herausholen und auf der Seite der Fahrer stehen, die keine Fehler machen.