Wer sieht die neue Hackordnung aus? Diese Frage hält alle Jahre wieder Fahrer, Fans und Journalisten bei den Formel-1-Testfahrten in Barcelona auf Trab. Mit jedem Tag wird das Bild ein kleines Stückchen klarer. Inzwischen neigt sich der F1-Test 2019 bereits dem Ende entgegen. Am Mittwoch des sechsten von insgesamt nur acht Testtagen liefert Sebastian Vettel in der Mittagspause ein Update zu seiner Sicht der Dinge.

"Das Auto ist insgesamt noch immer stark. Es fühlt sich gut an", sagt der Ferrari-Pilot zunächst über sein eigenes Material. Bereits in der ersten Woche hatte Vettel ja regelrecht von seinem SF90 und dem besten Testauftakt seiner Karriere geschwärmt. "Die Basis war schon beim ersten Test sehr gut und gesund", erinnert Vettel.

Sebastian Vettel nach Unfall: Ferrari-Basis weiter top

Gerade gesund startete die zweite Woche hingegen nicht mehr. Durch ein Kühlungsproblem verlor Charles Leclerc am Dienstag wertvolle Testzeit, ein technischer Defekt an der Aufhängung sorgte am Mittwoch für einen Abflug samt Crash von Vettel, sodass Ferrari bis dato (Stand zwei Stunden vor Testende) nicht mehr als 40 Runden angeschrieben hat.

"Damit ist es jetzt natürlich nicht ideal", gesteht Vettel. "Aber es ist jetzt auch wichtig, genau zu verstehen, was da passiert ist. Das gute Fahrgefühl im Auto ist aber auf jeden Fall noch da und ich bin weiter positiv. Wir haben mit der Balance über die Tage schon viel probiert, um ein besseres Gefühl für das Auto zu bekommen. Dabei konnten wir uns bereits steigern."

Vettel: Sollten gut dabei sein

Dasselbe gelte für die Leistung. Durch die wieder größeren Heckflügel geniert ein F1-Bolide 2019 zwar mehr Luftwiderstand, dennoch ist Vettel überzeugt von einem durchaus guten Fortschritt auf Motorenseite. Vettel: "Für die Motorenabteilung war das [neue Aero-Regeln, Anm. d. Red.] vielleicht nicht die beste Änderung, weil man so natürlich immer das Gefühl hat, dass da noch mehr kommen sollte. Aber wir sind da voll auf Kurs. Alles scheint zu arbeiten, sowohl was Antrieb als auch Auto angeht."

Tests 2019: Massives Mercedes Update-Paket in der Analyse (09:11 Min.)

Doch wo steht Ferrari jetzt mit alldem? "Ich denke auf jeden Fall, dass wir gut dabei sein sollten", meint Vettel. "Und alle Zutaten haben wir sowieso, schon letztes Jahr. Wir müssen es nur zusammenbekommen, wenn es auch zählt und wir dann hoffentlich auch wieder in der Lage dazu sind."

Stark, konstant, zuverlässig: Vettel warnt vor Red Bull

Heißt auch: Nicht nur beim Test und in den ersten paar Rennen muss Ferrari die Nummer eins sein. "Wir müssen sicherstellen, dass wir uns weiter verbessern. Das wird der Schlüssel sein. Du musst in Rennen 1 und 21 schnell sein", sagt Vettel. Eine klare Lehre aus 2018.

Genau andersherum verlief die Vorsaison bei Vettels altem Team Red Bull: Am Anfang schwach, am Ende umso stärker. 2019 hat Vettel sein Ex-Team bis dato weit oben auf dem Zettel der Favoritenliste. " Red Bull macht auch einen guten Eindruck, die sehen sehr stark und konstant aus. Und zuverlässig bis jetzt", sagt Vettel.

Überraschung Alfa Romeo, Fragezeichen Mercedes

Und sonst so? "Es gibt so ein paar Überraschungen", so Vettel. "Alfa sieht zum Beispiel sehr gut aus und bei Mercedes ist es aus unserer Sicht schwer zu bewerten, was da genau passiert. Manche Runs sehen sehr gut aus, andere dann weniger. Aber auch das gehört beim Testen dazu. Aber um es genau zu wissen müssen wir noch warten. Bis Melbourne - und auch das ist noch eine etwas spezielle Strecke."

Ebenfalls immer Teil von Testfahrten: Irgendwann muss das Auto mal am Limit bewegt werden. Nur so lässt sich final erkennen, wie es sich im absoluten Grenzbereich verhält. Bis dato hat Ferrari noch nicht zum äußersten gegriffen. Schnelle Zeiten gab es von den Roten mehr als von den größten Widersachern zwar, doch das noch immer ohne die weichsten Reifen.

Zeigt Ferrari noch sein wahres Potential?

Haut Ferrari also noch eine echte Quali-Simulation raus? "Wir haben ja noch ein paar Tage Zeit. Aber natürlich versucht man, in erster Linie das Auto zu verstehen. Und dann kann man noch etwa experimentieren ...", so Vettel etwas geheimnisvoll zu Motorsport-Magazin.com. Das Problem: Die jetzt durch die beiden Pannen verlorene Testzeit. Geplant waren die genannten Experimente offenbar durchaus ursprünglich mal.

"Aber wir müssen schauen, was das jetzt mit unserem Programm macht. Das wird sich jetzt sicher etwas ändern. Denn es gibt immer gewisse Dinge, die Vorrang haben", so Vettel über die Zwischenfälle zum Start der ersten Woche.

Doch ganz gestorben ist die Hoffnung aller Beobachter, endlich einmal zu sehen, was der Ferrari wirklich kann, noch nicht. Vettel: "Wir waren ja noch nicht so oft mit den weichen Reifen draußen wie die anderen ..."