Mit der offiziellen Bestätigung des Rennkalenders für die Formel-1-Saison 2019 durch den Motorsportweltrat steht final fest: Auch im kommenden Jahr werden die Fans wieder 21 Grand-Prix-Wochenenden voller F1-Action erleben. Nach 2016 und 2018 ist es der dritte Rekordkalender mit diesem Pensum von 21 Rennen. Doch schon in naher Zukunft könnte die Formel 1 diesen inzwischen fast Gewohnheit gewordenen Rekord noch einmal um Längen pulverisieren.

Der kommerzielle Rechteinhaber Liberty Media plant eher kurz- als langfristig eine deutliche Expansion. Bis zu 25 Rennen stehen in Raum. Schon für 2020 ist mit Thailand ein Neuzugang fix, mindestens ein weiterer USA GP, Dänemark, Niederlande & Co. sollen besser früh als spät folgen. Zumindest wenn es nach den kommerziellen Interessen der F1-Bosse geht.

Lewis Hamilton: F1-Kalender schon jetzt zu groß

Gänzlich anders sieht es bei Fahrern und Teams aus. Dort heißt es besser spät als früh. Oder eher: am besten gar nicht. Letzteres gilt vor allem für einen Piloten. Und bei dem handelt es sich nicht um irgendwen, sondern niemand geringeren als den Weltmeister höchstpersönlich. Lewis Hamilton, der absolute Superstar der F1, ihr vielleicht einziger Weltstar, bezieht zur angedachten Ziffer 25 unmissverständlich Stellung.

"Die aktuelle Saison fühlt sich schon an, als hätten wir bereits 25 Rennen. Das finde ich persönlich nicht gerade gut. Also glaube ich nicht, dass wir das noch mehr ausbauen sollten", meint der Brite. "Ich habe den Eindruck, dass ich schon mit der Vorbereitung für die nächste beginne, kaum ist die Saison vorbei. Das ist für dein Mindset sehr schwierig. Auch für die Erholung."

Hamilton: 25 Rennen fahre ich nicht

Doch geht es Hamilton nicht nur um seine persönliche Dauerbelastung. "Ich bin jemand, der den Rennsport wirklich liebt, aber die Saison ist jetzt echt lang und erfordert sehr lang dieses hohe Engagement von uns allen. Wir sind lang weg von der Familie, die Saison wird immer länger und die Auszeit kürzer. Die Erholungszeit ist heute schon kurz", so Hamilton in Gedanken bei seiner Crew.

Für Hamilton selbst wiederum wäre ein erneuter Ausbau des Rennkalenders auch wegen seiner diversen anderen Interessen in Mode- und Musik-Szene pures Gift. Schon 21 sind ihm zu viel. Wie viele dann? "Weniger! Ich fand 18 Rennen pro Saison wie damals immer ganz in Ordnung", so Hamilton. Diese Anzahl hatte der Brite in seinen ersten drei Saisons in der Formel 1 kennengelernt. Sollten daraus bald sogar mehr als zwei Dutzend werden steht für Hamilton schon fest: "Ich werde auf jeden Fall nicht mehr hier sein, sollten es 25 werden!"

Ferrari mahnt: Dürfen Liebe zum Sport nicht töten

Dass sich dem der eine oder andere, etwa auf Ingenieursebene, anschließen könnte, fürchtet man bei Ferrari. Chefingenieur Jock Clear graut vor der Vorstellung eines noch stressigeren Kalenders. Zwar würde es große Teams wie Ferrari noch weniger treffen als kleine Rennställe. "Wir haben in der Tiefe mehr Stärke, mehr verfügbare Ressourcen", gesteht Clear hier einen Vorteil ein.

Doch gelte bei Ferrari wie auch allen anderen in einem Punkt dasselbe: Die Liebe zum Motorsport könnte bei 25 Events leiden. "Eines der großartigen Dinge an diesem Sport, Teil dieses Sports zu sein, ist, dass es für uns alle eine Leidenschaft ist. Es gibt in dieser Boxengasse nur sehr wenige Leute, die das hier an Samstagen und Sonntagen nicht machen würden, wenn es nur ihr Hobby wäre", erklärt der Brite in einer emotionalen Ansprache.

Kleine Teams sehen Nachteil: Mehr als Engpass beim Personal

"Wir würden es trotzdem machen, einfach weil wir es lieben, mit Autos Rennen fahren zu gehen. Und du willst, dass die Leute es genießen. Sie wollen es machen und sie sind voller Leidenschaft dafür - und wir wollen diese Leidenschaft nicht töten", warnt Clear. "Wir müssten dann Wege finden, damit es trotzdem noch Spaß macht und machbar bleibt."

Stichwort Machbarkeit. Dabei geht es nicht nur darum, Mitarbeiter zu motivieren, sondern das Personal überhaupt erst arbeitsrechtlich legal zu planen. Schon gegenwärtig ein kniffliges Thema im Formel-1-Zirkus, zuletzt erst ersichtlich beim Triple-Header der vergangenen Saison. Genau deshalb wird der sich 2019 deshalb schon einmal nicht wiederholen. Mit noch mehr Rennen wäre das Problem allerdings schnell zurück.

25 Rennen zu viel: Ohne krasse Rotation unmöglich

Davor fürchten sich vor allem kleinere Teams. "Gerade für uns ist es ziemlich hart, wenn sich die Zahl der Rennen erhöht", sagt Haas-Chefingenieur Ayao Komatsu. "Denn wir haben nicht so viele Leute, die wir tauschen oder rotieren können. Und auch in Sachen Prozesse und Abläufe sind wir immer noch dabei mit dem, wie es jetzt ist, klarzukommen", so der Vertreter des noch jungen US-Teams. Doch auch arriviertere, aber ebenso kleinere Rennställe sehen dieses Problem.

"Der Schlüssel dafür wird mehr Rotation sein. In einem kleinen Maß gibt es das auf mancher Position bereits gegenwärtig. Aber ich denke, dass wir das dann auf fast alle Positionen im Team ausweiten müssen. Vielleicht bleiben die Renningenieure noch das ganze Jahr dieselben, aber auf allen anderen Position wird es mit so vielen Rennen und auch noch den Tests dann einfach zu viel", schildert Jonathan Eddolls von Toro Rosso. "Die Ermüdungserscheinungen wäre zu groß, das wäre nicht möglich."

Selbst ein Werksteam wie Renault sieht eine Mammutaufgabe. "Die Leute sind bereits mit 21 Rennen unter Druck. Es ist eine lange Saison", sagt Technikchef Nick Chester. Doch treffe es nicht einmal nur das reisende Personal an der Strecke. "Es setzt dann auch die Fabrik unter Druck, denn du musst noch länger über das Jahr Teile produzieren. Daraus entsteht Budgetdruck und Fabrikdruck, diese Teile zu fertigen. Und mehr Fracht muss auch noch transportiert werden …"