Nie war die Formel 1 so schnell wie 2018. Die Autos der letztjährigen Generation hatten im Qualifying knapp 1.000 PS und einen Abtrieb, der die Boliden nur so auf dem Asphalt kleben ließ. Zahlreiche Streckenrekorde wurden pulverisiert. 2019 könnten die Autos noch schneller werden - was dem Geist des neuen Reglements eigentlich widerspricht.

Die Kehrseite der extrem schnellen Autos ist das Racing. Durch die verwirbelte Luft hinter den Autos ist es extrem schwierig, einem ähnlich schnellen Auto überhaupt zu folgen, geschweige denn zu überholen. Aus diesem Grund einigten sich die Teams gemeinsam mit der FIA 2018 überraschend kurzfristig auf ein neues Reglement.

Das neue Reglement sollte die Autos in erster Linie nicht langsamer machen, aber die Luftverwirbelungen dahinter verbessern. Die sogenannte Dirty Air, die unschöne Nachströmung hinter den Autos sollte durch ein neues Aerodynamik-Reglement beschnitten werden.

Einbußen bei Komplexität, Zugeständnisse bei Abmaßen

Die Frontflügel wurden dazu deutlich vereinfacht. Sie dürfen nur noch maximal fünf einzelne Flügel-Elemente enthalten, dazu wurden die Endplatten und die Strömungsrichter eingeschränkt. Gleichzeitig wurde auch noch die Aerodynamik an der Vorderachse und an den Bargeboards eingeschränkt.

Um dabei allerdings nicht allzu viel Performance zu verlieren, bekamen die Teams zur Kompensationen neue Flügel-Dimensionen. Die Frontflügel sind breiter, etwas länger und höher. Somit spannen sie eine größere Fläche auf und generieren mehr Abtrieb. Gleiches gilt für den Heckflügel.

Simulationen sagten Performance-Verlust vorher

FIA und Liberty Media führten Simulationen durch, wonach die Regeländerung trotz der Kompensations-Faktoren deutliche Performance-Einbußen mit sich brachte. Doch schon am Vormittag des ersten Testtags fuhr Sebastian Vettel mit seinem Ferrari schneller, als in der gesamten ersten Testwoche des Vorjahres gefahren wurde.

Am Mittwoch fuhr Daniil Kvyat mit seinem Toro Rosso noch einmal deutlich schneller, verbesserte die Bestzeit auf 1:17,704 Minuten. Damit war der Toro-Rosso-Pilot nur eine halbe Sekunde langsamer als Sebastian Vettels absolute Test-Bestzeit in der zweiten Testwoche 2018.

Ist der Toro Rosso 2019 so stark oder das Reglement so schnell?, Foto: LAT Images
Ist der Toro Rosso 2019 so stark oder das Reglement so schnell?, Foto: LAT Images

Dabei gab Kvyat anschließend zu Protokoll, dass man noch nicht komplett ans Limit gegangen sei. Kvyats Zeit war bereits acht Zehntelsekunden schneller als die Qualifying-Bestzeit von Toro Rosso zum Spanien GP 2018. Allerdings wurde die auf Supersoft-Reifen gefahren, Kvyat hatte bei den Testfahrten die C5-Reifen ausgeschnallt, die dem letztjährigen Hypersoft entsprechen.

Trotzdem: Wenn Toro Rosso in der ersten Testwoche schon solche Rundenzeiten fahren kann, sagt das viel. Wozu sind dann Ferrari, Red Bull und Co. imstande, wenn sie wirklich wollen? Der absolute Streckenrekord liegt bei 1:16,173 Minuten, aufgestellt von Lewis Hamilton im letztjährigen Qualifying. Die Zeit scheint durchaus in Reichweite.

Ingenieur sicher: Autos 2019 schneller als 2018

Ist die Formel 1 2019 wider Erwarten schneller als im Vorjahr? Und das schon beim ersten Test? "Ja, ich denke schon", sagte Renaults Technik-Chef Nick Chester zu Motorsport-Magazin.com. "Ich glaube, die Autos sind Ausgangs von Kurve neun hier schon schneller als im letzten Jahr zu dieser Zeit."

Dabei befinden sich die Ingenieure noch ganz am Anfang mit dem neuen Reglement, die Lernkurve zu dieser Zeit ist erfahrungsgemäß besonders steil. "Ich denke, wir werden bald schneller sein als Ende 2018. Schon jetzt sind wir beim Abtriebslevel nicht mehr weit weg vom Stand Ende 2018. Und am Ende 2019 werden die Autos richtig schnell sein", mutmaßt Chester.

Zusätzlich zur Chassis-Abteilung haben auch die Motor-Ingenieure noch einmal nachgelegt. In Summe ergibt das schon früh im Jahr irre Rundenzeiten. Ist damit das Experiment mit den neuen Regeln gescheitert? Nicht unbedingt.

Autos 2019 schneller - aber trotzdem besser für Racing?

Die Frage ist nicht, wie schnell die Autos sind, die Frage ist, wie viel Dirty Air sie hinter sich herziehen. "Das weiß ich aber nicht, weil es uns nicht interessiert, wie die Luft hinter unserem Auto ist", meint Racing Points Technik-Chef Andrew Green. Das Problem ist allerdings, dass bei den aktuellen Autos Performance und Dirty Air fast miteinander einhergehen.

Wie viel Dirty Air produzieren die Formel-1-Autos 2019 wirklich?, Foto: FIA/FOM
Wie viel Dirty Air produzieren die Formel-1-Autos 2019 wirklich?, Foto: FIA/FOM

Ein valides Urteil kann nach den Testfahrten trotzdem noch nicht gefällt werden. Da jeder nur sein eigenes Testprogramm abspulen will, fährt kaum ein Pilot freiwillig hinter einem anderen her. Außerdem sind beim Test nur zehn Autos im Einsatz - die ohnehin nur sehr selten alle gleichzeitig auf der Strecke sind.